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Großbritanniens geheime Rolle in Srebrenica

Erstellt am 06.02.2024 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 1356 mal gelesen und am 06.02.2024 zuletzt geändert.

Kit Klarenberg ein investigativer Journalist ging 27. DEZEMBER 2023 im Sommer neu veröffentlichen Akten zu Srebrenica nach, welche bisher wenig beachtet wurden. Sein Spezialgebiet ist die Rolle von Geheimdiensten bei der Gestaltung von Politik und Wahrnehmung. Der Titel seiner in englischer Sprache publizierten Story lautete:

Massengräber, ernste Fragen: Großbritanniens geheime Rolle in Srebrenica

Weithin ignorierte offizielle Berichte und nie zuvor freigegebene Akten deuten darauf hin, dass undurchsichtige britische Spezialkräfte eine entscheidende Rolle bei einem der berüchtigtsten und umstrittensten Massaker des 20. Jahrhunderts gespielt haben.

Kit Klarenberg

Im Juli 2023 hätten nur wenige Medienbeobachter Notiz davon genommen, als die einflussreiche britische Geheimdienstmitarbeiterin und spätere Gesetzgeberin Alicia Kearns wieder einen öffentlichen Aufruf zu westlichen Truppen im ehemaligen Jugoslawien ausrief.

In ihrer Rede vor einer vollbesetzten Sitzung des Unterhauses äußerte der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Kearns, laut Klarenberg den alarmierenden Aufruf :

„Ich… fordere die Regierung dringend auf: Lassen Sie uns der EUFOR wieder beitreten, lassen Sie uns NATO-Friedenstruppen in den Distrikt Brčko entsenden, lassen Sie uns zu einer von der NATO geführten Friedenssicherung übergehen.“ … Mission in Bosnien und Herzegowina.“

Hetzerische Kommentare seien während einer Parlamentsdebatte

Sie seien anlässlich der Srebrenica-Gedenkwoche, die an das Massaker an muslimischen Männern und Jungen in Srebrenica durch die Armee der Republika Srpska (VRS) im Juli 1995 erinnerte.

Was rund um den Juli 1995 in Srebrenica geschah?

In der Folge wurden dort – das gilt als weithin unbestritten – schwere Verbrechen begangen, von denen laut Klarenber viele bis heute ungesühnt blieben. Doch drei Jahrzehnte später seien die Einzelheiten darüber, was in diesem schicksalhaften Monat geschah?

  • Die Gesamtzahl der getöteten Menschen und
  • die genaue Art ihres Todes seien noch immer ungewiss
  • unter Rechtsgelehrten bleibe die Frage umstritten, ob es sich bei dem Schrecken um einen Völkermord handelte

so Klarenberg. 

Srebrenica als Vorwand für illegale westliche Militärinterventionen

Trotzen haben sich, laut Klarenberg, westliche Führer häufig auf Srebrenica berufen, um illegale Militärinterventionen zu rechtfertigen. Was wiederum Russland aufgriff um seinerseits mit ähnlichen Argumenten geheim und offen militärisch zu intervenieren.

Bombenangriffe auf „problematische Länder im globalen Süden“ werden seither häufig als ebenso gerechtfertigte Taten dargestellt. Dabei gehe es darum „ein weiteres Srebrenica“ zu verhindern. Für die laut Klarenberg „notorisch aggressive USAID-Administratorin Samantha Power wurde dieses Ziel zum Grundstein einer heimtückischen Art von liberalen Interventionismus“. Die USAID steht für U.S. Agency for International Development. Diese oft als Büchse der Pandora bezeichnete Schutzverantwortung oder „Responsibility to Protect“ wurde 2005, noch in der Ära Gorge W. Busch, am Weltgipfel in New York beschlossen. 

Ausbeutung von Srebrenica zur Rechtfertigung weiterer Militärinterventionen

Aber die Ausbeutung von Srebrenica zur Rechtfertigung weiterer Kriegsführung beschränke sich nicht nur auf US-Regierungen, so Klarenberg. Britische Beamte seien besonders eifrige Befürworter dieses Arguments. Wobei die oben zitierte Geheimdienstmitarbeiterin und spätere Parlamentarierin Alicia Kearns nur das jüngste Beispiel liefere. Heute sei Großbritannien neben Bosnien und Herzegowina das einzige Land, das offiziell an die Morde als Völkermord erinnere. Seit Ende der 1990er Jahre sei London auch die Heimat vieler NGOs, welche die Behauptung vertreten, Srebrenica sei ein Akt des Völkermords gewesen.

