Verheerende Inovationspolitik
Der selbstfahrende Militär-Traktor
Ein erstes großangelegtes Forschungsprojekt ist der autonome Traktor,
der mit dem AIT getestet wird.
„Klingt weniger spektakulär, als es tatsächlich ist“,
lächelt Brigardier Hofmeister der Leiter des Österreichischen Rüstungsamtes, laut AI
Pflugscharen zu Schwertern?
Harald Hornacek schreibt in Austria Innovativ (AI) 6/2017, dass die Rüstungsforschung ein Milliardenmarkt sei. Und die Online-Ausgabe des Magazin versucht zu erklären: Wie angeblich das Bundesheer den Innovationsstandort Österreich stärke
Nun ist es 30 Jahre her, dass ich mich mit derartigen Behauptungen im Rahmen meines Volkswirtschaftsstudiums im Rahmen der Projektstudiengruppe Rüstungsökonomie wissenschaftlich auseinander gesetzt habe. In Kürze, absolut betrachtet, das heißt ohne über bessere Möglichkeiten nachzudenken, ist das richtig. Man muss kein Einstein sein um zu erkennen, dass das natürlich relativ ziemlich falsch ist.
Das aktuelle Verteidigungsforschungsprogramm (VFP) des Österreichischen Bundesheeres bringt zwar vermutlich einen zusätzlichen Schub für die Volkswirtschaft. Ein Programm zur Stärkung der professionellen Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen hätte aber wahrscheinlich rund 10x mehr Beschäftigungseffekte. Wenn die neue Regierung die Forschungsmittel auf die wichtigsten zivilen Forschungsanliegen konzentrieren würde und die Entwicklung der Destruktivkräfte den Trumps und Putins überlassen würde, dann so Professor Kurt Rothschild, sprechen die Daten und der Sachverstand zumindest nicht gegen die These, dass die Konzentration des Neutralen Österreichs auf friedliche Produktion bis Anfang der 70er Jahre den Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb relativ begünstigte. Die Aussage Rüstungsforschung („Verteidigungsforschung“) … „könnte langfristig auch zu einer Stärkung des Wissens- und Technologiestandortes Österreich im europäischen Innovationswettbewerb führen“, hat Mary Kaldor schon vor über 30 Jahren in ihrem Buch „Rüstungsbarock“ gründlich auseinander genommen.
Forschungs- und Entwicklung im Sold des Österreichischen Bundesheers
Seit 2008 ist die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Österreichischen Bundesheers in der heutigen Form strukturiert, so AI
Eine eigene Abteilung für Rüstungsforschung, die es schon im Dritten Reich gab, wurde im „Ministerium für Landesverteidigung“ etabliert. Seither vertritt das Team von Brigadier Klemens Hofmeister nicht nur die entsprechenden forschungsbezogenen Agenden des Bundesheers auf nationaler und internationaler Ebene, sondern trägt auch maßgeblich zur weiteren Forschungs- und Technologieentwicklung insgesamt bei.
Durch den engen Kontakt zu den wichtigsten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, aber auch zu Gremien wie dem Wissenschaftsrat oder der eigenen Wissenschaftskommission im Ministerium, hat die Abteilung stets den Finger auf den neuesten Entwicklungen, so AI
Und mit den Dienststellen wie
- dem Amt für Rüstung und Wehrtechnik,
- dem Führungsunterstützungszentrum,
- der Landesverteidigungsakademie oder
- der Theresianischen Militärakademie
setze das Bundesheer auch intern auf zukunftsorientierte Forschung.
Starke Partnerschaften
„Wir unterhalten sehr enge Partnerschaften zu bedeutenden Forschungseinrichtungen wie
- dem Austrian Institute of Technology (AIT) und
- Joanneum Research (JR)“,
betont Brigadier Hofmeister, laut AI.
Joanneum Research (JR) – Militärrobotik
So werde am JR ein eigenes Robotikinstitut eingerichtet. Laut Hofmeister, mit der Absicht eine der führenden Kompetenzstellen in Österreich und wohl auch in Europa zum Thema Rüstungsrobotik. Denn dieses Thema sei gerade in der Landesverteidigung und in der militärischen Forschung von „essenzieller Bedeutung“.
