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Das umstrittene neue östereichische Staatsschutzgesetz

Erstellt am 12.01.2016 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 8098 mal gelesen und am 15.01.2016 zuletzt geändert.

damokles-origStaatsschutzgesetzesvorlage und dessen Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft

Es soll laut den Plänen der Regierung Ende Jänner beschlossen werden. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AKVorrat Österreich) hat sich die Gesetzesvorlage dazu genau angeschaut und schreibt dazu:

Trotz heftiger Kritik würde damit ein Inlandsgeheimdienst mit weitreichenden Überwachungsbefugnissen in Österreich etabliert. Heute veröffentlicht der AKVorrat seine juristische Stellungnahme zu den rein kosmetischen Änderungsanträgen der Regierungskoalition. Um den Beschluss des Gesetzes in dieser Form zu verhindern, ruft die Bürgerrechtsorganisation die Bevölkerung dazu auf, Nationalratsabgeordnete auf act.staatsschutz.at über die Kritik am Gesetz zu informieren und Befürworter_innen umzustimmen.

Protestaktion hat der AKVorrat am 11.1 in der Früh eine Überwachungskamera in 13 Metern Höhe auf der Pallas Athene vor dem Wiener Parlament angebracht. Sie schwebt wie ein Damokleschwert über dem hohen Haus, genauso wie der neue Inlandsgeheimdienst über den Grundrechten steht.

Der Arbeitskreis Vorratsdaten Österreich (AKVorrat)

Er hat in seiner 40-seitigen Stellungnahme dargelegt, warum die Änderungen der Regierungsparteien die Kritik am geplanten Staatsschutzgesetz nicht entkräften können. Die Richtervereinigung hat den bestehenden Entwurf bereits als „Mogelpackung“ bezeichnet und auch der AKVorrat selbst hat zahlreiche Argumente vorgebracht, warum dieses Gesetz unverhältnismäßig in die Grundrechte der Österreicherinnen und Österreicher eingreift.

„Unsere Hoffnung liegt nun auf den 183 Nationalratsabgeordneten. Sie müssen sich für die Grundrechte stark machen und dürfen der Einführung einer unkontrollierbaren Überwachungsbehörde nicht zustimmen“, so Thomas Lohninger, Geschäftsführer des  AKVorrat.

Auf act.staatsschutz.at sind alle Abgeordneten zum Nationalrat samt Kontaktmöglichkeiten und ihrer Positionierung zu den Staatsschutzplänen aufgelistet. Wenn genügend Menschen in direkten Kontakt mit ihren Abgeordneten treten und das in der Verfassung verankerte freie Mandat auch gelebt wird, gibt es noch Hoffnung, die Gründung des neuen Inlandsgeheimdienstes zu verhindern.

Der breiten Kritik, die im Begutachtungsverfahren zum Gesetzesentwurf geäußert wurde, wurde bis heute nicht entsprochen. Der Rechtsschutz fällt weit hinter das Schutzniveau des kürzlich beschlossenen Bankenpakets zurück.

Die angekündigten Änderungen sind sicht des AK „rein kosmetisch und lassen sich an einer Hand abzählen“:

Der Begriff „weltanschaulich“ wurde durch „ideologisch“ ersetzt. Da diese beiden Wörter synonym sind, ändert das nichts an der Kritik des viel zu breit gefassten „verfassungsgefährdenden Angriffs“, für den der neue Staatsschutz zuständig ist. Journalisten, Whistleblower und zivilgesellschaftliches Engagement stehen damit weiterhin im Fadenkreuz. Eine „Präzisierung der Tatbestände“, wie von manchen Medien kolportiert, gibt es nicht.

