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Neo-Imperialismus in EU-Unfriedensplänen

Erstellt am 02.09.2009 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 02.09.2009 zuletzt geändert.

Die Werkstatt Frieden und Solidarität berichtet im jüngsten Newsletter über eine EU-Studie zur EU-Sicherheitspolitik im Jahr 2020

Die Militärplaner wollen eine EU-Eingreiftruppe mit 360.000 Mann/Frau. Selbst hartgesottenen OptimistInnen die an die ursprüngliche Friedensidee glauben dürfte die Spucke wegbleiben.
Die neue Studie des offiziellen EU-Think-Tanks ISS zeige laut Werkstatt einmal mehr, dass die EU nicht „Friedensmacht“ sondern Turbomotor der Militarisierung sei.

Die EU müsse:

  1. „in einer symbiotischen Beziehung mit den Transnationalen Konzernen“
  2. die „funktionellen Ströme“ der
  3. „globalen hierarchischen Klassengesellschaft“ absichern und
  4. „die global Reichen von den Armen“ abriegeln.
  5. Selbst ein Krieg gegen Russland wird bis zum Jahr 2020 nicht mehr ausgeschlossen.

Der offizielle Think-Tank der EU für Sicherheitsfragen, das EU-Insitut für Sicherheitsstudien (EU-ISS), hat die neue Studie über die Entwicklung der EU-Außen-, Sicherheits- und Militärpolitik bis zum Jahr 2020 vorgelegt. Titel:

„What Ambition for European Defence in 2020“ (1).

Die wichtigste Aufgabe der EU-Sicherheitspolitik werde es – so das EU-ISS – sein, die „transnationalen funktionellen Ströme und deren Knotenpunkte“ sicherzustellen: also vor allem die Waren-, Kapital- und Rohstoffströme.

Das erfordere „globale militärische Überwachungskapazitäten und die Fähigkeit zur Machtprojektion“ (Seite 63) . Dies sei vor allem durch

  1. die Zusammenarbeit von „Transnationalen Konzernen“ und
  2. den sogenannten „Postmodernen Gesellschaften“ (EU, USA), da diese an der Spitze der „globalen hierarchischen Klassengesellschaft“ stünden und damit die wichtigsten „stakeholder“ der Globalisierung seien.

Die EU brauche daher eine „symbiotische Beziehung mit den Transnationalen Konzernen“, denn „diese brauchen den Staat und der Staat braucht sie“ (Seite 62). Mit Hilfe eines ausgereiften „zivil-militärischen Instrumentariums“ müsste dabei jenen unteren zwei Dritteln der Weltbevölkerung begegnet werden, die den Bodensatz dieser „globalen Klassengesellschaft“ bilden:
Den Eliten willfähriger Staaten – v.a. im arabischen Raum – solle

  1. „militärischer Beistand“ bei der „Modernisierung des Sicherheitssektors“ geleistet werden, um
  2. in ihren Staaten, die oft Brutstätten des „transnationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität“ seien, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Sogenannten „Vormodernen Gesellschaften“, die die „unterste Milliarde der Menschheit“ beherbergen solle durch „State-buildung“ – Marke Afghanistan – unter die Arme gegriffen werden. Während für die Konzerne die „Ströme der Globalisierung“ fließen sollen, soll gegenüber diesen extrem armen Staaten die Ströme unterbunden werden und zwar durch entsprechende „Abriegelungs-Operationen, die die global Reichen von den Spannungen und Problemen der Armen abschirmen. Da das Verhältnis der Weltbevölkerung, die in Armut und Frustration lebt, massiv bleiben wird, werden die Spannungen und Konflikte zwischen ihrer Welt und der der Reichen weiterhin wachsen. Da wir bis zum Jahr 2020 die Wurzeln dieser Probleme nicht gelöst haben werden, ist es wichtig die Absperrungen zu verstärken.“ (Seite 66).

Kriegsdrohung gegenüber Russland.

