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Serbischer Rechtsstaat droht in Niveaulosigkeit

Erstellt am 04.08.2010 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 3936 mal gelesen und am 17.08.2010 zuletzt geändert.

SERBIEN: ROMA-SIEDLUNG IN BELGRAD STEHT VOR RECHTSWIDRIGER ZWANGSRÄUMUNG

AMNESTY FORDERT BEHÖRDEN DRINGEND ZU STOPP DER ABBRUCHSARBEITEN AUF – ROMA IN STÄNDIGER ANGST VOR VERTREIBUNG

WIEN, 3. AUGUST 2010 – Amnesty International appelliert an die Belgrader Behörden, den offenbar unmittelbar bevorstehenden Abriss einer Roma-Siedlung am Stadtrand der serbischen Hauptstadt sofort zu stoppen. Mindestens 70 Familien in Vidikovac droht die Obdachlosigkeit: Ihnen wurden weder eine Entschädigung noch andere Unterkünfte angeboten. Amnesty fordert einen nachhaltigen Wiederansiedlungs- Plan.

„Die Belgrader Verantwortlichen müssen erst eine langfristige Lösung ausarbeiten“, warnt Amnesty-Expertin Sian Jones davor, einen „Teufelskreis der Vertreibung in Gang“ zu setzen. „Die Roma haben schon mehrfach die Zerstörung ihrer Unterkünfte erlebt und leben in ständiger Furcht davor, wieder vertrieben zu werden.“

Rund 35 der Roma-Familien in Vidikovac waren erst im April hinzugekommen, nachdem sie in der unmittelbaren Umgebung vertrieben worden waren. Sie erhielten keine Entschädigung. Weitere 20 in der nun bedrohten Siedlung lebenden Familien hatten bei einer anderen rechtswidrigen Zwangsräumung in der Nähe nicht einmal Gelegenheit, ihre wenigen Habseligkeiten zu packen. Versprechen der Behörden, wonach den Betroffenen geholfen würde, wurden nicht eingelöst.

Zudem waren viele der Familien in Vidikovac zwischen 2006 und 2008 aus anderen EU-Staaten nach Serbien abgeschoben worden. Auf der Suche nach Arbeit hatten die Roma den Süden Serbiens in den 1990er Jahren verlassen und sich nach ihrer Rückkehr mangels Alternativen in den informellen Siedlungen in Belgrad niedergelassen. „Die Behörden tun, als ob wir freiwillig in den Siedlungen leben. Aber welche Wahl haben wir denn? Als Rom hat man nicht viele Möglichkeiten“, sagte ein Roma-Aktivist zu einer Amnesty-Delegation, die Vidikovac Ende Juli besuchte. Aus Furcht vor Vertreibung will er namentlich nicht genannt werden.

Das Völkerrecht sieht die Zwangsräumung nur als letzten Ausweg vor, wenn alle anderen Alternativen ausgeschöpft sind. Die Betroffenen müssen zudem zwingend im Vorfeld konsultiert und angemessen entschädigt werden. Doch anstatt mit den Betroffenen zu sprechen, stellte Belgrad bisher nur zwei Räumungsbescheide aus.

Broschüre zu Zwangsräumungen in Serbien:

http://www.amnesty.at/uploads/tx_amnesty/Serbia_Stop_Forced_Evictions_Campaign_Digest_Ju ni_2010_engl..pdf Zum Menschenrecht auf Wohnen: http://www.amnesty.de/mit-menschenrechten-gegen-armut/wohnen-wuerde/das-recht-auf- wohnen-stoppt-rechtswidrige-zwangsraeumu

AMNESTY INTERNATIONAL ist eine von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschafts- interessen und Religionen unabhängige Menschenrechtsorganisation. Amnesty kämpft seit 1961 mit Aktionen, Appellbriefen und Dokumentationen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt. Die Organisation hat weltweit 2,2 Millionen Unterstützer. 1977 erhielt Amnesty den Friedensnobelpreis.

 

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