Hochpoltische Chemikalien
Plutonium und verantwortungslose Menschen in Wissenschaft, Militär und Politik
eine Sendung auf ORF oe1 von Monika Halkort heute Mo 22.8.22 unten dem unscheinbaren Titel Radiokolleg – Lexikon der Chemie * Teil1 9:30 die hervorragende Sendung ist wie immer eine Woche nachzuhören.
Plutonium, Sauerstoff, Feinstaub, Lithium
Gestaltung: Monika Halkort
Die Zahl der weltweit verfügbaren chemischen Substanzen sei seit den 1970er-Jahren um das 25-fache angestiegen. 50 Millionen Stoffe seien heute in der wissenschaftlichen Literatur verzeichnet. Zum Jahrtausendwechsel seien es erst 22 Millionen, Anfang der achtziger Jahre grade mal ein Viertel davon. Darunter befänden sich sowohl
- aus der Natur isolierte Elemente wie Sauerstoff, Wasserstoff, oder Phosphor aber auch
- synthetisch hergestellte Verbindungen, wie Silikon und Ammoniak, das sowohl als Sprengstoff aber auch als Kunstdünger eingesetzt wird.
Die „Radiokolleg“-Sendereihe „Lexikon der Chemie“ bietet ein akustisches Nachschlagewerk.
Von A wie Ammoniak bis
Z wie Zink rekapituliert
- Die Reihe zeigt wie industriell aufbereitete Gase, Moleküle und chemischen Verbindungen
- Umwelt und Ökosysteme belastet haben, sowie
- wirtschaftliche
- kulturelle und politische Vorstellungen und Machtansprüche
unwiederbringlich geprägt haben. Auch die extrem ungleiche Verteilung von Schadstoffbelastungen und Klimaeffekten zwischen Nord und Süd ist unschwer zu erkennen.
Sinniger Weise beginnt die Reihe heute mit dem giftigsten Stoff auf Erden:
Plutonium – Das Kind der Atombombenforschung der USA
Plutonium ist ein hochgiftiges Schwermetall, das in der Natur nur in sehr geringer Konzentration vorhanden ist.
Der Einsatz von Atomwaffen und die rund 2.000 Tests die dazu in der Wüste von Nevada, New Mexiko, den Pazifikinseln, Australien und Kasachstan seit den 50er Jahren durchgeführt wurden, haben den Anteil an Plutonium-Isotopen weltweit deutlich gesteigert. 3 – 5 Tonnen, schätzen Forscher, haben sich auf diesem Weg überall in den Sedimenten der Erde festgesetzt – am Meeresgrund und in Gewässern, in Böden und in Eischichten der Arktis. Eine toxische Signatur menschlicher Allmachtsfantasien, die von Geologen und Bio-Chemikern als zentrale Markierungen für den Beginn des Anthropozän-Zeitalters gehandelt wird.
Wie sich die radioaktiven Rückstände der Atombombentests auf die Gesundheit und Lebenserwartung der Bevölkerung und Umwelt in unmittelbarer Nähe der Testgebiete ausgewirkt haben, ist in der Zwischenzeit gut dokumentiert und untersucht worden. Weiterhin ungelöst bleibt dagegen die Frage, wie die unwiederbringliche Verschmelzung menschlichen Handlungs- und Erlebnishorizonte mit der Zeitrechnung biologischer und geologischer Prozesse zu begreifen und in ethische wie historische Verantwortlichkeit zu übersetzen ist.
Literatur zum Thema Plutonium
Brown, K. (2013). Plutopia: Nuclear Families, Atomic Cities, and the Great Soviet and American Plutonium Disasters. New York: Oxford University Press.
Bensaude-Vincent, B., Boudia, S., & Sato, K. (Eds.) (2022). History and philosophy of technoscience. Living in a nuclear world: From Fukushima to Hiroshima (1st). London: Routledge. https://doi.org/10.4324/9781003227472
Creager, A. N., & Rentetzi, M. (2022). Sharing the ’safe‘ atom? International Atomic Energy Agency and nuclear regulation through standardization. In B. Bensaude-Vincent, S. Boudia, & K. Sato (Eds.), History and philosophy of technoscience. Living in a nuclear world: From Fukushima to Hiroshima / edited by Bernadette Bensaude-Vincent, Soraya Boudia, Kyoko Sato (1st ed., pp. 111-132). London: Routledge.
Masco, J. (2021). The future of fallout, and other episodes in radioactive world-making. Durham: Duke University Press. Retrieved from https://doi.org/10.1515/9781478012665
Roehrlich, E. (2022). Inspectors for peace: A history of the International Atomic Energy Agency. Johns Hopkins nuclear history and contemporary affairs. Baltimore: Johns Hopkins University Press.
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