Statt zehn eigenständigen Inlandsgeheimdiensten gäbe es künftig

  • das Bundesamt für Verfassungsschutz und
  • neun ihm unterstellte Landesämter, die weiterhin den Landespolizeidirektionen angegliedert wären und sich um die operative Tätigkeit kümmern.
  • Auf die Kritik einer fehlenden Trennung zwischen nachrichtendienstlichem und polizeilichem Aufgabenbereich werde damit in keinster Weise eingegangen.
  • Minimale Änderungen bei den Informationspflichten
    Statt der groß angekündigten parlamentarischen Kontrolle wurden lediglich die bisher gelebten Berichtspflichten der Innenministerin und des Rechtsschutzbeauftragten gegenüber dem geheimen parlamentarischen Unterausschuss festgeschrieben.
    Der oder die Rechtsschutzbeauftragte müsste sich mit seinen Stellvertretern regelmäßig über Wahrnehmungen austauschen und einer seiner Stellvertreter müsste mindestens 10 Jahre Berufspraxis als Richter oder Staatsanwalt aufweisen. Diese Konstruktion sei „meilenweit von einem richterlichen Senat entfernt, wie er von der Bundesregierung gegenüber der Presse angekündigt wurde“. Einigkeit zwischen dem Rechtsschutzbeauftragten und seinen Stellvertretern sei explizit nicht notwendig.

Vortrag und Workshop

Der AKVorrat hat auf dem 32. Chaos Communication Congress in Hamburg einen Vortrag zu den Geschehnissen in Österreich gehalten. Die Aufzeichnung ist online.

Um das neue Werkzeug zum Kontaktieren von Abgeordneten auszutesten, veranstaltete der AKVorrat gemeinsam mit Attac am, Dienstag, den 12. 1. um 18:30 Uhr im Wiener WUK einen Infoabend und Workshop zum geplanten Staatsschutzgesetz und dessen Auswirkungen auf Zivilgesellschaft und Aktivist_innen.

Zeitplan

Am 19. Jänner soll das Staatsschutzgesetz im Innenausschuss behandelt und kurz darauf am 27. Jänner im Plenum beschlossen werden.

Das umstrittene Gesetz tritt damit vielleicht schon im Juni 2016 in Kraft. Wir fordern die Klubobmänner der Regierungsparteien dazu auf, sich an ihre eigene Kritik an der Regierungsvorlage zu erinnern und an den Verhandlungstisch mit der Opposition zurückzukehren.

Sollte das Staatsschutzgesetz in der derzeit vorliegenden Form Gesetz werden, prüft der AKVorrat eine Klage vor dem Höchstgericht und wird auf diesem Wege für die Einhaltung der Grundrechte kämpfen.

Links

[1] https://akvorrat.at/aufstieg
[2] https://akvorrat.at/sites/default/files/Stellungnahme_PStSG_AAA.pdf
[3] http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4878332/Staatsschutz_Rich…
[4] https://www.youtube.com/watch?v=MD2V8n00ARE
[5] https://akvorrat.at/info_abend_staatsschutz

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Der Arbeitskreis Vorratsdaten (AKVorrat) hat sich die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und die Verhinderung ähnlicher Instrumente der anlasslosen Massenüberwachung zum Ziel gesetzt. Ein Etappenziel wurde mit der Abschaffung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof erreicht. Jetzt geht es dem AKVorrat vor allem darum, starken Datenschutz in unserer Gesellschaft zu verankern und auf die Einhaltung der Menschenrechte im Digitalen zu drängen.
Der AKVorrat lebt von Spenden, bitte unterstütze unsere Arbeit: spenden.akvorrat.at

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Posted in Abrüstung, Conversion, Europa, Friedensarbeit, Friedensbewegung, Friedenspädagogik, Friedenspolitik, Gewaltprävention, Menschenrecht, Österreich, Redaktion, Termine, Tipp, Unfrieden, Zivilcourage

One Response to “Das umstrittene neue östereichische Staatsschutzgesetz”

  1. Martin Mair sagt:

    Schön wäre es, wenn es endlich einmal eine gemeinsame politische Plattform zum Themenkreis Datenschutz usw. gäbe.

    Solange jeder Gartenzwerg nur sich alleine profilieren will werden wir wenig erreichen.

    Es wenn wir im ursprünglichen Sinne wieder POLTIISCHER werden und gemeinsam einen politischen Raum aufbauen, können wir mehr erreichen!

    Meine Anfragen diesebezüglich an den AKVorrat blieben bislang unbeantwortet …

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