Global Peace Photo Award 2021
Wien, 21. September 2021 – am Abend wurden zum neunten Mal die Gewinner des internationalen Fotowettbewerbs Global Peace Photo Award im Österreichischen Parlament mit der Alfred-Fried-Friedensmedaille ausgezeichnet:
- Nate Hofer für „One and a half acres (6000 Quadratmeter)“
Shabana Zahir für „Our journey (Unsere Reise)“- Derrick Ofusu Boateng für „Peace and Strength (Friede und Stärke)“
- Snezhana von Büdingen für „Meeting Sofie (Begegnungen mit Sofie)“
- Maggie Shannon für „Extreme pain, but also extreme joy (Großer Schmerz und große Freude)“.
Der mit 10 000 Euro dotierte Hauptpreis „Peace Image of the Year 2021“ ging an die amerikanische Fotografin Maggie Shannon für ihre Reportage über Hausgeburten in Los Angeles während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020.
Die Hospitäler sind mit Corona-Patienten geflutet. In den Geburtsstationen dürfen Ehemänner nicht anwesend sein. Viele Frauen möchten ihr Kind zuhause auf die Welt bringen. Ohne Maske, mit den Vätern. Sie haben Angst vor den Krankenhäusern. Sie sind in Panik. Bei den Hebammen gehen Alarmanrufe ein. In dieser Situation entschließt sich Margaret Shannon, vier dieser Geburtshelferinnen zu begleiten. Sie ist beeindruckt von der Ruhe und Entschlossenheit dieser Frauen. Von ihrer Erfahrung. Und sie ist begeistert von jenen Momenten, in denen aller Schmerz überwunden ist und das private Glücksgefühl das Wissen um die weltweite Pandemie einfach hinweg schwemmt. Körperkontakt in Zeiten der Kontaktsperre! Neues Leben in Zeiten des großen Sterbens. Das Festhalten. Das Umarmen. Das Helfen. Ein Vater, der sein Neugeborenes küsst, fast wie im Gebet versunken. Es ist das Bild von einem tiefen Frieden in Zeiten der abertausend unfriedlichen Ereignisse. Und nebenbei wie ein kleiner Hinweis auf Black Lives Matter in einem Land, das 2020 noch von einem Präsidenten regiert wurde, der auf den Unfrieden spezialisiert war, auf Wutausbrüche, Häme, Verachtung und Verunglimpfung.
Pressematerial (Siegerbilder, Jurystatements, Bilder von der Veranstaltung) zum herunterladen: http://press.lammerhuber.at/gppa2021
Das mit 1000 Euro dotierte beste Friedensbild in der Kinder- und Jugendkategorie, The Children’s Peace Image of the Year 2021, gewann die 7-jährige Aadhyaa Aravind Shankar.
Ihr Foto, „Lap of Peace (Im Schoß des Friedens)“ zeigt Aadhyaas Mutter, die im Schoße ihrer lesenden Mutter ruht. Die beiden Frauen sind flankiert von Pflanzen, die Frische spenden. Und es weht von draußen eine kühlende Luft. Ob nun noch Kind oder längst erwachsen; Aadhyaa ist überzeugt: Jeder Mensch finde Frieden in solchen Momenten. Finde Sicherheit und Entspannung. Habe die Chance, alle Nöte zu vergessen.
Der Preis wurde von Mag. Gerhard Lahner, Vorstandsmitglied und Chief Operations Officer (COO) der Vienna Insurance Group (VIG), die diesen Preis unterstützt, übergeben:
„Das Verständnis der Vienna Insurance Group in und für Generationen zu denken und somit Verantwortung zu übernehmen, hat schon immer das Kerngeschäft unserer Versicherungsgruppe bestimmt. Die Übernahme sozialer und kultureller Verantwortung liegt uns dabei besonders am Herzen.“
In seiner Begrüßung betonte Peter Raggl, der Präsident des Österreichischen Bundesrates, die außergewöhnliche Zusammenarbeit mit dem Global Peace Photo Award und wie wichtig es ist, in diesen Zeiten dem Frieden ein Forum zu bieten.