Doch trotz der Erinnerung an die tragischen Ereignisse vom Juli 1995 durch britische Journalisten, Experten und Politiker bliebe die damalige Präsenz des britischen Special Air Service (SAS) in der Region ein

  • „hartnäckiges“
  • „offenes“
  • „unerforschtes“

Geheimnis, so Klarenberg.

Von The Grayzone geprüfte, freigegebene Akten des britischen Verteidigungsministeriums werfen beunruhigende Fragen über die geheime Rolle Londons in Srebrenica auf, etwa wie und warum der MI6 von einem bevorstehenden Angriff auf die Enklave wusste, bevor die VRS ihn überhaupt geplant hatte. Auch heute noch fordern britische Staatsbürger und Einwohner Bosniens Antworten. 

Klarenberg, 27.12.2023

Bereits im Juni 1995 habe der Secret Intelligence Service (SIS) Informationen davon gewusst, dass „die Serben“ Srebrenica angreifen wollen. Diese Berichte wurden auch mit den niederländischen Streitkräften geteilt, welche Srebrenica zu dieser Zeit unter Kontrolle hatten.

Aus freigegebenen Akten des britischen Verteidigungsministeriums, aus denen hervorgeht, dass London die Anschläge von Srebrenica im Voraus wusste

Spezialeinheit der British Army (SAS) in Bosnien „könnte zum Dritten Weltkrieg führen“

Special Air Service (SAS) ist eine Spezialeinheit der British Army, die 1941 während des Zweiten Weltkriegs von dem schottischen Lieutenant Colonel David Stirling aufgestellt wurde. Der SAS operiert seither weltweit und ist in Credenhill in der Nähe von Hereford stationiert.

Niederländischer Premier tritt nach Srebrenica Untersuchung zurück

Sieben Jahre später, 2002, veröffentlichte die niederländische Regierung ihre offizielle Untersuchung über das Versagen ihrer Friedenstruppe beim Schutz von Srebrenica. Sie wurde vom Niederländischen Institut für Kriegsdokumentation (NIOD) zusammengestellt. Sechs Tage nach Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Untersuchung trat der niederländische sozialdemokratische Premierminister Wim Kok zurück. Er war seit 1992 im Amt. Die Niederlande übernahmen schließlich eine teilweise politische Verantwortung für das Massaker, nachdem der Oberste Gerichtshof des Landes erklärte, dass die niederländische Regierung 10 % der Verantwortung für den Vorfall trage.

Hinweise auf eine geheim operierenden britische Einheit in Srebrenica

Überall im Bericht befänden sich bemerkenswerte Passagen, die sich auf die Präsenz einer „geheim operierenden britischen Einheit“ in Srebrenica beziehen. Das im Dutchbat-Hauptquartier stationierte Personal der britischen Spezialeinheiten wurde als „Joint Commission Observers“ (JCOs) beschrieben, aber der Bericht des Kriegsdokumentationsinstiut (NIOD) stellte fest, dass es sich „in Wirklichkeit um Einheiten der Special Air Services (SAS) und des Special Boat Service (SBS) handelte“. Es führte „Aufklärungsmissionen“ und „Sonderaufträge“ im Auftrag von General Michael Rose durch, der während des Krieges die britische UN-Friedenstruppe in Bosnien leitete, so Klarenberg.

Schlechtes Verhältnis der britischen Agenten zu Dutchbat

Das Verhältnis der britischen Agenten zu Dutchbat sei „nicht gut“, kam das NIOD zu dem Schluss. Dutchbat hatte offenbar kaum Kenntnis von den Aktivitäten der JCOs, deren Operationen in Srebrenica so geheim waren, dass selbst das niederländische Verteidigungskrisenmanagementzentrum, das die Operationen des Landes in Bosnien überwachte, „nichts von der Präsenz der JCOs in der Enklave wusste.“ … .“ Doch die Niederländer vermuteten, dass die Hauptaufgabe der britischen JCOs darin bestand, sie auszuspionieren, so Klarenberg. „Das Hauptziel der JCOs in Srebrenica bestand darin, Informationen über Dutchbat zu sammeln und herauszufinden, ob zwischen niederländischen Truppen und muslimischen Streitkräften etwas Illegales geschah“, heiße es in dem Bericht des niederländischen Instituts.

Britische Agenten in Region Srebrenica 1995 unkontrollierbar durch Friedenstruppen

Die Spezialluft-Dienstleister vulgo die SAS-Agenten waren in Gebieten von Srebrenica stationiert, die von skandinavischen Friedenstruppen überwacht wurden. Die Friedenstruppen waren aber nicht befugt, ihren britischen Kollegen Befehle zu erteilen. Auch über die Art der Aktivitäten des JOC seien die Skandinavier im Unklaren gelassen worden. Sie durften die Standorte ihrer Bewegungen erst nach Verhandlungen erfahren. Der norwegische Oberst, der das Bataillon befehligte, sagte, dass die britischen Elitesoldaten ungestraft „hin und her“ durch Ostbosnien gezogen seien und „gelegentlich in Scharmützel verwickelt“ gewesen seien, so das NIOD laut Klarenberg.

