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Wie kann sich eine Demokratie gegen Extremismus immunisieren

Erstellt am 25.01.2012 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 7641 mal gelesen und am 26.01.2012 zuletzt geändert.

„POLITISCHER EXTREMISMUS – EINE GEFAHR FÜR DIE DEMOKRATIE?“

Bei einer Diskussion über politischen Extremismus im Rahmen Konrad-Adenauer-Stiftung ging es um die Gefahren für die Demokratie und Gegenstrategien. Adenauer war Begründer der CDU.

  • Dr. Lars FLEMMING (Politikwissenschaftler, Zwickau),
  • Andreas BOCK (Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz) und
  • Prof. Dr. Michael KRAPP MdL (Kultusminister a.D.)

Das Gesprächsforum der Konrad-Adenauer-Stiftung ging folgenden Fragen nach:

  • was versteht man unter politischem Extremismus?
  • wie lässt sich der Begriff von anderen Schlagwörtern abgrenzen?
  • Welche Parteien sind aktiv und wie sind diese strukturiert?
  • Worin liegen die Ursachen für das Wahlverhalten zugunsten von Extremisten?
  • Was geht in den Köpfen junger Extremisten vor, wo liegen deren Motive?
  • Wie können wir der extremistischen Gefährdung der Demokratie insbesondere im erzieherisch-pädagogischen Bereich begegnen?

Begrüßungsrede

Die Leiterin des Bildungswerks Erfurt der Konrad-Adenauer-Stiftung, Frau Maja Eib, gab einen Einblick in die aktuelle Diskussion zur Bekämpfung des Politischen Extremismus.

Dr. Lars Flemming (Einführungsreferat) sprach über

  • Ursachen und Erscheinungsformen des Extremismus und
  • für ihn notwendige Gegenstrategien.
Er definierte Extremismus-Begriffs als
  • politischen Kräfte, deren Aktivitäten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind und
  • die das demokratische System durch eine Diktatur ersetzen wollen.
  • Zu unterscheiden sei dabei zwischen Links- und Rechtsextremisten.
Letztere hätten
  • eine ethnisch homogene Gesellschaft zum Ziel,
  • verbinden dies mit übersteigertem Nationalismus
  • gepaart mit Fremdenhass, Antisemitismus und
  • strengem Autoritarismus.
Bei Linksextremisten werde
  • das Kriterium der Fundamentalgleichheit aller Menschen übersteigert – hier stehe der Gleichheitsgrundsatz vor dem Freiheitswert und dem Individualismus.
  • Die Gesellschaft werde in Klassen eingeteilt, von denen der Arbeiterklasse die Führungsrolle zustehen solle;
  • ein sozialistisches/kommunistisches System sei das Ziel.
Flemming betonte, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Spielarten gebe, etwa
  • die Kapitalismuskritik sowie
  • der Anti-Amerikanismus.

Flemming ordnete mehrere Parteien den jeweiligen Formen von Extremismus zu

  1. im linken Spektrum sind relativ kleine Gruppierungen wie die MLPD, die KPD oder die DKP anzusiedeln, ebenso Teile der Linkspartei/PDS wie die Kommunistische Plattform (KPF).
  2. Größte rechtsextremistische Parteien seien die DVU, die Republikaner sowie die NPD. Letztere sei zwar an Mitgliedszahlen nicht die größte Vereinigung des „Lagers“, wohl aber die aktivste und mit zwei Vertretungen in zwei Landtagen derzeit erfolgreichste.

Vor allem um die NPD herum sammeln sich, laut Flemming,

  • mehrere Kameradschaften, die größtenteils regional agieren. Zudem gebe es
  • viele unorganisierte Rechtsextremisten, etwa Skinheads.

Im linksextremen Bereichgebe es eine ähnliche Struktur. Dort seien Autonome oder Anarchisten weithin unorganisiert. Schon aufgrund der Ideologien dieser Aktivisten sei Organisation ein Widerspruch in sich.Rechts- und Linksextremisten stünden sich

  • einerseits verfeindet gegenüber, denn sie haben unterschiedliche politische Systeme als Ziele ihrer Ideologien.
  • Aber es gäbe auch zahlreiche Gemeinsamkeiten, etwa die Ablehnung der Demokratie.