Lois Lammerhuber, der gemeinsam mit seiner Frau Silvia Lammerhuber den Global Peace Photo Award initiiert und seit Anbeginn organisiert hat, erinnerte daran, dass „Frieden nicht die Abwesenheit von Krieg ist, sondern etwas, das ich als Gelungenes Leben bezeichnen möchte. Jedes Jahr berühren uns die eingereichten Fotos und Geschichten aufs Neue mit ihrer Kreativität und Passion für das Gute und Friedvolle auf dieser Welt.“ Auf Einladung von Barbara Trionfi, der Direktorin des International Press Institute (IPI), hielt Galina Timchenko, Gründerin und Leiterin der Lettischen Onlineplattform „Meduza.io“, eine flammende Rede für die Meinungsfreiheit: „Diese Kampagne gegen die Meinungsfreiheit, gegen die Wahrheit und die europäischen Werte betrifft nicht nur Russland, sie ist eine direkte Bedrohung für ganz Europa. Und die einzige Verteidigung, die wir, die Zivilgesellschaft, aufbauen können, der einzige Schutzschild, den wir haben, besteht aus Papier oder Monitoren mit Texten oder Fotos darauf. Freie, objektive und vertrauenswürdige Informationen geben uns die Hoffnung, alles zu schützen, woran wir glauben.“
Claudia Dannhauser, Vorsitzende der Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure, ORF Zeit im Bild, reflektierte in ihrer Rede über die Bedeutung von Frieden und dass der Global Peace Photo Award dazu einen wunderbaren Beitrag leistet: „Frieden ist ein Wort, das in jedem von uns unterschiedliche Assoziationen und Empfindungen auslöst. Das eine Bild zu finden, das Frieden symbolisiert? Es ist keine einfache Aufgabe. Der Global Peace Photo Award leistet sie seit Jahren. Ein unschätzbar wichtiger Beitrag, den Blick zu schärfen, die Bedeutung von Frieden für uns alle hochzuheben – in Zeiten, in denen Krieg alltäglich ist, die Betroffenen nicht immer rasche Hilfe bekommen und Zynismus oft über Idealismus siegt.“
Der diesjährige Vorsitzende der 25-köpfigen Jury Eric Falt, Direktor UNESCO New Delhi, Indien, betonte in seiner abschließenden Keynote zum einen die hohe Qualität der eingereichten Fotos und zum anderen die Wichtigkeit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern: „In unserem Fotowettbewerb 2021 gab es so viele außergewöhnliche Bilder, die den Frieden zum Ausdruck bringen. Für das Bild des Jahres wählte unsere Jury schließlich die bewegenden Fotos von Maggie Shannon aus, die die Arbeit von Hebammen in Los Angeles während der COVID 19-Krise dokumentierte, unbesungene Helden der Pandemie, die Frauen dabei helfen, Neugeborene in unsere verrückte, aber schöne Welt zu bringen. Tatsächlich waren drei unserer diesjährigen Preisträger Fotografinnen, die Frauen in Szene setzten, was uns daran erinnert, dass es nirgendwo wirklichen Frieden geben wird, solange wir nicht die Gleichberechtigung von Frauen und Männern überall erreichen.“
Zum Global Peace Photo Award 2021 wurden 16.396 Bilder aus 114 Ländern eingereicht.
Die meisten Einreichungen kamen aus Indien, Russland, USA, Deutschland und dem Iran. Juriert wurden die Einreichungen von einer hochkarätigen, internationalen Jury. https://www.friedaward.com/jury
Die Begründung der Jurymitglieder aus acht Nationen für die insgesamt sechs Auszeichnungen formulierte der langjährige GEO-Chefredakteur Peter-Matthias Gaede aus Hamburg.
Neben der Vergabe des „Friedensbild des Jahres“ an Maggie Shannon gingen Alfred-Fried-Friedensmedaillen 2021:
An den amerikanischen Fotografen Nate Hofer für seine Arbeit „One and a half acres (6000 Quadratmeter)“.
In Drohnen-aufnahmen zeigt er seine Version von „Schwerter zu Pflugscharen“. Eine Verwandlung des Militärischen ins Zivile: Friedlich sehen sie aus, diese rechteckigen Flecken in der Landschaft des us-amerikanischen mittleren Westens. Bauernland, Parkplatz für ausrangierte Autos, Wildwuchsareal, Kirchenvorplatz, Wald, Erntehof. Darunter aber war verborgen, was einst millionenfachen Tod hätte bringen können: 450 Abschussrampen für atomar bestückte Interkontinental-Raketen, gerichtet auf die Sowjetunion.
Das Ende dieser Vernichtungs-Rampen war gekommen, als sich der US-Präsident George W. Bush und der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow 1991 auf das sogenannte START-Abkommen einigen konnten: eine Übereinkunft, ihr Atomwaffenarsenal wenigstens zu reduzieren. Nach der Demontage der Raketen-Silos wurde das Land an Bauern zurückverkauft, mal für 600, mal für 12000 US-Dollar.