Britische Aufträge der Regierung Major gingen 1995 weit über Informationsbeschaffung hinaus

Während Einzelheiten zu spezifischen SAS-Operationen spärlich seien, mache eines der wenigen konkreten Beispiele für JCO-Aktivitäten, die von niederländischen Ermittlern angeführt werden, deutlich, dass ihr bosnischer Auftrag weit über die reine Informationsbeschaffung hinausging. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, so die Autoren des Berichts, gab es einen „speziellen SAS-Einsatz mit Krankenwagen, die Kommunikationsgeräte anstelle von Tragen transportierten“.

James Bond unter Verletzung der Genfer Konvention im Krankenwagen unterwegs

„Diese ‚Krankenwagen‘ wurden Bosnien von [britischen Gesundheitsbehörden] aus humanitären Gründen gespendet, tauchten aber oft plötzlich an den überraschendsten Orten auf“, heiße es in dem Bericht.

Jubeldoku auf die britischen Streitkräfte für Spezialoperationen

Nach den Genfer Konventionen von 1949 sei der Einsatz von Fahrzeugen mit medizinischen Markierungen für militärische Zwecke ein Kriegsverbrechen. Eine solche Täuschung sei aber für den Special Air Service (SAS) selbstverständlich, so Klarenberg. Der Name SAS selbst sei ja wie oben bereits erwähnt ein direktes Ergebnis eines Plans aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Achsenmächte (Berlin-Rom) sollten damals getäuscht werden und glauben, das Vereinigte Königreich verfüge in der Region über ein vollständiges Fallschirm-Jägerregiment. Es gäbe, laut Klarenberg, wenig Anhaltspunkte dafür, dass sich die Militärtruppe seitdem wesentlich verändert habe. Im Jahr 2015 tauchten Berichte über zunehmende Razzien der SAS in vom IS besetzten Gebieten im Irak und in Syrien auf, bei denen sie als Kämpfer der Gruppe getarnt waren.

Britisches SAS Counter Revolutionary Warfare Wing

Zwei Jahre später wurden angeblich bewaffnete Mitglieder des SAS Counter Revolutionary Warfare Wing auf britischen Straßen stationiert. Sie hätten sich als Straßenkehrer und Landstreicher ausgegeben, angeblich um Terroranschläge abzuwenden. Während der Besetzung Afghanistans durch die NATO richteten SAS-Todesschwadronen routinemäßig unschuldige, unbewaffnete Zivilisten hin und fälschten anschließend Beweise, um ihre Opfer fälschlicherweise als bewaffnete Aufständische zu verurteilen.

Bosnien 1995

In Bosnien hatten Mitglieder von Dutchbat laut einem anonymen Zeugen der niederländischen Friedenstruppen, der von NIOD konsultiert wurde, „Angst vor den Briten und davor, dass sie den Dritten Weltkrieg auslösen könnten“. Wenn es den JCOs ausschließlich um das Sammeln von Informationen ging, scheine dies eine ziemlich eigenartige Einschätzung zu sein, so Klarenberg.

Britische SAS-Truppen in Bosnien, Mitte der 1990er Jahre, gekleidet in UN-Friedenstruppenuniformen

Britische SAS gab vor, Luftangriffe anzuordnen

Als Srebrenica am 11. Juli in die Hand der serbischen Truppen fiel, erschienen laut NIOD -Bericht zwei JCOs am ​​frühen Morgen im örtlichen Hauptquartier des UN-Militärbeobachters. Sie behaupteten gegenüber dem Hauptquartier, ein „Flugzeug-Kontaktteam“ zu sein, dessen Aufgabe es sei, Standorte für NATO-Luftangriffe zu identifizieren. Dies solle die Serbische VRS daran hindern das Gebiet zu erobern. Ein Verbindungsmann der muslimischen Armee führte die vorgeblichen NATO-Mitarbeiter die mutmaßliche britische Agenten der waren ordnungsgemäß zu einem Aussichtspunkt auf einem Hügel. Er bot eine klare Sicht auf Srebrenica, laut „Flugzeug-Kontaktteam“: was einen „hervorragenden Kontakt mit dem Flugzeug“ gewährleisten würde.

