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Friedensprojekt Europa in der Vertrauenskrise

Erstellt am 23.04.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 968 mal gelesen und am 23.04.2024 zuletzt geändert.
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EU-Militärausgaben stiegen 2023 um 48% – Die Parlamentarier fast aller Fraktionen genießen kaum Vertrauen, weil Transparenz und glaubwürdige Kontrollen fehlen. Die EU verkommt immer mehr zum Paradis für Großkonzerne und ihre Lobbyisten

Von 22. bis 25. April findet in Straßburg die letzte Abstimmungswoche des EU-Parlaments vor der anstehenden EU-Wahl statt. Dabei stehen mehrere Abstimmungen über wichtige Gesetze für den Umwelt- und Klimaschutz auf der Agenda.

GLOBAL 2000 appelliert an die Abgeordneten, sich für starken Umwelt-und Klimaschutz auszusprechen. Die Organisation warnt: “Wir stehen vor multiplen Krisen. Die Klimakrise schreitet weiter voran und die Auswirkungen werden immer stärker spürbar. Gleichzeitig stehen wir aber auch vor einer Biodiversitätskrise, durch die täglich neue Tier- und Pflanzenarten aussterben. Und nicht zuletzt stehen wir auch vor einer Ressourcenkrise, bedingt dadurch, dass große Teile vo Politik und Wirtschaft immer noch auf unendliches Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen pochen.” Einiges schrumpft ja in der EU:

  • Die Reallöhne
  • Die Bildungsausgaben
  • Die öffentlichen Gesundheitsausgaben
  • Die Freizügigkeit der Bürgerinnen

Unendliches Wachstum auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen gibt es 2023 vor allem bei der Rüstung, der Kapitalkonzentration und der Kontrolle der Bürger*innen

Neue Zahlen zu den Militärausgaben, die von SIPRI veröffentlicht und von Global Campaign on Military Spending (GCOMS) analysiert wurden, zeigen, dass der Militarismus weltweit rasant voranschreitetdemilitarize.org.

📈 Die weltweiten Militärausgaben stiegen real um 6,8 %, wobei die EU deutlich darüber hinausging.

Der Spiegel verkündete 2019

„Bescheiden klang es nicht gerade, was die EU-Kommission im Sommer verkündete: Die „strategische Autonomie“ der EU soll gestärkt werden, ebenso ihre Fähigkeit, „die Europäer zu schützen und zu verteidigen“. Und ganz nebenbei soll die Union auch mehr Gewicht auf der internationalen Bühne erhalten.

Gelingen soll das mit dem Europäischen Verteidigungsfonds – doch der hat ein Problem: Er ist illegal. Das zumindest besagt ein Rechtsgutachten, das dem SPIEGEL vorliegt.“

Wie ist das möglich?

Die Macht der Politik wird doch sicher genau kontrolliert. Mit Ausnahme von Katar oder Lobbyveranstaltungen vielleicht. Jetzt 2024 muss man genau angeben welche private Interessen angeben. Das wird aber nicht kontrolliert. Ich Wien würde man fragen, wie das Travnicek?

Im Juni 2019 habe die EU-Kommission den Entwurf einer Verordnung  für die Einrichtung des EVF vorgestellt. 13 Milliarden Euro sollten demnach in den Jahren 2021 bis 2027 Europäischen Verteidigungsfonds(EVF)-Topf fließen. Unter unter anderem sollen für Forschungsprojekte und die Entwicklung neuer Waffensysteme, wie

  • die Euro-Drohne,
  • ein Kampfjet der nächsten Generation oder
  • ein deutsch-französischer Kampfpanzer.

Im November 2019 stimmten die EU-Mitgliedsländer dem Vorhaben „in seiner allgemeinen Ausrichtung“ weitgehend zu .

Doch der Fonds kranke nicht nur daran, dass es bisher wenige konkrete Projekte gibt, die er finanzieren könne. Es drohte auch juristischer Ärger:

Laut einem Gutachten, das der Bremer Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano im Auftrag der Linksfraktion im EU-Parlament verfasst hat, verstößt der Verteidigungsfonds gegen EU-Recht.

der spiegel 2019

„Militarisierung der EU auf den Trümmern des Rechts“, der Spiegel

Denn der Lissaboner EU-Vertrag verbot eigentlich die Finanzierung militärischer oder verteidigungspolitischer Projekte aus dem Gemeinschaftshaushalt. Die Kommission versuchte aber das Problem zu umgehen, indem sie Industrie- und Forschungsförderung als Hauptziele des Fonds auszugeben versucht, so Fischer-Lescano. Doch dessen Hauptziel sei eindeutig, „die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern“.

In der Verordnung für den Fonds heißt es zwar, dass man „Schlüsseltechnologien in kritischen Bereichen“ entwickeln müsse, um sich „die Technologieführerschaft zu sichern“. Als Grund für diese Maßnahmen nannte die Kommission allerdings einen klaren Zweck:

„Die EU muss ihre strategische Autonomie verbessern, wenn sie für die Bedrohungen von morgen gewappnet sein und ihre Bürgerinnen und Bürger schützen will.“

EU-Kommission

Schon diese Formulierung spreche Bände, so Fischer-Lescano. Er sah darin den Versuch der „Militarisierung der EU auf den Trümmern des Rechts“. Die Kommission versuche, die Hauptzwecke des Verteidigungsfonds um zu deklarieren. Sie „verwischt dabei die Spuren aber nicht sorgfältig genug“.

