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Atomwaffen mit Wahrheit konfrontieren

Erstellt am 11.04.2014 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 4932 mal gelesen und am 12.04.2014 zuletzt geändert.

In Dresden und in Hiroshima hat man Hitler mit Hitler „besiegt“?

Die Heuchelei der Atomwaffenstaaten und der Hassjournalismus rund um die Konflikte, die die Welt erschüttern ist selbst nach über 30 Jahren Ursachenforschung für mich nur schwer begreifbar – obwohl ich eigentlich ganz gute Erklärungen gefunden habe. Es will einfach nicht in meinen Kopf! Warum ist die Mischung aus Marktversagen, Staatsversagen, Medienversagen so zäh? Die Komplexität lässt leider viel Raum für Projektionen aller Art und so verstricken sich Marktgläubige mit Staatsgläubigen und neo-imperialistische Menschrechts-Kapitalist_innen mit Neo-KapitalistInnen, Stalinisten mit SozialistInnen und Anarchist_innen mit Anarchos und Friedenswegte mit deklarierten Pazifisten. Die unbewussten kindischen Spiele der Erwachsenen – meine inklusive – produzieren einen Konflikt nach dem anderen. Kriege am laufenden Band sind programmiert. Lebende Peace-Hacker in der Qualität eines Mahatma Gandhi sind bislang leider rare Ausnahmen. Die Regel sind Großmächte die Millionen von Flüchtlinge produzieren bei ihren Resourcenkriegen und Natur und Menschen in großem Stil zugrunde richten.

Atommächte an der Wahrheit Gandhis scheitern lassen

Am 07.03.2007 schrieb Prof. Dr. Helmut Saake einen Artikel mit dem Titel „Ein Weltreich an Wahrheit scheitern lassen“. Er bezog sich auf England. Für Saake verkörperte Winston Churchill wie wenige englische Politiker  den Zynismus und die Menschenverachtung des Imperialismus und Kolonialismus des britischen Weltreichs. Das habe die ungefähr 200 Jahre währende Herrschaft Londons über Indien generell dokumentiert: „Die exzessive Ausbeutung des Subkontinents hat dem Empire ganz wesentlich die Möglichkeit zu fast unbegrenzter Finanzierung von Kriegen eröffnet“, so Saake. In Mahatma Gandhi aber fand er seinen Meister. Churchill hat Gandhi, als nackten Fakir zu verhöhnt und dessen möglichen Hunger-Tod als Belanglosigkeit akzeptiert als britische Premier. Er hätte am liebsten verhungern lassen.

Wahrheit, Friedliche Mittel und Gerechtigkeit statt Imperialismus

Gandhi habe als überzeugter Pazifist mit Gewaltlosigkeit und Gerechtigkeitssinn nicht etwa lediglich Indien vom britischen Imperialismus befreit, sondern durch die Unabhängigkeit des Subkontinents auch den definitiven Untergang des Empire eingeleitet. Aus seiner Friedfertigkeit heraus hab Gandhi die geschichtliche Leistung erbracht, ein Weltreich und dessen Anmaßung schlicht an Wahrheit und Gerechtigkeit scheitern zu lassen. Gandhi war unter anderem vom Friedensangebot der Bergpredigt inspiriert. „Er hat damit all jene Politiker widerlegt, die unbelehrbar behaupten, mit der Bergpredigt sei keine Politik zu machen. Zugleich hat Gandhi bewiesen, daß Freiheit und Demokratie ohne Krieg möglich sind“, so Saake.

Krieg dem Kriege?

Saake: „Gewalt und Krieg betrachtete Gandhi als das völlig ungeistige und verabscheuungswürdige Charakteristikum westlicher Staaten.“ Besonders während des Zweiten Weltkriegs kritisierte Gandhi die kriegführenden Staatsmänner aufs Schärfste. Er nannte Roosevelt, Churchill und Hitler in einem Atemzug. Die schlimmste Verirrung der westlichen Welt sah er in den Atomwaffen. Sie seien der Gipfel der Gewaltbereitschaft und Kriegsversessenheit. Bomben und Atombomben hielt er für absolut verwerflich. Er war damit ganz auf einer Linie mit den Österreichischen PazifistInnen A.H. Fried und Bertha von Suttner. Letzere hat 1913 eine äußerst bemerkenswerte Streitschrift wider „Die Barbarisierung der Luft“ geschrieben die klare Alternativen zum I. und II. Weltkrieg darlegte.

Hitler mit Hitler besiegen?

Es sei laut Saake unverzeihlich, dass ausgerechnet in Deutschland die Sentenz „In Dresden und in Hiroshima habe man Hitler mit Hitler besiegt“ als „Gandhi-Zitat“ in Umlauf gebracht hätte. Denn:

  1. Dieses ständig wiederholte „Zitat“ in deutschen Gazetten sei eine erwiese Fälschung.
  2. Gandhi habe Dresden, laut Gandhi-Informations-Zentrum Berlin nie erwähnt.
  3. Außerdem habe Gandhi weder die Zerstörung Hiroshimas durch den Abwurf der amerikanischen Atombombe als einen Sieg über Hitler mit Hitler bezeichnet.
  4. Natürlich habe er es auch nicht als militärisches Erfordernis ethisch legitimiert.
  5. Dergleichen schließe der Pazifismus Gandhis, sein Prinzip der Gewaltlosigkeit und der Achtung des Menschen, grundsätzlich aus.