Siehe dazu den Kasten weiter unten.
Das Bundesheer fördert über das künftige Verteidigungsforschungsprogramm auch diesen wichtigen Zukunftsbereich.
Jährlich stehen dem Heer, dank Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil,
der die Bedeutung der militärischen Forschung als bedeutend einschätzt, laut AI
Fünf Millionen Euro an Rüstungsforschungsmitteln stenen nun zur Verfügung.
Das sei zwar, laut AI, „Vergleichsweise wenig“. Denn betrachte man die Ausgaben, die andere Länder für ihre militärische Forschung aufwenden. Großbritannien wende beispielsweise rund einer Milliarde Euro für Rüstungsforschung auf.
(Spätestens hier wird klar dass AI einen PR-Artikel für die Rüstung ins Netz stellt. Seriöster Journalismus würde zumindest die Pro-Kopf-Ausgaben für Rüstungsforschung gegenüber stellen).
Aber generell habe man sich in Westeuropa in den letzten Jahren sehr zurückhaltend gezeigt in der „Verteidigungsforschung“. Harald Hornacek schreibt in der Print-Augabe von Austria Innovativ (AI) 6/2017 dazu:
>Die EU-Verteidiungsforschun weist seit einigen Jahren eine kontinuierle Entwicklung auf, die schließliche Ende 2016 im „European Defence Action Plan“ (EDAP) mündete.
Der European Defence Fund – der Europäsische Verteidiungsfonds
A European Defence Fund: €5.5 billion per year to boost Europe’s defence capabilities
Brussels, 7 June 2017
Daher sei die Freigabe des Forschungsbudgets durch den Verteidigungsminister Doskozil ein wichtiger Schritt gewesen.
„Wir werden diese Mittel zielbringend einsetzen“, so Bundesheer-Forschungsexperte Hofmeister, laut AI. … „wir hoffen damit auch, eine Stärkung der österreichischen Forschungscommunity zu erreichen – etwa eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bei großen internationalen Programmen –, durchaus auch verbunden mit einer wachsenden Bedeutung der militärischen Forschung.“
„Themen für das Heer – und Österreich“
Konkret arbeite das Bundesheer derzeit an 15 Forschungsthemen . Fünf bis Sechs Kernthemen davon wolle man besonders offensiv behandeln.
Klemens Hofmeister:
„Das Konzept für unsere Verteidigungsforschung stammt aus dem Jahre 2015 und wird gerade aktualisiert, insbesondere hinsichtlich der Art der Ausführung. Zusätzlich werden wir mit unseren Partnern die Ausrichtung in den wahrscheinlichen Forschungsthemenbereichen verfeinern und erforderliche Studien in Auftrag geben, damit dieser Ausbau der Verteidigungsforschung in Österreich zu einem Erfolg für alle Beteiligten wird.“
Eines der wichtigsten Themen sei jedenfalls der Bereich „Modelling & Simulation“. Dafür wurden 2017 auch Mitarbeiter gesucht.
- Analytiker,
- Mathematiker,
- Experten für Prognosemodelle.
Hier gehe es vor allem um grundlegende Fragen, welche die Zukunft der Sicherheit und der Landesverteidigung betreffen. Ein Beispiel dafür sei der optimierte Einsatz von Truppen für die jeweiligen Aufgaben. Im Bereich der autonomen militärischen Fortbewegung arbeite das Bundesheer beispielsweise mit
- dem AIT Austrian Institute of Technology GmbH (AIT),
- Diamond Aircraft und der
- Drohnen-Firma Schiebel
zusammen.
Der selbstfahrende Militär-Traktor
Ein erstes großangelegtes Forschungsprojekt sei der autonome Traktor, der mit dem AIT getestet werde. „Klingt weniger spektakulär, als es tatsächlich ist“, lächelt Brigardier Hofmeister. Ein Anwendungsbereich für diese autonomen Traktoren seien
- blindgängergefährdete Räume, in denen das Leben von Menschen massiv gefährdet ist.
- eine personenfreie Truppenbewegung ist eine weiters Forschungsziel.