Der Verbindungsmann der niederländischen NIOD

Er sei mit den britischen JCOs (Joint Commission Observers) während dieser Zeit „in ständigem Kontakt mit jemandem gestanden“ hätten. Ungefähr eine halbe Stunde nach ihrer Ankunft auf dem Hügel sahen sie aus unklaren Gründen „deutliche Erleichterung in den Gesichtern der Briten“. Berichten zufolge behaupteten die SAS-Männer dann, sie könnten doch keine Luftangriffe einsetzen, da die Batterien ihrer Satellitentelefone leer seien.

Als ihre Stellung unter VRS-Beschuss geriet, suchten die JCOs in nahegelegenen Schützengräben Schutz. Diese waren von muslimischen Soldaten besetzt waren, „die keine Ahnung hatten, was sie dort taten“. Dem Bericht zufolge fühlten sich die Briten dennoch „sicher und entspannt“. Sie legten im Inneren ihre Helme und Schutzwesten ab. Kurioserweise erinnert sich ihr Verbindungsmann, dass sie „vorgaben [Hervorhebung hinzugefügt], Funkkontakt herzustellen, aber sitzen blieben und offenbar keine weiteren Maßnahmen planten.“

Welche Motive könnte das seltsame Verhalten der Briten rund um Srebrenica gehabt haben

Die Briten hatten in den Wochen zuvor reichlich Grund zu der Annahme, dass ein Angriff auf Srebrenica bevorstehe. Wie der niederländische NIOD-Bericht hervorhebt, trafen sich muslimische Vertreter am 8. Juni 1995 mit den JCOs und legten „detaillierte Pläne für einen bevorstehenden Angriff“ auf die Enklave vor. Allerdings „hat dies nicht dazu geführt, dass Alarm geschlagen wurde“ – angeblich aufgrund der Häufigkeit, mit der in den letzten drei Jahren unbegründete Gerüchte über eine bevorstehende VRS-Invasion in Srebrenica kursierten.

Die Niederländer misstrauten den Briten

Im NIOD-Bericht heißt es, dass auch die JCOs einen „bevorstehenden Angriff“ bezweifelten, da sie „keine bestätigenden Beweise für den Plan erhielten“. Niederländische Beamte argumentieren, dies sei ein Hinweis darauf, dass „die britischen Geheimdienste von keinen derartigen Plänen wussten“. Da die JCOs diese Informationen jedoch für angemessen bedeutsam hielten, informierten sie die Führung von Dutchbat. Darüber hinaus deuten inzwischen freigegebene Akten des britischen Verteidigungsministeriums,  die von The Grayzone überprüft worden seien, darauf hin, dass der Geheimdienst MI6 damals glaubte, „die Serben würden Srebrenica angreifen“.

Dabei handelte es sich „nicht um dieselben Informationen, die die Muslime den JCOs übermittelt hatten“. Aus den freigegebenen Akten geht hervor, dass der MI6 seine Geheimdienstinformationen mit Amsterdam geteilt hat, und das NIOD hat ordnungsgemäß um Erlaubnis gebeten habe, dies in seinem Srebrenica-Bericht zu zitieren.

Aber London lehnte ab und verwies auf angebliche Bedenken hinsichtlich des Quellenschutzes und der Verhinderung der Verwendung seines „Materials“ in „öffentlichen/gerichtlichen Verfahren außerhalb des Vereinigten Königreichs“.

Klarenberg

Dieselben Dokumente warnten, dass britische Beamte, die im Rahmen einer damals laufenden UN-Untersuchung in Srebrenica aussagten, über ihr Wissen Stillschweigen bewahren müssten. „Wenn sie nach der Existenz von Geheimdienstinformationen zu den Ereignissen in Srebrenica gefragt werden, sollten sie einfach antworten, dass sie nicht befugt sind, solche Angelegenheiten zu diskutieren“, heiße es in den Akten.

Srebrenica darf fallen?

Auf der Grundlage

  • unzähliger Stunden Zeugenaussagen und
  • unzähliger Primärbeweise

kamen die Ermittler des von der NATO geschaffenen und finanzierten Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) zu dem Schluss, dass die Planung für den Angriff von Srebrenica erst am 30. Juni begann – eine Woche vor seiner Ausführung.

Dies werfe laut Klaren die offensichtliche Fragen auf

  • woher der MI6 und die muslimischen Streitkräfte Anfang bereits Anfang Juni unabhängig voneinander wussten, dass ein Angriff bevorstand, und
  • was sie genau voraussahen?

Nach Angaben des des Jugoslavientribunals (ICTY) habe die Serbische Armee (VRS) ursprünglich vor gehabt, muslimische Militäreinheiten, die rund um Srebrenica operierten, einfach zu vertreiben und sie dann einzukreisen. Dies sollte weitere Angriffe auf bosnisch-serbisches Territorium verhindern. Es sei angeblich nicht in Frage gekommen, die Enklave Srebrenica selbst anzugreifen.

