Friedensspiele
Friedensspiele sind laut Spielpädagogik die Gesamtheit von Spielen, die ohne Sieger und Verlierer auskommen. Ihr Regelwerk ist auf ein aggressionsloses, konkurrenzfreies, friedliches Miteinander der Spielgemeinschaft ausgerichtet ist.
Friedensspiele sind eine relativ junge Spielgattung im Rahmen der Spielgeschichte. Die Gattung von Spielen und ihr Begriff taucht laut wikipedia er im Gefolge der Friedensbewegung der 1960er und 1970er Jahre in der Spielliteratur auf.
Friedensspiele entwickelten sich parallel zu und im Austausch mit der New-Games-Bewegung, die aus den USA kommend eine Veränderung der vorherrschenden Spielkultur anstrebte. Die Erfinder von Friedensspielen wollen in der Regel einen Kontrast setzen zu tradierten und neuen Kriegsspielen und konkurrenzorientierten Sportspielen.
Der Spielebestand der Friedensspiele bildetet sich aus altbekannten und neuen Spielformen, die sich unter der Friedensidee als eigene Gattung formieren. „Ein Großteil des Spielerepertoires erwuchs aus den sogenannten Kleinen Spielen, die aus der Antike überliefert waren. Sie wurden von Guts Muths und Jahn im deutschen Kulturbereich unter erzieherischen Ambitionen wiederbelebt und ergänzt. Aus den amerikanischen New Games kamen, laut wikipedia, weitere Spielkreationen als sogenannte ‚Neue Spiele‘ hinzu.[1] [2]
Charakter von Friedenspielen
Bei den Friedensspielen handelt es sich im Wesentlichen um pädagogisch und politisch orientierte Spielformen, die erzieherische Absichten verfolgten und die allgemeine Spieleinstellung im Sinne der Friedensidee beeinflussen wollen.
Arten von Friedensspielen
- Spiele ohne Sieger,[3]
- Spiele ohne Verlierer‚[4]
- Spiele ohne Tränen[5]
Sie sollen eine neue Spielkultur schaffen, die
- frei von Aggressionen und Kampf ist
- Spaß statt Leistung betont
- Miteinander statt Gegeneinander
- Kooperation statt Konkurrenz sowie
- gemeinsames Tun ohne Verlieren
Publikationen und Spielsammlungen zu Friedenspielen
T. Orlick hat 1996 in Neue kooperative Spiele. Mehr als 200 konkurrenzfreie Spiele für Kinder und Erwachsene zusammengetragen. Friedensspiele wurden auch über das Fernsehen bekannt gemacht und auf großen Volks- und Spielfesten einer breiten Öffentlichkeit praktisch nahegebracht.
Kritik und Beurteilung
„Friedensspiele“ werden heute im freien Kinderspiel kaum praktiziert.
Ihr Anliegen bestand vor allem darin, die konkurrenzorientierten Sport- und Kampfspiele und die aggressiven Kriegsspiele im Spielbereich zurückzudrängen und Alt und Jung, Mädchen und Jungen sowie sämtliche sozialen Schichten dabei im gemeinsamen Spiel zusammenbringen. Das kontrastierende Erlebnisfeld im Spielen sollte besonders auch den Spielbedürfnissen der Schwächeren, Behinderten, stets zu den Verlierern zählenden, entgegenkommen und ihnen zu neuen Spielperspektiven und Spielfreude jenseits des Siegens und Unterliegens verhelfen.[7]
Nach der Euphorie und einem Boom in den 1970er Jahren
Heute ist die Einschätzung der Menschenbildung durch Friedensspiele nach und nach einer Ernüchterung und kritischen Auseinandersetzung gewichen.
- In der Spielpädagogik zählen die Friedensspiele heute aus unterschiedlichen Gründen zu den umstrittenen Spielformen.[8]
- Angstdenken, Wunschdenken und Spielrealität werden in der Spielpädagogik sowohl bei den Kriegsspielen als auch bei den Friedensspielen kontrovers diskutiert.
- Siegbert A. Warwitz / Rudolf nahmen 2016 diesen Dialog auf und stellen die Argumente der Kritiker und Freunde der Friedensspiele in einer eingehenden Bestandsaufnahme einander gegenüber.[9]
- Auf Ablehnerseite gäbe es eine geringe Neigung, sich auch mit alternativen Spielformen und dem beschaulichen Spiel zu befassen
- Bei den Befürwortern von Friedenspielen wird
- die Instrumentalisierung des Spiels,
- die Überschätzung des Transfergedankens sowie
- das zu geringe Spannungspotenzial und
- die im Gefolge geringe Akzeptanz durch die Spielenden bemängelt.
- Die Spielrealität zeige – nicht nur bei den starken Spielern – sehr bald das Eintreten von Langeweile und die Forderung nach Wettkampf.
- Schon Frederik Jacobus Johannes Buytendijk[10] und Hans Scheuerl[11] warnten vor einer übertriebenen und damit die Spielfreude beeinträchtigenden Funktionalisierung des Spielens.
- Trotzdem sei bestimmten Spielformen, wie z. B.
- dem ‚Erdball’,
- dem ‚Drachenspiel’ oder
- dem ‚Gordischen Knoten’,
„eine gemeinschaftsbildende Wirkung bei hoher Attraktivität nicht abzusprechen“.
Friedensspiele werden heute, „soweit sie sich von der Ideologiebefangenheit befreit haben“, in der Spielpädagogik als „Alternativen zur einseitigen Konkurrenzorientierung und als Bereicherung der Spielmöglichkeiten“ nicht mehr wegzudenken.
Literatur (übernommen aus Wikipedia)
F. J. J. Buytendijk: Wesen und Sinn des Spiels. Berlin 1933
J. Deacove: Spiele ohne Tränen. 2 Bde., 5. Auflage, Ettlingen 1985
Andrew Fluegelman / Shoshana Tembeck: New games. Die neuen Spiele. Bd. 1, 18. Auflage, Mülheim an der Ruhr 1996, ISBN 3-86072-000-7
Andrew Fluegelman: Die neuen Spiele. Bd. 2, 12. Auflage, Mülheim/Ruhr 1996
J. Griesbeck: Spiele ohne Verlierer. München 1996
T. Orlick: Neue kooperative Spiele. Mehr als 200 konkurrenzfreie Spiele für Kinder und Erwachsene. 4. Auflage, Weinheim und Basel 1996
Anita Rudolf, Siegbert A. Warwitz: Spielen – neu entdeckt. Grundlagen-Anregungen-Hilfen. Freiburg 1982
Hans Scheuerl: Das Spiel. Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen. 11. Auflage, Weinheim und Basel 1990
H.P. Sibler u. a.: Spiele ohne Sieger. Ravensburg 1976
Siegbert A. Warwitz, Anita Rudolf: Vom Sinn des Spielens. Reflexionen und Spielideen. 4. aktualisierte Auflage, Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1664-5.
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