Die größte militärische Herausforderung verorten die EU-Strategen bei den sogenannten „Entfremdeten modernen Staaten“, also jenen, die offenen Widerstand gegen die Globalisierung und deren „Ströme“ leisten würden.Diesen Staaten müsse auf die harte Tour begegnet werden:

„Die Aufgabe besteht darin, diese so weit als möglich umzudrehen und, falls das scheitert, mit ihrer Kampfansage an die globalisiert Welt fertig zu werden. Das wird Kapazitäten für harte Machtausübung erfordern.“ Hier könne es auch „zur direkten militärischen Konfrontation kommen.“ (Seite 62)

Zu diesen Staaten werden neben

  1. Nord-Korea und
  2. Burma auch – wenn auch noch mit Fragezeichen –
  3. Russland gezählt.

D.h. die EU-Strategen schließen Krieg gegen Russland bis zum Jahr 2020 nicht aus, wenn dieses nicht bereit sei „umzudrehen“, und sich den globalen „Strömen“ der Transnationalen Konzerne und der mit ihnen „symbiotisch verbundenen Staaten“ hemmungslos zu öffnen.
Damit die EU in der Lage ist, diese Kriegsdrohungen mit entsprechenden militärischen Fähigkeiten zu hinterlegen, schlägt die EU-Studie eine ganzes Maßnahmenbündel der weiteren Militarisierung vor:

  1. Bis 2020 solle eine 360.000 Mann/Frau starke EU-Eingreiftruppe einsatzbereit sein, um sicherzustellen, dass permanent 120.000 SoldatInnen für globale Militäreinsätze zur Verfügung stehen.
  2. Rasche zusätzliche Rüstungskapazitäten brauche es außerdem im Bereich des „Streitkräfteschutzes in kriegsähnlichen Szenarien“, beim strategischen Waffen- und Truppentransport sowie im Bereich der Weltraum-gestützten Aufklärung und Überwachung, um eine moderne „netzwerkszentrierte“ Kriegsführung sicherzustellen.
  3. Unbedingt gestärkt werden müssten
    • die EU-Kommandostrukturen für Auslandseinsätze größte Bedeutung habe
    • die rasche Umsetzung der Militarisierungs- und Zentralisierungsvorhaben des Lissabon-Vertrages (Schaffung von militärischen „Avantgarde-Gruppen“,
    • Schaffung des Amtes eines zentralen EU-Außen- und Kriegsministers,
    • Erweiterung des militärischen Aufgabenfeldes,
    • Schaffung eines EU-Rüstungsetats, usw.).

Das alles gelte es umzusetzen – unabhängig ob der neue EU-Vertrag nun auch ratifiziert werde oder nicht.

Bei diesem Demokratieverständis verwundere es auch nicht mehr, dass im Bereich der Sicherheitspolitik grundsätzlich die Aushebelung demokratischer Entscheidungsmechanismen angedacht werde – wenn diese zu lange dauern:

„Die Möglichkeit militärische Missionen zu starten bevor alle politischen Diskussionen dazu stattgefunden haben, muss in Erwägung gezogen werden, damit es zu keinen Verzögerungen kommt.“ (Seite 157)

Einmal mehr zeige sich, laut Werkstatt, die EU sei keine „Friedensmacht“, sie ist vielmehr ein Turbomotor der Militarisierung.

Die Werkstatt Frieden & Solidarität fordert daher:

den sofortigen Ausstieg Österreichs aus allen militärpolitischen Gremien und Rüstungsprojekten der EU.

Dieses Programm könne  freilich an keine Parlamentspartei delegiert werden, es brauche die Entwicklung demokratischer Gegenmacht von unten, denn nirgends seien sich die verschiedenen Fraktionen des Establishments – von rot und schwarz bis grün, blau und orange – so einig, wie in der Unterstützung der EU-Militarisierung.
(1) Quelle für alle Zitate:
http://www.iss.europa.eu/uploads/media/What_ambitions_for_European_defence_in_2020.pdf

 

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