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Globaler Militarisierungsindex 2023

Erstellt am 26.02.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 1025 mal gelesen und am 26.02.2024 zuletzt geändert.

Kürzlich stieß ich auf den GMI 2023. Ich entnehme dem Bericht von Markus Bayer und Stella Hauk

So überholte die Ukraine Israel, welches die letzten Jahre kontinuierlich Platz eins belegte und nun auf Platz zwei steht. Israel gab für seine Streitkräfte, die 2022 169.500 Soldat:innen und eine Reserve von 465.000 Personen umfassten, mit rund 23,3 Mrd. US-Dollar etwas weniger aus als im Vorjahr (4,5 Prozent des BIP). Dadurch ergibt sich eine niedrige Demilitarisierungstendenz (ΔGMI -4,9). Inwieweit der aktuelle Gaza-Krieg die Militarisierung Israels weiter vorantreiben wird, werden die nächsten Ausgaben dieses Indexes zeigen. 

Globaler Militarisierungsindex 2023, S. 8

Mit seinem Global Militarization Index (GMI) sei das Bonn International Center for Conflict Studies(BICC) erstmals in der Lage, „die weltweite Militarisierung objektiv abzubilden“. 

Der GMI vergleicht beispielsweise die Militärausgaben eines Landes mit seinem Bruttoinlandsprodukt (BIP) und seinen Gesundheitsausgaben. Dabei wird die Gesamtzahl der militärischen und paramilitärischen Kräfte in einem Land der Zahl der Ärzte gegenübergestellt. Schließlich wird untersucht, wie viele schwere Waffen den Streitkräften eines Landes zur Verfügung stehen. Anhand dieser und weiterer Indikatoren wird die Rangfolge eines Landes ermittelt, die es wiederum ermöglicht, den jeweiligen Grad der Militarisierung im Vergleich zu anderen Ländern zu messen.

https://gmi.bicc.de/#rank@2022

+−Broschüre | Daten von Natural EarthJahr 2022

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MilitarisierungsgradIndex der MilitärausgabenMilitärpersonalindexIndex schwerer Waffen

Militarisierungsgrad
Sehr starkTop 20 Prozent
Stark2. 20 Prozent
Mäßig3. 20 Prozent
Schwach4. 20 Prozent
Sehr schwachunteren 20 Prozent
Keine Daten verfügbar

Der GMI enthält sowohl historische als auch aktuelle Daten, beginnend im Jahr 1990 und endend im letzten Jahr, für das Daten verfügbar waren.“

GMI-Kategorien und -Methode

Das GMI ist in drei übergeordnete Kategorien unterteilt: Ausgaben, Personal und schwere Waffen (siehe Codebook_englische Version / Codebook_deutsche Version )

Militärausgaben im Verhältnis zum BIP und Gesundheitsausgaben sind die wichtigsten Indikatoren zur Bestimmung des Militarisierungsgrads. Finanzielle Ressourcen, die von einer Regierung über den Militärhaushalt bereitgestellt werden, sind ein wichtiger Faktor, der sich auf die Kapazitäten und die Größe der Streitkräfte eines Staates auswirkt. Der andere vom GMI verwendete Indikator ist der Vergleich zwischen dem gesamten Militärhaushalt und den Staatsausgaben für Gesundheitsdienste.

Die Zahlen zu den Militärausgaben stammen aus der Datenbank des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. Auch wenn SIPRI derzeit als die zuverlässigste Quelle gilt, sind Daten zu Militärausgaben mit äußerster Vorsicht zu genießen. Für viele Länder, insbesondere in Entwicklungsländern und autokratischen Staaten, handelt es sich bei den Zahlen lediglich um grobe Schätzungen. In den Fällen, in denen SIPRI keine aktuellen Informationen bereitstellt, haben wir die neuesten verfügbaren Zahlen übernommen, sofern diese nicht älter als drei Jahre waren.

Die Daten zum Bruttoinlandsprodukt stammen vom Internationalen Währungsfonds. Die verwendeten Daten zu den Gesundheitsausgaben stammen aus der Datenbank der Weltgesundheitsorganisation.

Neben den Militärausgaben wird der Grad der Militarisierung auch durch das Verhältnis des Militärpersonals zur Gesamtbevölkerung und zu den Ärzten repräsentiert . Der erste und wichtigste Indikator in dieser Kategorie ist das aktive (para)militärische Personal im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Paramilitärisches Personal wurde hier einbezogen, da in vielen Ländern das reguläre Militär allein die Gesamtgröße der Streitkräfte nicht ausreichend widerspiegelt. Das Hauptkriterium für die Kodierung einer Organisationseinheit als militärisch oder paramilitärisch ist, dass die betreffenden Kräfte unter der direkten Kontrolle der Regierung stehen und darüber hinaus bewaffnet, uniformiert und stationiert sind.