„Es geht im wesentlichen darum, die gesamte Versorgungskette, in der heute menschliche Einsatzkraft nötig ist, möglichst automatisiert zu gestalten. Sozusagen eine supply chain, die von Munitionsteilen, die von der Industrie kommen, bis hin zu Geschützstellungen reicht.“, so Hofmeister laut AI.
Denn wo große Mengen für den Transport anfallen, ist auch viel logistischer und menschlicher Aufwand nötig.
„Ich denke, dass wir in den nächsten 15 Jahren alle Arten von Transport- und Logistikkolonnen auf automatisierte Lösungen umgestellt haben werden“, soHofmeister.
Ernstfall ohne GPS der US-Armee
Das Bundesheer arbeite derzeit an Lösungen, die unabhängig vom US-System GPS funktionieren. Für den Ernstfall des Ausfalls oder der gezielten Blocking des GPS durch die USA müsse das Heer über eine entsprechende Kommunikations- und vor allem Navigation verfügen. Auch hier habe das Bundesheer gemeinsam mit dem AIT eine Lösung entwickelt:
Ähnlich dem berühmten „Google-Car“, das alle Objekte und Räume fotografisch erfasst, bewegen sich Heeres-Fahrzeuge in zuvor definierten Gebieten, fahren Routen ab und speichern alle wichtigen Gegebenheiten. Sollte das GPS ausfallen, können die Heeresfahrzeuge mittels der eigenen Routenplanung in Bewegung gesetzt werden.
Das Galileo-System – die europäische Antwort auf GPS
Ein zweiter Unabhängigkeitsfaktor vom US-GPS-System soll das Galileo-System werden. Das Bundesheer sollte, nach den Aktuellen Plänen des Bundesheeres, nach Fertigstellung des Systems alle Fahrzeuge auf Galileo umrüsten, was woll einige Millionen verschlingen wird.
„Als Miteigentümer von Galileo können wir dann im Ernst- bzw. Anlassfall auch gewisse Dienste ein- oder ausschalten“, meint Hofmeister laut AI.
Galileo sei um einiges präziser als GPS. Selbst Wetterprognosen seien via Galileo deutlich konkreter zu treffen. Diese sei nicht nur aus militärischer Sicht ein bedeutender Wissensfaktor.
Kampf gegen Terrorismus
Das Bundesheer investiert aber auch aktiv in den Kampf gegen den Terrorismus jeglicher Art. Besonders herausfordernd sei die Aufgabe der Counter-Improvised Explosive Devices (C-IED). Ungefähr eine Million Euro werde in Projekten zum Einsatz gegen terroristische Angriffe zu Forschungszwecken aufgewandt. Hier gehe es vor allem um das Erkennen von Musterabweichungen bzw. Anomalien im IKT-Verkehr. Wenn beispielsweise in Krisengebieten im Rahmen von UNO-Missionen signifikante Veränderungen in Funk-, Telefon- oder Datenverkehr festgestellt würden, könne man sofort Aufklärungstätigkeiten einleiten. Hier kämen im Einsatzfall bevorzugt Roboter zum Zug. Vor allem kleine und mittelgroße Geräte seien hier in Entwicklung. Auch bemannte und unbemannte Kleinflugzeuge, etwa von Diamond für Detektion oder Zerstörung gefährlicher Objekte seien in solchen Situationen sinnvoll. Es gehe in jedem Fall um die Vermeidung von Kollateralschäden“, so Hofmeister. Solche Lösungen seien deutlich sinnvoller und präziser als die amerikanischen Cruise Missiles. Der Mensch müsse jederzeit in die Systeme eingreifen können, wenn beispielsweise Kinder oder Truppen unbeabsichtigt gefährdete Räume betreten.
Die EU stockt Verteidigungsforschung massiv auf
Wie wichtig die Forschungstätigkeit von Heeren sei, zeige ein Blick in die Vergangenheit. Sehr viele Entwicklungen seien aus dem Armee-Bereich später erfolgreich in die zivile Gesellschaft überführt worden. Diese Argument ist allerdings bei kritischer Betrachtung wenig haltbar. Eine staatliche oder gar globale Förderung von Open-Technology würde aufgrund des wegfalls der militärischen Geheimiskrämerei und dem Quantensprung in den Möglichkeiten internationaler Kooperation ungleich mehr Innovation bewirkten als die altbackene Rüstungsforschung zu europäisieren.