Des weiteren komme es auch oft zum direkten Aufeinandertreffen von Extremisten beider Spielarten, denn unter die tausenden friedlichen Demonstranten gegen einen rechtsextremen Aufmarsch mischen sich nicht selten gewaltbereite Linksextremisten, die solche Gegendemonstrationen für ihre Zwecke missbrauchen.Dennoch werde derzeit der Rechtsextremismus als die größere Gefahr für die Demokratie eingeschätzt. Zwar sei die Demokratie der Bundesrepublik sehr stabil und habe sich seit der Nachkriegszeit allen Gefährdungen wirksam widersetzt, aber gerade auf der Suche nach den Ursachen des Rechtsextremismus und den Gegenstrategien gebe es großen innenpolitischen Streit. So werden oft

als wichtigste Ursachen genannt.
Flemming fügte dem hinzu, dass auch eine zunehmende Verklärung der DDR für ein Anwachsen des Rechtsextremismus mitverantwortlich sei.

 

Gegenstrategien

Hier gebe es nicht selten

Flemming kritisierte, was ein Verbot (etwa der NPD) bewirken könne:
  • Die Partei wäre zwar verboten,
  • aber Ideologien kann man nicht verbieten.
  • Die Mitglieder würden sich entweder anderen Parteien anschließen und diese radikalisieren oder sich in Kameradschaften zurückziehen und somit für die Sicherheitsorgane nicht mehr so leicht zu beobachten sein.
  • Außerdem sei ein erstes Verbotsverfahren gegen die NPD vor wenigen Jahren gescheitert.

Andreas Bock vom Verfassungsschutz Thüringen

Er sprach über

  • die aktuellen Tendenzen in Thüringen und
  • bestärke die Ausführungen von Herrn Flemming, dass eine wachsende Gefährdung zurzeit vom Rechtextremismus ausgehe.
  • Dennoch sei gerade bei den Maidemonstrationen oder im Zuge von G8 eine Mobilisierung von Linksextremen gewaltbreiten Akteuren auch in Thüringen zu verzeichnen gewesen.

Prof. Dr. Krapp – Kultusminister a.D.

Er stellte in seinem Kurzstatement

Das heiße,
  • je schöner nachträglich die DDR beurteilt werde,
  • je harmloser und gerechter sie erscheine, desto stärker sei die Neigung, autoritären, demokratiefeindlichen Strömungen heute anzuhängen.

(Dieser Schlussfolgerung scheint aus meiner Sicht (AHL) sehr gewagt. Es könnte sich um eine klassische Scheinkorrelation handeln – wie der Rückgang der Geburten mit dem Rückgang der Anzahl der Störche wohl nicht die Kausalität dieses Prozesses erklärt.)

Abschließende Diskussion

Direktor des Gymnasiums Hildburghausen, Heiko Rosenbaum moderierte. Es standen die Fragen des Umgangs mit Extremisten im Mittelpunkt. Debattiert wurde weiter über

  • viele regionale Punkte – Regionale Akteure äußerten sich zum Engagement der Bürger gegen Rechtsextremismus.
  • Zudem wurden schwerpunktmäßig in der Diskussion die Ursachen des gegenwärtigen Extremismus betrachtet.

Wesentliche lösungsorientierte Punkte zum Schutz der Demokratie wären:

  • Sicherung von Perspektiven und Arbeitsplatzchancen
  • der Abbau sozialen Härten
  • die Auflösung sozialer und beruflicher Strukturen
  • bessere Erziehung
  • Die Förderung von Politik mit friedlichen Mitteln und der Abbau von Politikverdrossenheit
  • Effektive Bekämpfung von Benachteiligungen und den damit verbundenen Gefühlen.
 

Posted in Friedenspädagogik

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