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Warum es lohnt Kinder auf der Flucht nicht wegzuwerfen

Erstellt am 04.01.2018 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 5170 mal gelesen und am 04.01.2018 zuletzt geändert.

Karin Grossmann erzählt in einem großartigen Beitrag von Johann Kneihs auf oe1, dass ihrer Mutter auf der Flucht 1945 empfohlen wurde sie solle doch ihr Kind wegwerfen. Sie könne ja noch viele Kinder haben. Die Mutter tat es nicht und Karin Grossmann und ihr Mann wurden zu den Begründern der Bindungsforschung im deutschsprachigen Raum.

Karin und Klaus Grossmann, Bindungsforscher – Ein sicheres Band. Karin und Klaus Grossmann.

Menschen wachsen und entwickeln sich in Beziehungen zu verlässlich verfügbaren, liebevollen Bindungspersonen. Die Entwicklung beginnt bereits in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr. Als Babys und Kleinkinder bekommen wir am meisten in die Wiege gelegt oder auch nicht. 60 % der Kriegseltern sind aufgrund ihrer Traumen dazu kaum in der Lage. Die Eltern und ihre könnten aber mit Unterstützung sehr viel gewinnen.  Fähigkeiten zur verlässlichen Freundschaften und Partnerschaften im späteren Leben werden vor Eintritte in die Schule grundgelegt. Wie ein unsichtbares Band hält Bindung die für einander wichtigen Menschen zusammen – mehr oder weniger sicher, besser oder weniger geglückt.

Die Grossmanns wünschten sich die Arie der Zerlina aus Mozarts Oper Don Giovanni.

2. Akt von Mozarts Don Giovanni

VEDRAI, CARINO
Testo

Zerlina
Vedrai, carino, se sei buonino,
che bel rimedio ti voglio dar.
È naturale, non dà disgusto,
e lo speziale non lo sa far.

È un certo balsamo che porto addosso:
dare te’l posso, se’l vuoi provar.
Saper vorresti dove mi sta?
Sentilo battere…
… toccami qua!

VEDRAI, CARINO
English translation

Zerlina
You’ll see, my darling; if you are good,
what a fine cure I will give you!
It is a natural one, not unpleasant,
and the chemist can’t make it.

It’s a sure balm which I have with me.
I can give it to you, if you would like to try it.
Do you know where I keep it?
Feel it beating…
…touch me here!

… Von Masetto und seinen Freunden überrascht, flieht der falsche Leporello und verprügelt Zerlinas Bräutigam (Rezitativ und Arie: Metà di voi qua vadano). Zerlina tritt auf und stößt auf Masetto (Arie: Vedrai, carino, se sei buonino).

Karin Grossmann erklärt wie Zerlina den in seinem Elend liegenden Masetto in ihrer Liebe das gibt was selbst unsicher gebundene Erwachsene heilen kann – Empathie!

 

Bindungsforscher Klaus Grossmann, geboren 1935 in Leipzig,

Er arbeitete am Zoologischen Institut in Freiburg, als der berühmte Verhaltensforscher Konrad Lorenz ihn und seine um sieben Jahre jüngere Frau Karin Grossmann einlud, mit ihm Gänse zu beobachten. Dies war einer der Anstöße zu einer wissenschaftlichen Revolution, denn sie lernten vorsprachliche Kommunikation bei Tieren zu beobachten. Die Psychologen Klaus und Karin Grossmann übertrugen dies kongenial auf Babys. Sie wurden so zu Pionieren der Bindungsforschung im deutschen Sprachraum und darüber hinaus.

Zunächst in Bielefeld, dann in Regensburg begleitete das Ehepaar Grossmann rund

100 Familien jeweils zwei Jahrzehnte lang, von der Geburt der Kinder bis in ihr Erwachsenenalter.

In vielen Studien konnten sie zeigen, so Kneihs, wie die Art der Bindung zwischen Kindern, Müttern und Vätern sich auf die soziale und emotionale Entwicklung der Heranwachsenden auswirkt.

Heute ist die Bindungsforschung aus den Humanwissenschaften nicht mehr wegzudenken.

Viele von Karin und Klaus Grossmanns Diplomanden und Doktoranden forschen und lehren an internationalen Universitäten; sie selbst haben Preise und Auszeichnungen erhalten. Ihr Lebenswerk hält zahlreiche Anstöße für eine bessere Praxis bereit – in:

  • Kinderkrippen und Krankenhäusern,
  • Familien,
  • Gefängnissen und Flüchtlingslagern und
  • im menschlichen Umgang allgemein.

Gestaltung: Johann Kneihs

Buch-Tipps:

Karin Grossmann/Klaus E. Grossmann, „Bindungen – das Gefüge psychischer Sicherheit„, 760 Seiten, Verlag Klett-Cotta, fünfte, vollständig überarbeitete Auflage 2012

Klaus E. Grossmann/Karin Grossmann, „Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie„, 444 Seiten, Verlag Klett-Cotta 2003, vierte Auflage 2015

Homepage von Prof. Dr. Klaus Grossmann und Dr. Karin Grossmann an der Universität Regensburg

Playlist zur Sendung

Komponist/Komponistin: Hart A. Wand – Gesamttitel: JAZZ IN DEUTSCHLAND 1956 & 1958 Titel: Dallas Blues (Musik teilweise unterlegt) Ausführende: Riverside Jazz Band Länge: 02:20 min
Label: Telefunken 622564

Komponist: Wolfgang Amadeus Mozart – Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Lorenzo Da Ponte
Album: CECILIA BARTOLI singt Mozart Arien
Titel: Vedrai, carino / Arie der Zerlina aus der Oper in 2 Akten „Don Giovanni“ KV 527 / 2.Akt
Anderssprachiger Titel: Ich weiß ein Mittel

 

Musik teilweise unterlegt
Solist/Solistin: Cecilia Bartoli /Zerlina, Mezzosopran
Orchester: Wiener Kammerorchester
Leitung: György Fischer
Länge: 02:05 min
Label: Decca 4305132

Sendereihe

 

Posted in Friedensarbeit, Friedensforschung, Friedensjournalismus, Friedenspädagogik, Friedenspsychologie, Gewaltprävention, Menschenrecht, Peacebuilding, Tipp

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