Da nur 2.000 serbische VRS-Truppen an der Operation beteiligt waren und schätzungsweise 6.000 bosnisch-muslimische Soldaten in und um Srebrenica auf sie warteten, war nicht damit zu rechnen, dass es ein einfacher Sieg werden würde. Die Entscheidung, die Enklave zu überrennen, sei entweder am 9. oder 10. Juli getroffen worden. Erst nachdem die VRS unterwegs praktisch keinen Widerstand erlebt hatte.

In einem Memo des britischen Verteidigungsministeriums vom 11. Juli heißt es, dass „der jüngste Angriff der BSA (bosnisch-serbische Armee) auf Srebrenica durch ständige [muslimische] Angriffe auf die BSA-Versorgungsroute im Süden der Enklave in den letzten drei Monaten ausgelöst wurde.“

„Die BSA-Aktion ist eine direkte Reaktion auf den [muslimischen] Druck auf eine Kommunikationslinie der BSA, und die BSA reagierte, indem sie [die Muslime] nach Srebrenica zurückdrängte … Die Serben stellten fest, dass es wenig Widerstand gab, so dass sie ihre Ausbeutung weiter vorantreiben konnten als ursprünglich.“ Zielsetzung.“

Erstaunlicher Mangel an muslimischem Widerstand

Dieser Mangel an Widerstand hat Dutchbat offenbar fassungslos gemacht. Am 6. Juli teilten sie den muslimischen Streitkräften mit, dass sie ihnen im Falle eines Einmarsches der VRS in Srebrenica den Inhalt einer UN-Waffensammelstelle in der Gegend übergeben würden, die ein beträchtliches Arsenal, darunter auch schwere Waffen, enthielt. Doch als die VRS eintraf, „nutzten die Muslime diese Gelegenheit nicht“, heißt es in einer Nachbesprechung von Dutchbat.

„Die militärischen Vorteile scheinen darin zu liegen, dass die Verteidiger zumindest etwas länger durchgehalten haben und der [VRS] größere Verluste zugefügt haben als angenommen“, kam ein separater Bericht des UN-Militärbeobachters zu dem Schluss. Allerdings „scheint die [muslimische] Führung tatsächlich gegen ihre eigenen Interessen gehandelt zu haben, um eine erfolgreiche Verteidigung durchzuführen, mit wenig Koordination … und ohne Versuch, die schweren Waffen der Vereinten Nationen zu beschlagnahmen.“

Geheimvereinbarung für NATO-Luftangriffe im Mai 1995 – 2 Monate vor Srebrenica das vorgeblich der Grund dafür war

Dutchbat wurde ermächtigt, NATO-Luftangriffe anzuordnen, was sie mit zunehmender Dringlichkeit taten, als die VRS Srebrenica überwältigte. Doch die Intervention wurde von der Allianz erst am späten 11. Juli genehmigt, als die vollständige Eroberung der Enklave abgeschlossen war. Geoffrey Nice, ein umstrittener britischer Anwalt , der mehrere Anklagen vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) leitete, hat eine geheime Vereinbarung aus dem Mai 1995 zwischen Großbritannien, Frankreich und den USA aufgedeckt, wonach es keine Bombenangriffe zur Verteidigung des Gebiets geben würde.

Geheime britische SAS-Operationen während des Massakers

Diese Vereinbarung könnte auch das bizarre Verhalten der britischen JCOs während des Falls von Srebrenica erklären. Offensichtlich erwarteten die muslimischen Streitkräfte vor Ort NATO-Luftangriffe sobald die serbische VRS eintraf. Die Briten hätten ihnen offenbar reichlich Grund zu der Annahme geliefert, dass diese Luftschläge gegen die Serben bevorstehen würden. Die falschen britischen Versprechungen könnten also der wahre Grund für den mangelnden Widerstand der Muslime gegen serbische VRS-Einfälle sein.

Wurden Beweise für Kriegsverbrechen von den Niederländern bestellt und von den Briten geliefert?

Nachdem die serbische VRS die volle Kontrolle über Srebrenica erlangt hatte, evakuierten sie muslimische Frauen und Kinder und trieben gleichzeitig Männer im wehrfähigen Alter zusammen, obwohl einige ihrer Gefangenen erheblich jünger und älter waren. Der Grund dafür sei laut serbischer Darstellung gewesen Personen zu identifizieren, die für Angriffe auf serbische Gebiete verantwortlich waren. Die niederländische KriegsdokumentationsstelleNIOD berichtete zu diesem Zeitpunkt, dass ein hochrangiger niederländischer Militärbeamter „verschiedene Versuche unternommen“ habe, Behauptungen über „Kriegsverbrechen“ in der Enklave zu überprüfen, einschließlich der Anweisung an „jemanden“, die JCOs zu fragen, ob sie entsprechende Beweise gefunden hätten.