An die afghanische Fotografin Shabana Zahir für ihre, in ihrem griechischen Flüchtlingslager entstandenen, Bilder „Our journey (Unsere Reise)“. Auf eine sehr direkte Weise hat eine in der Fotografie-Szene bislang noch gänzlich unbekannte junge Frau ihre Gedanken und Gefühle in Bilder übersetzt. Ihr Nachname bedeutet übersetzt aus dem Farsi: zur Nacht gehörend. In einer Nacht hat ihre Flucht begonnen. Die Flucht hat Monate gedauert. Über Grenzen, Stacheldrähte, Berge. Afghanistan, Irak, Türkei. In der Türkei hat Shabana als Kellnerin in einem kleinen Restaurant gearbeitet, hat die Landessprache erlernt. Dann kam sie in einem Boot nach Griechenland. In der Hoffnung, über die Balkan-Route nach Westeuropa, nach Deutschland zu gelangen. Eine bislang vergebliche Hoffnung. Das Flüchtlingslager Diavata nahe Thessaloniki. Zwei Jahre lang Agonie. Das Gefühl der Wortlosigkeit und Nutzlosigkeit. Bis die kleine NGO „Una mano per un Sorriso“, „eine Hand für ein Lächeln“, Shabana zur Fotografie brachte. Zu einer neuen Möglichkeit, sich auszudrücken. In Bildern zu sprechen.
An Derrick Ofusu Boateng aus Ghanafür seine Arbeit „Peace and Strength (Friede und Stärke)“. Er ist einer, der Afrika und seine Kulturen liebt. Der nicht einverstanden ist mit unserem verfestigten Afrika-Bild in Nachrichten und Filmen. Er ist einer, der mit Emphase die Kräfte der Afrikaner feiern will. Ihre Poesie. So ist er mit seiner Handy-Kamera losgezogen, einfach ganz einfach, wie er sagt. Natürlich komponiert er. Nutzt Farbe verschwenderisch. Will Schönheit. Will einen persönlichen Sieg über die Mühen der Ebene. Er feiert das Spielen. Er fotografiert und malt zugleich. Er feiert den Stolz. Er feiert die Leichtigkeit. Für die Jury des Global Peace Photo Awards steht Derrick Ofusu Boateng, der sich dagegen entschieden hat, Arzt oder Anwalt zu werden, für eine ganze Generation junger afrikanischer Fotografen, die uns lehren, es uns nicht in unseren tradierten Vorstellungen von Afrika zu bequem zu machen. Und nicht zu vergessen, dass es jenseits von Südsudan und Boko Haram in Nigeria und Krieg im Jemen und Korruption in Tansania noch ein Afrika gibt, dessen Menschen sich exakt das erträumen, was auch wir uns erträumen: die große Freiheit, unbeschwert sein zu dürfen und in Harmonie zu leben.
An die in Russland geborene und in Deutschland lebende Fotografin Snezhana von Büdingen für ihre Arbeit „Meeting Sofie (Begegnungen mit Sofie)“:
Snezhana von Büdingen hat sie im Herbst 2017 kennengelernt, im Zuhause des damals 18-jährigen Mädchens, einem Gutshof aus dem 16. Jahrhundert im Dorf Eilenstedt im Bundesstaat Sachsen-Anhalt. Ein märchenhafter Garten, ein Haus voller Antiquitäten und alter Gemälde. Wie aus einer anderen Zeit sei es dort, sagt die Fotografin, verträumt, harmonisch, voller Frieden. Und darin diese besondere junge Frau. Selbstbewusst, mit sich selber im Einklang, schönen Kleidern zugetan, in einen jungen Mann verliebt, von Liebeskummer erfasst, in der Familie geborgen. Vom Kind zur Erwachsenen werdend – mit allem, was an Suche und Ausprobieren und kleinen Dramen dazugehört. Snezhana von Büdingen hat die innige Liebe zwischen Müttern und ihren Kindern mit Down-Syndrom zunächst in einer Porträt-Reihe dokumentiert, aufgenommen in einem Kölner Studio. Die ganze Vitalität und Vielfalt ihres innigen Langzeitprojekts mit Sofie aber lässt sie noch mehr hoffen, „imaginäre Grenzen“ zwischen uns und dem Leben der anderen niederreißen zu können. Die Grenzen aus „Vorurteilen und Ignoranz“. Denn wir Menschen, sagt sie, „brauchen unbedingt mehr Akzeptanz, mehr Integration, mehr Liebe“. Und auch sie selber erkenne sich in Sofie wieder. Auch in Sofies Bedürfnis nach Freiheit und Rebellion, das sich abwechselt mit den stillen und fast magischen Momenten.
Der Global Peace Photo Award wird in Kooperation von Photographischer Gesellschaft (PHG), Edition Lammerhuber, UNESCO, Österreichischem Parlament, der Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure, des Internationalen Press Institute (IPI), des Deutschen Jugendfotopreises und der World Press Photo Foundation ausgelobt.
Inspiriert wurde der Preis von dem österreichischen Pazifisten und Schriftsteller Alfred Hermann Fried (* 11. November 1864 in Wien; † 4. Mai 1921 in Wien). Fried wurde 1911 gemeinsam mit dem Organisator der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Tobias Asser der Friedensnobelpreis verliehen.
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