Auch ich habe bei meinen Recherchen keinen seriösen Beleg für dieses angebliche Gandhi-Zitat gefunden. Obwohl ich zugeben muss, dass ich das mit dem Sieg genial ironisch gefunden habe. Nun ja Ironie im Zusammenhang mit Hitler ist sehr heikel, wenn man Vorfahren hat die im III. Reich nicht ausgewiesene jüdische Pazifisten waren. Natürlich ist das Denken in Sieg und Niederlage nicht gerade typisch für Gandhi. Die Suche nach diesem vorgeblichen Gandhi-Zitat ist wohl ein Versuch meine Ohnmacht im Angesicht von Hiroshima in eine Formel zu bannen. Und dieser Gandhi-Hoax ist etwas eleganter als Hitler nix gut, Osama nix gut, Atombomben auch nix gut und Killerdrohnen.

Das Zitat schien mir gut erfunden. Denn Gandhi hat bereits 1940 geschrieben:

Letter to Rajkumari Amrit Kaur, regarding the military situation between England and Germany (May 1940), quoted in Collected Works (1958), p. 70.
Whatever Hitler may ultimately prove to be, we know what Hitlerism has come to mean, It means naked, ruthless force reduced to an exact science and worked with scientific precision. In its effect it becomes almost irresistible.
Hitlerism will never be defeated by counter-Hitlerism. It can only breed superior Hitlerism raised to nth degree. What is going on before our eyes is the demonstration of the futility of violence as also of Hitlerism.

Vorsicht der Master-Talk lauert immer und überall!

Der US-Krieg gegen den Terror besiegt der Terror mit Kriegverbrechen

Diese Zwecklosigkeit von Gewalt und Gegengewalt, der „Barbarisierung der Luft“ und der Erde kommt für mich eigentlich sehr schön auf den Punkt. Ich finde die Atombombe auf Hiroshima genauso verwerflich wie die Lynchung von Obama und Gadaffi im Online-Warroom unter beisein des Präsidenten. Der Ermordung von „Terroristen“ mit Staatsterror-Drohnen ist ebenso Zwecklos. Denn wer mit der Killerdrohne kämpft wird Killerdrohnen auf sich ziehen, wie Jeremy Scahill in seinem Buch Schmutzige Kriege darlegt, das im Oktober 2013 erschien. Scahill erzählt in dieser investigativen Reportage

  • wie es dazu kam, dass Mord zu einem zentralen Instrument der U.S.-Sicherheitspolitik wurde, und
  • welche Konsequenzen diese Entscheidung hat für unzählige Menschen in den unterschiedlichsten Ländern und für die Zukunft der amerikanischen Demokratie.

In Afghanistan und Pakistan, Jemen, Somalia und anderen Ländern interviewte Scahill

  • CIA-Agenten,
  • Söldner und
  • Spezialkräfte der US-Army.
  • Er begab sich tief in das von Al-Qaida gehaltene Territorium im Jemen,
  • traf von der CIA protegierte Warlords in Mogadischu und
  • sprach mit den zivilen Opfern der Einsätze amerikanischer Spezialkommandos und Drohnenattacken, die die Vereinigten Staaten lieber geheim halten wollen.

Schade dass er nicht in Libyen und im Irak und in Syrien war. Aber diese Staaten sind ohnehin nur ein Thema mit Variationen der „westlichen Politik“ im Geiste von Machiavelli und Clausewitz.

In dieser Geschichte von der Front der unerklärten Kriege dokumentiere Jeremy Scahill, laut Verlagstext das neue Paradigma der amerikanischen Kriegsführung:

Gekämpft wird überall, von Spezialkräften, die offiziell gar nicht existieren, aber weltweit unzählige Einsätze durchführen, die nie ans Licht der Öffentlichkeit geraten. Scahill enthüllt das erschreckende Bild einer geheimen U.S.-Mordmaschinerie, die mächtiger geworden ist als jeder Präsident, der ins Weiße Haus einzieht. Und er zeigt, dass diese verdeckten amerikanischen Kriege, anstatt die USA – und die Welt – vor dem Terror zu schützen, dazu führen, dass der Terror wachsen und sich weiter ausbreiten wird.

  • Man kann Osama nicht mit Obama besiegen!
  • Und die NATO nicht mit Putin oder Putin nicht durch die NATO!

Links

Albert Einstein über Gandhi

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Pazifismus/Debatte/drewermann.html

http://www.welt.de/print-welt/article349671/Als-Hitler-mit-Hitler-vergolten-wurde-der-Bombenkrieg.html

 

 

Posted in Friedensbewegung, Friedensforschung, Friedenspädagogik, Friedenspolitik, Gewaltprävention, Global, Unfrieden

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