Für eine umfassende Darstellung des verfügbaren Personals und eine adäquate Darstellung des relativen Militarisierungsgrads berücksichtigt ein zweiter Indikator dieser Kategorie den Anteil der Reservekräfte an der Gesamtbevölkerung. Dieser Faktor ist für einige Länder relevant, beispielsweise für die Schweiz, die über ein vergleichsweise kleines stehendes Heer, aber über größere verfügbare Reserven innerhalb der Gesellschaft verfügen. Der dritte Indikator vergleicht die Gesamtzahl der militärischen und paramilitärischen Kräfte mit der Zahl der Ärzte in einem Land, um das Verhältnis zwischen militärischer und nichtmilitärischer Expertise in einer Gesellschaft auszudrücken.

Alle Daten zum Militärpersonal wurden aus dem vom Institute for Strategic and International Studies (IISS) herausgegebenen Jahrbuch „Military Balance“ zusammengestellt. Die Angaben zur Bevölkerungsgröße wurden dem Vital Statistics Report der Vereinten Nationen entnommen; Daten zur Zahl der Ärzte der Weltgesundheitsorganisation.

Um schließlich den Grad der Militarisierung eines Landes zu bestimmen, der nicht nur aus Ressourcen und Personal besteht, müssen bestimmte Arten schwerer Waffen berücksichtigt werden. Aus diesem Grund berücksichtigt der GMI als dritte Kategorie die Anzahl der schweren Waffen einer Streitkräfte im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung . Als schwere Waffen werden hier alle militärischen Ausrüstungsgegenstände definiert, die in eine der oben genannten vier Kategorien passen: gepanzerte Fahrzeuge (gepanzerte Personentransporter, leichte Panzer, Kampfpanzer), Artillerie (Mehrfachraketenwerfer, selbstfahrende Artillerie, gezogene Artillerie). Kaliber 100 mm, Kampfflugzeuge (Kampfhubschrauber, Starrflügel-Kampfflugzeuge) und große Kampfschiffe (U-Boote, große Überwasserkampfschiffe über Korvettengröße). Daten zu Waffenbeständen wurden vom BICC aus verschiedenen Quellen gesammelt, hauptsächlich aus der Militärbilanz der ISS. Daten zu Kleinwaffen und leichten Waffen (SALW) sind nicht nur äußerst schwer zu beschaffen, sondern auch unzuverlässig und wurden daher nicht in den GMI aufgenommen.

Die Methode des GMI

Um die Kompatibilität zwischen verschiedenen Indikatoren zu erhöhen und zu verhindern, dass Extremwerte bei der Normalisierung der Daten zu Verzerrungen führen, wurde in einem ersten Schritt jeder Indikator in einem Logarithmus mit dem Faktor 10 dargestellt. Anschließend wurden alle Daten mit der Formel x=(y-) normalisiert. min)/(max-min), wobei min und max den niedrigsten bzw. höchsten Wert des Logarithmus darstellen. In einem dritten Schritt wurde jeder Indikator anhand eines Faktors gewichtet, der die relative Bedeutung widerspiegelte, die ihm von den BICC-Forschern beigemessen wurde. Zur Berechnung der Endnote wurden die gewichteten Indikatoren addiert und anschließend mit 1.000 multipliziert.

KategorieIndikatorGMI-Gewichtungsfaktor
AusgabenMilitärausgaben als Prozentsatz des BIP5
Militärausgaben im Verhältnis zu Gesundheitsausgaben3
PersonalMilitärisches und paramilitärisches Personal im Verhältnis zur Bevölkerung4
Militärische Reservisten im Verhältnis zur Bevölkerung2
Militärisches und paramilitärisches Personal im Verhältnis zu Ärzten2
WaffenSchwere Waffen im Verhältnis zur Bevölkerung4

Im Allgemeinen liefert das GMI weiterführende detaillierte Analysen zu spezifischen regionalen oder nationalen Entwicklungen. Ziel des BICC ist es, einen Beitrag zur Debatte über die Militarisierung zu leisten und auf die oft uneinheitliche Verteilung von Ressourcen aufmerksam zu machen.

In mehreren Ländern behindert eine übermäßige Militarisierung den notwendigen Strukturwandel der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen und erzwingt Entwicklungsdefizite in der Industrie und Landwirtschaft. Andererseits kann ein geringer Militarisierungsgrad auch problematisch sein und damit die Entwicklung behindern, da er auf grundlegende Defizite im Sicherheitssektor hinweisen kann. Ein schwacher oder nicht funktionierender Sicherheitssektor kann Gewalt und Konflikte, die sich negativ auf die Bevölkerung und ihre Entwicklung auswirken, nicht verhindern, da er ein Gewaltmonopol nicht erfolgreich durchsetzen und aufrechterhalten kann. Eine Folge davon sind oft fragile und schwache Staaten, in denen Wirtschaftswachstum und Entwicklung nicht gedeihen können.

Diese Beispiele verdeutlichen das Dilemma der Debatte. Das GMI versucht, mit der weit verbreiteten Annahme aufzuräumen, dass ein hoher Grad an Militarisierung schlecht und ein niedriger Grad per se gut sei, und zu einem neuen Ansatz bei der Untersuchung der MilitaGrisierung beizutragen. Eine Lagebeurteilung erfordert die spezifische Betrachtung und Analyse einzelner Länder und Regionen – und der GMI ist das richtige Instrument, um die Entwicklungsorientierung von Staaten sowie regionale Entwicklungen zu bewerten.

 

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