Man habe es mit dem Versuch eines „offenen Rechtsbruchs“ zu tun. Auch der Göttinger EU-Rechtler Alexander Thiele sah in dem Kommissionsvorschlag einen „qualifizierten Verstoß“ gegen europäisches Recht.

Vor Gericht drohte dem Fonds das Ende

Einig waren sich die beiden Juristen auch darin, dass das Verteidigungsfonds-Konstrukt spätestens vor dem Europäischen Gerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht zusammenbrechen könnte. Und das nicht nur, weil Militärprojekte nicht aus dem EU-Haushalt finanziert werden dürfen. Die Kommission greife mit ihrer Verordnung auch auf unzulässige Art in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten ein, darunter die Mitspracherechte des deutschen Bundestages oder des Österreichischen Parlaments.

Bei der Brüsseler Behörde sah man das freilich anders. Die Verordnung sei von den zuständigen Rechtsdiensten geprüft und für rechtskonform befunden worden, hies es.

Deutsche Konservative unterstützen den Verteidigungsfonds

Mit ihm werde eine „längst fällige Stärkung der europäischen Verteidigungskapazitäten eingeleitet“, meint die CSU-Politikerin Angelika Niebler.

Man sei es den Steuerzahlern schuldig, „unnötige Mehrfachausgaben zu vermeiden, kostengünstiger zu wirtschaften und gemeinsame Projekte, etwa im Drohnen-Bereich, auf den Weg zu bringen“.

Die Linkspartei sah sich dagegen in ihrer Kritik am Verteidigungsfonds bestätigt. „Das Gutachten belegt eindeutig, was wir schon seit Langem anprangern“, sagt die Linken-Europaabgeordnete Sabine Lösing.

„Artikel 41 des EU-Vertrags untersagt die Finanzierung von Verteidigung und Militär und damit auch Rüstungsprogramme.“

Sabine Lösing

Die Kommission wendet den Passus jedoch willkürlich an. Manche Projekte werden unter Verweis darauf mit Geldern außerhalb des EU-Haushalts bezahlt.

„Wenn mit Steuergeldern aber zukünftig Rüstungskonzerne bei der Entwicklung von Killer-Robotern und bewaffneten Drohnen massiv subventioniert werden sollen, dann wird der EU- Vertrag zur Kann-Bestimmung degradiert“

Lösing 2019

Die Linkspartei wollte daher gegen den Verteidigungsfonds vor Gericht ziehen.

Lobbyismus in der EU

Bericht über Rüstungslobby in Europa

Die Dutch Campaign against Arms Trade und das Transnational Institute haben ja bereits 2005 eine Studie zur Rüstungslobby in der EU veröffentlicht:

„The emerging EU Military Industrial Complex. Arms industry lobbying in Brussels“.

Die Studie analysierte die neue EU-Verfassung und die Schaffung der European Defence Agency (EDA), das Agieren der Rüstungslobby in […] so Ulrich Müller am 5. Juli 2005.

Die Dutch Campaign against Arms Trade und das Transnational Institute

Sie haben eine Studie zur Rüstungslobby in der EU veröffentlicht: „The emerging EU Military Industrial Complex. Arms industry lobbying in Brussels“ (auch als pdf, 340 KB). Die Studie analysierte

  • die neue EU-Verfassung und
  • die Schaffung der European Defence Agency (EDA),
  • das Agieren der Rüstungslobby in Brüssel und
  • die Gefahr, dass die europäische Rüstungsexport-Politik aufgeweicht wird.

Sie kritisierte zudem das Fehlen eines transparenten und offenen Politikprozesses in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU.

2023: Die Stunde der Rüstungs- und Kriegslobbyisten – Telepolis

Der Bericht 2005 ging auf Lobbying über klassische Verbände ein, besonders

Wie die Kommission die EU auf Kriegswirtschaft umstellen will

„Die Kommission will Europas Rüstungsindustrie massiv stärken – und den Staaten nach SPIEGEL-Informationen verordnen, mehr bei EU-Firmen einzukaufen. In den Mitgliedsländern ist man irritiert.“

Markus Becker, Der Spiegel, Brüssel, 04.03.2024

Die oben genannten Gruppen wirkten direkt an der Entwicklung der EU-Politik mit und verschaffen der Rüstungslobby so großen Einfluss, dass man seit der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 gemeinsam mit der NATO immer mehr eskalieren kann.

Organisationen, die zu Menschenrechten oder Friedensforschung arbeiten, sucht man in diesen Kreisen bis heute vergeblich. Allerdings sind immer einzelne Europa-Abgeordnete vertreten. Ein ehemaliges Mitglied der Group of Personalities beschrieb dies als Standardtaktik, um mögliche Widerstände im EU-Parlament von vornherein zu neutralisieren.

 

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