Die britischen SAS-Mitarbeiter berichteten angeblich nur sehr wenig – trotz regelmäßiger längerer Abwesenheit vom Hauptquartier von Dutchbat – während und nach der VRS-Eroberung von Srebrenica. NIOD stellte fest, dass „kurz nach dem Fall“ der Enklave ein Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen und sein Dolmetscher miterlebten, wie einer der britischen Soldaten spät in der Nacht zum Stützpunkt zurückkehrte, „völlig im Schlamm durchnässt“, als wäre er nur gekrochen .’“

Verdächtige Aktivitäten der britischen Spezialkräfte

Solche Aktivitäten erscheinen umso verdächtiger, als die JCOs am ​​11. oder 12. Juli offenbar „vorsichtshalber ihre spezielle Kommunikationsausrüstung zerstörten“. Dies führte Berichten zufolge zu einer „Unterbrechung der Kommunikation“ zwischen ihnen und dem neugierigen niederländischen Militärbeamten für einige Zeit danach – genau zu dem Zeitpunkt, als das Massaker an der männlichen Bevölkerung von Srebrenica angeblich begann.

Da die britischen Behörden NIOD untersagten, mit den SAS-Mitarbeitern zu sprechen, liegen keine Informationen über ihre Aktivitäten in diesem Zeitraum vor und auch darüber, ob und wie sie möglicherweise Befehle erhalten haben. Ein anderer niederländischer Militärbeamter, der versuchte, die SAS-Agenten über die britische diplomatische Vertretung in Den Haag aufzuspüren, wurde abgewiesen. Sie vermuteten, dass dies auf „der politischen Sensibilität der Präsenz der Briten in Srebrenica zum Zeitpunkt des Falls“ zurückzuführen war.

Drei überraschende britische Auszeichnungen für die Spezialkräfte die nicht in das Massaker von Srebrenica eingriffen.

Die niederländische NIOD erfuhr, dass drei der JCOs für ihren Dienst in Srebrenica, was auch immer das war, mit britischen Militärauszeichnungen ausgezeichnet wurden. Von ihrem Standpunkt am 11. Juli aus konnte die SAS die Situation vor Ort genau überwachen und ihre Kontrolleure benachrichtigen, wenn die Übernahme der Enklave abgeschlossen war.

War es ihre eigentliche Mission, dafür zu sorgen, dass dies zustande kam?

Fühlten sie sich an diesem düsteren Morgen „erleichtert“, weil sie die Bestätigung erhielten, dass die von Dutchbat angeordneten Luftangriffe nicht stattfinden würden, bis es zu spät war?

Kit Klarenberg 27.12.2023

War eine Srebrenica-NATO-Falle?

Als Srebrenica im April 1993 von den Vereinten Nationen zur „Sicherheitszone“ erklärt wurde , warnte die muslimische Führung, dass die Bevölkerung „vom Aussterben bedroht“ sei und dass „Tausende Frauen, Kinder und ältere Menschen“ massakriert würden, wenn die VRS die Enklave besetzen würde. Merkwürdigerweise blockierten jedoch sowohl die Regierung in Sarajevo als auch die örtlichen muslimischen Streitkräfte wiederholt Versuche der UN, das Gebiet zu evakuieren, so Klarenberg.

April 1993 bewaffnete muslimische Kämpfer umzingeln einen riesigen UN-Konvoi, der Tausende Einwohner von Srebrenica in Sicherheit bringen sollte

April 1993, in diesem Monat umzingelten laut New York Times bewaffnete Kämpfer einen riesigen UN-Konvoi. Er sollte Tausende Einwohner von Srebrenica in Sicherheit bringen. Sie veranlassten den muslimischen Kommandanten Naser Oric den Konvoi abzuweisen. Oric behauptete, die Rettung könne nicht genehmigt werden, da sie zur Besetzung der Enklave durch die serbische VRS führen würde.

