100 Jahre Friedensstadt
Das Projekt Friedensstadt von Hans Kampffmeyer von 1917
1918 hat Hans Kampffmeyer dem Gründer der Gartenstadt in Karlsruhe (1907) in Deutschland seine Schrift „Friedensstadt – Ein Vorschlag für ein deutsches Kriegsdenkmal“ veröffentlicht. Hier entwarf er für rund 80 000 Einwohner, vor allem heimkehrende Soldaten und ihre Familien, Wohnmöglichkeiten. Wahrscheinlich wurden durch diese Schrift österreichische Kriegsteilheimkehrer und Invalide dazu bewogen, ihn 1920/21 als Berater für das Siedlungsvorhaben Friedensstadt nach Wien zu berufen. Nach seiner Übersiedlung von Karlsruhe nach Wien wurde Kampffmeyer mit der Leitung des Wiener Siedlungsamtes betraut. Auch die Siedlung Friedensstadt wurde nach dem I. Weltkrieg vorwiegend für heimkehrende Soldaten und ihre Familien gebaut. Angetrieben von der sich zunehmend verschlechternden Nahrungsmittelversorgung und der prekären Wohnungslage im Nackkriegswien begannen Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen gegen Ende des Ersten Weltkrieges in den Außengebieten Grundflächen zu besetzen. Sie rodeten sie und begannen sie mit dem Bau von Hütten. Gezeitig bauten sie Obst- und Gemüse in den besetzten Kleingärten an um nicht wie viele andere zu verhungern. Aus diesen wilden Landbesetzungen in Form sogenannter „Bretteldörfer“ entstand Anfang der 1920er Jahre eine genossenschaftlich organisierte Siedlerbewegung. Organisiert war sie in zahlreichen Verbänden unterschiedlicher sozialer und ideologischer Gruppen.
Die damalige Wohnbaubewegung „von unten“ hat bis heute unübersehbare Spuren in Wiener Stadtgebieten hinterlassen, etwa 50 Siedlungsanlagen mit 15.000 Wohneinheiten – meist in Reihenhausarchitektur – sind innerhalb weniger Jahre entstanden, so Rosemarie Burgstaller und Robert Weichinger in der Sendereihe Betrifft: Geschichte am 03 01 2017.
Eine davon war die
Wiener Friedensstadt
Die meisten der illegalen Grundstücksbesetzungen wurden in den ersten Jahren nach dem Krieg von der Gemeinde Wien toleriert. Später wurden die Besetzungen legalisiert. Es wurden Parzellen für die Errichtung von Wohnbauten umgewidmet. Dies wurde nicht zuletzt unter dem Druck mehrerer Großdemonstrationen erwirkt.
Das Siedlungsvorhaben in der Nähe des Lainzer Tiergartens wurde ab 1921 begonnen realisiert. Es gehört zu den zahlreichen Planungen der letzten Zwischenkriegszeit in Wien im 20. Jahrhundert. Die Friedenstadt konnte wie einige ander Vorhaben nicht oder nicht in vollem Umfang realisiert werden. Die Gründe waren dabei keinesfalls im Arbeitsunwillen der Siedler zu suchen. Sie wurzelten neben
- dem Fehlen ausreichender finanzieller Mittel in
- der mangelnden Organisations- bzw. Führungsfähigkeit der Obmänner der jeweiligen Genossenschaften.
Streit und Unstimmigkeiten in der Friedensstadt-Genossenschaft waren an der Tagesordnung. Dies führte kurzfristig zur Abberufung der Obmänner und langfristig zum Scheitern des Großteils des Bauvorhabens.
Das langgestreckte Grundstück an der Hermesstraße
Es wurde erst nach langen Verhandlungen und nach der Legalisierung der ungesetzlichen Grundstücksbesetzungen rechtmäßig der Siedlergenossenschaft „Friedensstadt“ übertragen. Wiener Architektur-Ikonen wie Adolf Loos, Margarete Schütte-Lihotzky und Hans Kampffmeyer schmiedeten an den Plänen für die Friedensstadt.
1919 waren 600 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie 200 Kriegerheimstätten geplant;
1920, nach Zuerkennung der Gründe durch den Kriegsgeschädigtenfonds – vorerst überließ man pachtweise nur 13 Hektar Baufläche,
ab 1930 konnten Häuser und Baugründe auch erworben werden -, plante man sogar 2000 Häuser mit je 700 m2 Grund sowie einen gemeinsamen 300 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb.
In der neu eingerichteten Siedlerschule, erhielten die Bewohner praktische Anleitungen im
- Hausbau,
- in der Gartenpflege und
- in der Kleintierzucht
Hier unterrichtete auch der der Architekt Adolf Loos. Von ihm stammte auch der allerdings nur ansatzweise realisierte Bebauungsplan. Die bestehende Hermesstraße sollte in die Planung mit einbezogen werden. Bei den Reihenhauszeilen wollte er durch das Zurückversetzen einzelner Häuser Monotonie vermeiden. Die höchste Stelle des Geländes sollte durch ein hohes Gebäude mit turmartigem Charakter akzentuiert werden. Einen Teich an der tiefsten Stelle versuchte er als gesellschaftlichen Mittelpunkt zu integrieren. Entsprechende Gebäude waren am See-Ufer geplant. Erst nach dem II. Weltkrieg und Abzug der Besatzungsmächte wurde 1955, im Zuge des Wiederaufbaues des zerbombten Wien, die Friedensstadt an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen.
Links
Betrifft: Geschichte | DI | 03 01 2017 | 17:55 – oe1.ORF.at
oe1.orf.at/programm/20170103/459502
FRIEDENSSTADTaktiv
www.friedensstadtaktiv.at/cms/front_content.php?idart=47
17.April: Besetzt Wien! Rückkehr der Siedlerinnen, Einzug der Gärtner …
www.social-innovation.org/?p=3902
[PDF]Stellungnahme – Attac Österreich
https://www.attac.at/…/Stellungnahme_Attac_O__776_sterreich_zu_Entwurf_8_SN-3…
[PDF]Standler Wohnbau und Freiraum_20161104.pptx – noeregional.at
www.noeregional.at/dokumente/PDF_noeregional_161104_Standler.pdf
Rechtsinfo | Rechtsinfokollektiv
https://at.rechtsinfokollektiv.org/tag/rechtsinfo/
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Aus dem Inhalt: Civilitas: Staatliche Ordnung; Staatliche Rechtsdurchsetzung: Römisches Recht im Ostgotenreich; belagines – Rechtspflege: Gerichtsverfassung; Rechtsprechung – Siedlungspolitik: Gaupp’sches Erklärungsmodell: These von Goffart und Durliat; Grundstücksbesetzungen – Religionspolitik; Christentum; …
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