100 Tage Größenwahnsinn again

In der Geschichte der Menschheit haben immer wieder Führungspersönlichkeiten geglaubt, sie seien
- unfehlbar,
- auserwählt oder
- hätten ein historisches Schicksal zu erfüllen.
Die Auswirkungen dieses vulgo „Größenwahns“ reichen von
- gigantomanischen Bauprojekten über
- riskante politische Manöver
- bis hin zu verheerenden Kriegen.
Heute erleben wir erneut eine bald 100 Tage ein Ära, in der Größenwahnsinn einige politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger antreibt – mit unkalkulierbaren Folgen.
Größenwahn als politisches Phänomen
Viele der größten politischen Katastrophen wurden von Anführern verursacht, die sich selbst für unersetzlich hielten. Ein klassisches Beispiel ist Napoleon Bonaparte, der nach seinen frühen Erfolgen in Europa glaubte, auch Russland unterwerfen zu können – eine Fehleinschätzung, die ihn schließlich ins Exil führte. Adolf Hitler träumte von einem „Tausendjährigen Reich“ und führte Deutschland in einen Weltkrieg, der Millionen Menschenleben kostete. Joseph Stalin sah sich als unfehlbarer Führer und ließ Millionen unschuldiger Menschen in Säuberungsaktionen ermorden.
In der jüngeren Geschichte zeigen Autokraten wie Wladimir Putin ähnliche Muster: Der Glaube, dass sich die Geschichte nach ihrem Willen formen lässt, führt zu Kriegen, Unterdrückung der Opposition und internationaler Isolation. In Demokratien mag es schwieriger sein, sich absolute Macht zu sichern, aber auch hier gibt es Beispiele für politische Größenwahnsinnige: Richard Nixon hielt sich für unangreifbar, bis der Watergate-Skandal seine Präsidentschaft beendete. Donald Trump erklärte sich selbst zum einzigen Retter der USA und schürte Verschwörungstheorien, um seine Wahlniederlage 2020 nicht akzeptieren zu müssen.
Größenwahn in Wirtschaft & Wissenschaft
Der Größenwahn macht auch vor Wirtschaft und Wissenschaft nicht Halt. Multimilliardäre wie Elon Musk oder Jeff Bezos träumen von der Kolonisierung des Mars, während auf der Erde grundlegende Probleme wie Klimawandel oder Armut ungelöst bleiben. Unternehmen im Finanzsektor glaubten, sie könnten ewig wachsen – bis Bankenkrisen und Wirtschaftscrashs bewiesen, dass Gigantismus oft in den Abgrund führt. Auch die Wissenschaft ist nicht immun: Die Idee, Menschen genetisch zu „optimieren“ oder Unsterblichkeit durch Technologie zu erreichen, birgt ethische und soziale Gefahren.
Das Muster des Niedergangs
Die Geschichte zeigt, dass Größenwahn oft nach einem bestimmten Muster abläuft:
- Aufstieg: Ein charismatischer Führer verspricht eine große Vision und findet Anhänger.
- Machtfestigung: Kritiker werden mundtot gemacht, Opposition unterdrückt, Gegenstimmen ignoriert.
- Realitätsverlust: Entscheidungen werden zunehmend irrational, Warnungen missachtet.
- Niedergang: Wirtschaftliche, soziale oder militärische Katastrophen führen zum Sturz.
Ob Diktatoren gestürzt, Autokraten ins Exil gezwungen oder Populisten durch Wahlen abgesetzt werden – das Ende von Größenwahnsinn ist oft chaotisch. Die Leidtragenden sind fast immer die Bevölkerungen, die unter Fehlentscheidungen und politischen Experimenten leiden.
Wie lässt sich Größenwahn verhindern?
Damit die Welt nicht in die nächste Krise durch übersteigerte Selbstüberschätzung schlittert, braucht es Gegenmaßnahmen:
- Machtkontrolle: In Demokratien sind freie Medien, unabhängige Justiz und kritische Parlamente essenziell.
- Bildung & Aufklärung: Bürger müssen erkennen, wenn ein Anführer übertriebene Heilsversprechen macht.
- Internationale Zusammenarbeit: Globale Herausforderungen wie Klimawandel oder Abrüstung lassen sich nur kooperativ lösen.
Die Menschheit steht immer wieder vor der Wahl: Folgen wir den Größenwahnsinnigen oder setzen wir auf Vernunft, Demut und Kooperation? Die Geschichte zeigt, dass der Preis für blinden Gigantismus oft hoch ist – höchste Zeit, daraus zu lernen.
Größenwahn
Er ist keine eigenständige psychiatrische Diagnose, sondern ein Symptom, das in verschiedenen psychischen Störungen auftreten kann.
In der Psychiatrie wird Größenwahn meist als „Grandiostät“ oder „Größenideen“ bezeichnet. Es tritt häufig in folgenden Krankheitsbildern auf:
1. Wahnhafte Störungen & Schizophrenie
• Paranoide Schizophrenie: Betroffene glauben, eine göttliche Mission zu haben oder übermenschliche Fähigkeiten zu besitzen.
• Wahnhafte Störung (Paranoia): Kann sich in Größenwahn äußern, z. B. die Überzeugung, ein Auserwählter zu sein oder besondere Macht zu haben.
2. Bipolare Störung (Manische Phase)
• Während manischer Episoden überschätzen sich Betroffene massiv: Sie fühlen sich unbesiegbar, investieren irrational viel Geld oder glauben, geniale Erfindungen gemacht zu haben.
3. Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS)
• Betroffene haben ein übersteigertes Selbstbild und ein tiefes Bedürfnis nach Bewunderung. Sie glauben, einzigartig zu sein, neigen aber auch zu Wut, wenn ihr Selbstbild infrage gestellt wird.
4. Substanzinduzierte Psychosen (z. B. durch Kokain, Amphetamine)
• Drogen wie Kokain oder Methamphetamin können zu temporärem Größenwahn führen.
Fazit
Größenwahn ist also kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern ein Symptom, das in verschiedenen Störungen auftreten kann. In der Alltagssprache wird der Begriff oft übertrieben verwendet, um Machtstreben oder Egozentrik zu kritisieren, auch wenn keine klinische Diagnose vorliegt.
Soll ich auf einen bestimmten Aspekt näher eingehen?
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