Papst fordert Frieden in Indien
Maoisten ermordeten vermutlichen einen rassistischen Hinduführer und Hindus rächen sich daführ an Katholiken. Ihnen wiederfährt anscheinend das was unter Papst Pius XII. den Juden zustieß.
27.08.2008 (rv, KAP) – www.missio.at:
Papst Benedikt XVI. rief zum Frieden auf
Er verfolge „mit tiefer Traurigkeit“ die Nachrichten zu Übergriffen im Bundesstaat Orissa, sagte der Papst bei der Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz.
„Ich verurteile entschieden jeden Angriff auf das menschliche Leben, dessen Heiligkeit den Respekt aller verlangt. Und ich drücke meine spirituelle Nähe und Solidarität mit den Glaubensbrüdern und –Schwestern aus, die auf eine so harte Probe gestellt werden. (…) Ich appelliere an die Religionsführer und die zivilen Autoritäten, zusammenzuarbeiten im Bemühen, ein friedliches und harmonisches Zusammenleben wiederherzustellen, das schon immer ein besonderes Kennzeichen der indischen Gesellschaft war.“<<
Militante Hindus
Hindus haben – nach Darstellung von Missio – seit einigen Tagen im ostindischen Bundesstaat Orissa ein antichristliches Pogrom veranstaltet. Wie katholische Nachrichtenagenturen berichteten,
- zerstörten mehrere tausend „Aktivisten“ der nationalistischen „Vishwa Hindu Parishad“ (VHP) am Sonntag das Pastoralzentrum der Hauptstadtdiözese Bhubaneswar, mehrere Kirchen, ein Waisenhaus und andere kirchliche Einrichtungen.
- Die „Aktivisten“ schrien Slogans wie „Tötet die Christen, zerstört ihre Einrichtungen“.
- Eine Laienmissionarin fand bei dem Angriff auf das Waisenhaus in Bargarh, das von den Hindus in Brand gesteckt wurde, den Tod.
- Zwei Priester und eine Ordensfrau wurden bei den Attacken verletzt;
- auch Mutter-Teresa-Schwestern wurden attackiert und mit Steinen beworfen.
- Die „Aktivisten“ wollten in Bhubaneswar das Erzbischöfliche Haus stürmen. Sie wurden aber von einem Polizeikordon daran gehindert.
- Auch Privathäuser und Wohnungen von Christen wurden attackiert.
Überfall auf Swami als Auslöser der Gewaltwelle
Nach Angaben der katholischen Nachrichtenagentur „AsiaNews“ löste
- die Ermordung durch Unbekannte des fundamentalistischen Hindu-Führers Swami Laxanananda Saraspati und
- fünf seiner Anhänger am Samstag
die Racheaktionen aus.
Der Überfall auf den Swami ereignete sich im Ashram von Tumudibandha im Distrikt Kandhamal. Eine Gruppe von Bewaffneten eröffnete das Feuer auf den Swami und seine Begleiter – unter ihnen zwei seiner Söhne. In der Lokalpresse wurde das Attentat einer maoistische Gruppierung (Naxaliten) zugeschrieben.
Die radikalen Hindu-Organisationen vertraten aber die Auffassung, es handle sich um eine Verschwörung von Christen.
Der Erzbischof von Bhubaneswar, Raphael Cheenath, wies diese Anschuldigungen mit Entschiedenheit zurück. Alle Christen würden, laut Erzbischof, die Ermordung des Swami und seiner Anhänger zutiefst verurteilen.
Die Vorgeschichte der aktuellen Morde
Zuletzt war es zu Weihnachten im Distrikt Kandhamal zu Gewalttaten fundamentalistischer Hindu-Aktivisten gegen Christen gekommen. Dabei wurden
- zahlreiche Kirchen niedergebrannt,
- mehrere Menschen kamen ums Leben.
- Auch andere kirchliche Einrichtungen wie Klöster und Gesundheitsstationen wurden überfallen und gebrandschatzt.
Hintergrund der wiederholten Ausschreitungen gegen Christen waren nach der damaligen Einschätzung des Vorsitzenden der Indischen Bischofskonferenz, Kardinal Placidus Toppo, dass sich
rund 70 Prozent der Christen zur Gruppe der der „Kastenlosen“ bzw. der „nichtarischen“ Ureinwohner Dalits oder der Adivasi
zählen.
Das Christentum wird als Bedrohung für das „arische“ Kastensystem angesehen, da es für die gleiche Menschenwürde aller eintritt. Diese rassistische Betrachtung durch diese hinduistische Gruppierung erinnert wahrlich an faschistoide bzw. nationalsozialistische Ideologien. Wobei der Rassenhass im Hinduismus genau so wie der großteils überwundende extreme Judenhass im Christentum jenseits von extremistischen Gruppen heute großteils überwunden sein dürfte.
Mahatma Gandhi hat für dem Hinduismus das geleistet was Christen nach dem II. Weltkrieg aufarbeiten mussten, denn:
- Die katholische Kirche, allen voran der damalige Papst Pius XII., hat vor der Herausforderung des europäischen Faschismus im Allgemeinen und des deutschen Nationalsozialismus im Besonderen politisch wie moralisch kläglich versagt.
- allein, dass die katholische Kirche wegen ihrer unentschiedenen Haltung gegenüber den Nazis größte Schuld auf sich geladen.
Darüber ist seit Ende des Zweiten Weltkriegs viel geforscht und geschrieben worden.
1963 hat Rolf Hochhuth in Der Stellvertreter Papst Pius eindrucksvoll seiner Schein-Heiligkeit entkleidet. Daniel Jonah Goldhagen publizierte 2002 über „Die katholische Kirche und der Holocaust“. oder Pius XII and the Holocaust: Understanding the Controversy von José Sánchez. (Die deutsche Übersetzung ist 2003 erschienen).
- die Kirche und der Papst waren weit tiefer in den Verfolgungsprozess verstrickt waren, als man bisher angenommen hat.
- Kirchenführer waren über die Verfolgung der europäischen Juden genau informiert.
- Doch anstatt öffentlich dagegen Stellung zu beziehen und zum Widerstand aufzurufen, unterstützten sie die Verfolgung in vielerlei Hinsicht.
- Einige Kleriker beteiligten sich sogar am Massenmord.
Wie verhält sich die katholische Kirche, die für viele moralische Instanz schlechthin ist, heute zu ihrer Verstrickung in den Holocaust?
Vieles spricht dafür, dass die Kirche
- ihre Pflicht zur Sühne weder anerkannt noch erfüllt hat, und
- die Maßnahmen, die die katholische Kirche ergreifen müsste, um ihre Opfer moralisch zu entschädigen und
- sich selbst als Religion der Liebe und Güte zu rehabilitieren noch in vieler Hinsicht auf sich warten lassen.
Die Forderung von Menschenrechten für Christen ist natürlich legitim, tätige Reue bezüglich eigener Rassistischer Altlasten wäre aber in diesem Zusammenhang ebenfalls recht und billig. Für humanistische Freidenker und Freidenkerinnen stehen Hindus und Christen beide auf rational dünnem Eis, das immer einbricht. Diesesmal scheint der rassistische Wahn christliche Sündenböcke zu treffen. Wir bedauern die Opfer aller Seiten.
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