Doch in den letzten Jahren sei das Bild anders geworden“, so Hofmeister trotz der gleichzeitigen Behauptung der Segnungen Militärischer Geheimforschungen.
Studien zeigen, dass das Militär zunehmend auf Entwicklungen aus dem zivilen Bereich zugreifen muss. Aus sicherheits- und verteidigungspolitischer Sicht sollte dies genau umgekehrt sein. Die besten Köpfe zieht es heute wie zu Einsteins besten Zeiten nicht zur Militärforschung. Besonders erfreulich finde Brigadier Hofmeister das deutliche aufgestockte Forschungsbudget der EU für den militärischen Bereich, so AI.
„Es werden nach derzeitigen Plan ab 2021 rund 3,5 Mrd. Euro für die nächsten sieben Jahre zur Verfügung stehen“, so Hofmeister laut AI.
Das heiße jährlich zusätzliche europäische Rüstungs-Forschungsmittel in Höhe von 500 Millionen Euro.
„Wir arbeiten daher bereits heute sehr intensiv daran, Mittel aus diesem Topf für unsere Forschungen zu lukrieren.“, so der Brigardier laut AI.
Neuen Dimension gemeinsamer Europäischer Rüstungsforschung
Hofmeister sprach in diesem Zusammenhang sogar von einer „neuen Dimension europäischer Gemeinschaftsforschung“. Denn mit diesen zusätzlichen Mitteln habe die EU faktisch anerkannt, wie bedeutend die militärische Forschung letzten Endes für die gesamte Bevölkerung sei. „Durch diese Förderungen entsteht eine wichtige, zusätzliche Dynamik in der Forschung“, betont Hofmeister mit seiner Bauernfänger-Rhetorik. Er hoffe, dass Österreich bedeutende Mittel für ausgewählte Forschungsprojekte erreichen kann. Der große Vorteil: „Das Bundesheer erhält auf EU-Ebene 100 Prozent Förderung für seine Projekte. Wenn wir beispielsweise 250.000 Euro auf drei Jahre für ein Teilprojekt erhalten, dann sind das drei neue Arbeitsplätze im F&E-Bereich, die wir schaffen können – ohne dass es uns einen Cent kostet!“
Hofmeisterseidaher – so wie der Verteidigungsminister – überzeugt:
„Wenn wir das klug machen, ist das ein gutes Geschäftsmodell für künftige technologische Entwicklungen aus unserem Land.“
Aber nicht nur „für Österreich“ auch „das Bundesheer“ könne Innovationen durchaus brauchen. Der Ausrüstungsstandard der Truppe sei in den letzten Jahren bei weitem nicht dort gewesen, wo er für die Erfüllung der vielseitigen Aufgaben „sein müsste“. Funktioniere das Modell des Heeres, dann könne das Bundesheer kraft seiner technologischen Entwicklungen künftig „auch aus eigener Kraft zu einer Stärkung des Militärkörpers“ beitragen.
Alle konkreten Projekte und Partnerschaften, die Brigadier Klemens Hofmeister in den letzten Jahren „dank seiner Hartnäckigkeit und großem persönlichen Einsatz in die Wege geleitet“ habe, so AI, würden also künftigen Generationen wertvolle Dienste leisten im Militär, aber „auch außerhalb“.
Sie stellen den Bedarf des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) an zielgerichteter Verteidigungsforschung im und für das ÖBH dar. Mit deren Umsetzung solle es gelingen, aufbauend auf den bereits vorhandenen Kooperationen und Partnerschaften des ÖBH, die bestgeeigneten und auch an Verteidigungsforschung interessierten Akteure zur Teilnahme an diesem neuen Forschungsprogramm zu gewinnen. Damit werde der Forderung im Regierungsprogramm zur Positionierung des ÖBH als Partner der Wirtschaft für Forschung, Innovation und Technologieentwicklung entsprochen.