Das Massaker von Sarajevo aus der Perspektive des französischen Generals Philippe Morillon

Morillon war 1992/93 der Kommandant der UN-Friedenstruppen in Bosnien. Er sah für das denkwürdige Verhalten der muslimisch-bosnischen Truppen rund um Srebrenice eine ganz andere Begründung. Morillon behauptete, der vom Westen unterstützte bosnische Präsident Sarajevos, Alija Izetbegovic, habe die Evakuierungsbemühungen der UN-Friedenstruppen sabotiert, da er „nicht in der Lage sei, eine Schlacht strategisch zu gewinnen“:

„Das Ziel der bosnischen Präsidentschaft bestand von Anfang an darin, die Intervention internationaler Streitkräfte zu ihrem eigenen Vorteil sicherzustellen … Dies ist einer der Gründe, warum sie nie geneigt waren, sich auf Gespräche einzulassen.“

Morillon sagte, er habe 1993 vorausgesehen, dass in Srebrenica „etwas Schreckliches“ geschehen würde, weil Oric die Enklave für Angriffe auf bosnisch-serbisches Territorium genutzt habe. Orics Militante griffen häufig unverteidigte Dörfer an und machten keine Gefangenen, auch nicht an religiösen Feiertagen. Sie hatten den furchteinflößenden Ruf, ihre Opfer zu foltern, zu verstümmeln und brutal zu ermorden. Obwohl er westlichen Journalisten laut Washington Post freudig Videoaufnahmen dieser markerschütternden Arbeit vorführte , sei er nie für seine Verbrechen strafrechtlich verfolgt oder bestraft worden.

Srebrenica als von Oric angestoßener höllischer Kreislauf der Gewalt

Diese Taktiken hätten bosnische Muslime und Serben in einen „höllischen“ Kreislauf der Gewalt gestürzt, argumentierte Morillon. Das heiße, als die serbische VRS Srebrenica überrannte, „wollten sie sich für alles rächen, was sie Naser Oric zuschrieben.“ In den Wochen vor dem Angriff schlüpften Orics Truppen an UN-Friedenstruppen vorbei und griffen mehrfach bosnisch-serbische Zivilgebiete in der Nähe der Enklave an. Sie zerstörten Häuser, stahlen Vieh, töteten Bewohner und machten Überlebende obdachlos.

Die naheliegende Vermutung, dass solche Aktionen unweigerlich zu brutalen Vergeltungsmaßnahmen führen würden, könnte der Grund dafür sein, dass die muslimische Armee Dutchbat vor einem bevorstehenden Angriff auf Srebrenica warnte. Laut dem französischen General der UNO-Truppe Morillon war das „angebliche Massaker“ genau das, was die westlichen Streitkräfte und die muslimische Führung wollten. Natürlich auch Frankreich dem Sozialisten Mitterand bis 1995 und ab Mai 1995 dem Atombombentester Chirac seine Interessen verfolgte. Der Roman Roter Glamour von Dominique Manotti lässt gibt spannende und aufschlussreiche Einblicke in die französchische Staaträson jener Jahre.

Der General sah Sarajevo als Falle die USA unter Clinton den Serben stellen

Die VRS sei „in Srebrenica in einen Hinterhalt geraten, in der Tat eine Falle“, und die Bevölkerung sei „das Opfer eines höheren Interesses … in Sarajevo und New York“ geworden, erklärte er. Unterdessen hat der Polizeichef von Srebrenica während des Krieges wiederholt behauptet, Izetbegovic habe ihm gesagt, wenn die VRS die Enklave überrenne und 5.000 Muslime abschlachte, würde dies direkt zu einer NATO-Intervention führen.

Diese Darstellung werde durch den Bericht des UN-Generalsekretärs Guterres im Jahr 1999 über die Einnahme von Srebrenica bestätigt. Es werde im Bericht darauf hingewiesen, dass Izetbegovic den Mitgliedern einer muslimischen Delegation, die im September 1993 zu Friedensgesprächen auf einem britischen Kriegsschiff entsandt wurde, offen sagte:

„Eine NATO-Intervention in Bosnien und Herzegowina war möglich, könnte aber nur stattfinden, wenn die Serben in Srebrenica einbrechen und mindestens 5.000 seiner Bevölkerung töten würden.“

Alija Izetbegović (1925–2003), Präsident der Republik Bosnien und Herzegowina (1990–1995) und führendes Mitglied des kollektiven Staatspräsidiums (1996–2000)

Was verbergen die Briten?

Wie Izetbegovic offenbar vorhergesagt hatte, kam es schließlich Ende August 1995 zu einer NATO-Intervention in Form eines einmonatigen Bombenangriffs (siehe NATO-Factsheet) auf die Vojska Republike Srpske (VRS). Bei dem Bombenangriff wurden zu 2.000 Zivilisten getötet. Drei Monate später wurde das von Clinton und der EU vermittelte Dayton-Abkommen unterzeichnet und den ersten Jugoslaiwienkrieg vorerst beendete. 

Das Jugoslawientribunal von 1993 bis 2017

Mehrere Anführer der bosnischen Serben wurden daraufhin vom ICTY wegen Völkermords verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, sich an einem „gemeinsamen kriminellen Unternehmen“ beteiligt zu haben, indem sie Srebrenica eingenommen hätten. Nach seiner außergewöhnlichen und äußerst kontroversen Rechtslehre können Angeklagte für Verbrechen für schuldig befunden werden, die sie zum Zeitpunkt ihrer Begehung weder persönlich begangen noch gebilligt haben oder von denen sie nicht einmal wussten.

Keiner der Prozesse erbrachte, laut Klarenberg, Beweise dafür, dass jemals auf irgendeiner Befehlsebene ein Befehl zum Massaker an der männlichen Bevölkerung von Srebrenica erteilt wurde. Als der ICTY General Radislav Krstic wegen Völkermords verurteilte, räumte das Tribunal ein, dass der Kommandeur des multiethnischen VRS-Korps, das Srebrenica eingenommen hatte, nicht nur keine Kenntnis von angeblichen Kriegsverbrechen hatte und nicht daran beteiligt war, sondern seinen Soldaten auch ausdrücklich befahl, Zivilisten keinen Schaden zuzufügen.

Der traumatisierte Soldat Drazen Erdemovic

Nur eine Person wurde vom International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia (ICTY) in Den Haag wegen direkter Beteiligung an Srebrenica verurteilt. Er war ein von einer posttraumatischen Belastungsstörung betroffener Soldat namens Drazen Erdemovic. Als Gegenleistung dafür, dass er in mehreren Prozessen vor dem Tribunal als Zeuge ausgesagt hatte – obwohl ihn Experten für geistig ungeeignet befanden, selbst vor Gericht gestellt zu werden – verbüßte er nur dreieinhalb Jahre im Gefängnis. Er nahm dann an einem Zeugenschutzprogramm teil. Während seiner zahlreichen, intensiv betreuten Auftritte vor dem Tribunal entging ihm sein Gedächtnis für viele wichtige Fakten verloren, darunter

  • seinen eigenen militärischen Rang,
  • wie viele Menschen er persönlich hinrichtete,
  • wie viele seine Einheit insgesamt tötete,
  • wann das Massaker stattfand und
  • wer den Befehl gab es durchführen.  

Erdemovic entschied sich schließlich für das unplausible Szenario, dass ein Soldat mit niedrigem Dienstgrad in seiner Einheit ihm die völkermörderischen Anweisungen im Namen eines Oberstleutnants übermittelte. Dessen Identität kenne er angeblich nicht und er wurde nie ermittelt. Ebenso unglaubwürdig war Erdemovics Behauptung, seine Einheit habe in nur fünf Stunden bis zu 1.200 Menschen in Gruppen von jeweils zehn Personen abgeschlachtet. Obwohl er acht Kameraden in seine Aussage verwickelte, wurden sie nie strafrechtlich verfolgt oder vom ICTY auch nur als Zeugen befragt.

Britische Geheimdienstbeweissammlung für Kriegsverbrechen

Der britische Geheimdienst spielte eine wichtige Rolle bei der Sammlung von Beweisen für Kriegsverbrechen in Jugoslawien für den ICTY. Gut vernetzte britische Richter und Anwälte waren während des gesamten Verfahrens, das sich über 23 Jahre erstreckte, zentrale Figuren. Britische Behörden – darunter die SAS – übernahmen die Führung bei der Gefangennahme der vom Tribunal angeklagten bosnischen Serben. Einer der verurteilten Völkermörder, Radovan Karadzic, ist derzeit in Großbritannien inhaftiert. Doch zu keinem Zeitpunkt des Prozesses wurde die in Srebrenica operierende geheime SAS-Einheit erwähnt, geschweige denn zur Aussage aufgerufen.

Ob das bedeutet, dass ihre Aussage den ICTY-Staatsanwälten Probleme bereitet haben könnte oder ob sie etwas zutiefst Unheilvolles zu verbergen haben, sei schwer zu sagen, so Klarenberg. Es sei jedoch unbestritten, dass britische Beamte während des Krieges konsequent Vorschläge zur Aufhebung eines UN-Embargos für Waffenlieferungen an muslimische Streitkräfte blockiert hätten. Der damalige US-Präsident Bill Clinton, Berichten von Middle Est Eye zufolge, dafür Londons Wunsch genannt nach „einer schmerzhaften, aber realistischen Wiederherstellung des Christentums in Europa.“

Trotz Tausender toter Muslime ist dieser Wunsch aber unerfüllt geblieben. Für diejenigen, die hofften, den letzten verbliebenen großen Vielvölkerstaat des Kontinents zu balkanisieren, sei der Krieg jedoch ein voller Erfolg, so Klarenberg.

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