Der unbekannte Wiener Friedensnobelpreisträger
Buchpräsentation am Gedenktag der Bücherverbrennung 1933
Dienstag 10. Mai 2016 19-21 h
Hauptbücherei Wien
Anreise: U6 Burggasse – Urban-Loritz-Platz 2a – Veranstaltungssaal im 3. OG
Musikalischer Rahmen: „Gegenstimmen“ unter Leitung Stefan Foidl
– bei freiem Eintritt
10 Mai 1933, vor 83 Jahren begann um 19 Uhr die Bücherverbrennung
In 22 deutschen Städten wurden Bücher verbrannt. Das „Handbuch der Friedensbewegung“ des Wiener Friedensnobelpreisträgers war damals auf den Schwarzen Listen für die Verbrennung prominent vertreten. Bücherverbrennungen sind als Mittel destruktiver Ideologien historisch seit der Antike belegt. Die Nazis gingen 1933 bei Pazifist Alfred H. Fried mit besonderer „deutscher Gründlichkeit“ ans Werk. Sie fanden die Schriften des Wieners, zwölf Jahre nach seinem Tod, so störend, dass sie bis 1945 fast all seine Werke im Gebiet des Dritten Reichs vernichten, die die Zensur des I. Weltkriegs überstanden.
„Schwarze Listen“ von Nazi-Bibliothekaren, waren ab 1933 die Master-Pläne des Holocaust der die vollständige Verbrennung von ideologisch störenden Schriften und Menschen mit aller Gewalt vorantrieb. Nach diesen Listen sollten Studenten und Hochschulangehörige „verbrennungs-würdige“ Literatur in „Universitätsbibliotheken“, „Leihbüchereien“ und „Buchhandlungen“ für Verbrennungen „aussondern“. Die auf „schwarzen Listen“ indizierten Werke stellten nur den Kern der bis 8. Mai 1945 „konfiszierten“ oder verbrannten Bücher von Pazifsten dar. Im NS-Organ „Die Bücherei 2:6“ wurde 1935 eine 12-Punktelister der Literatur publiziert, die verboten bzw. auszusortieren war Werke von: 1. „Landesverrätern, Emigranten, Autoren fremder Völker, … 2. Marxismus-, Kommunismus und Bolschewismus. 3. „pazifistische Literatur“. …
Der Chor „Gegenstimmen“, Andreas H. Landl der Organisator der Veranstaltung und die erlesenen Podiumsgäste wollen diesem kulturellen Totalschaden reparieren.
Zehn Jahre nach Präsentation der ersten Biographie des Friedensnobelpreisträgers
Walter Göhring hat 20016 mit dem trefflichen Titel „Verdrängt und vergessen“ eine erste Biografie Frieds veröffentlich. Trotz einiger anderer Bemühungen hat sich kaum etwas an diesem Befund geändert. Zensur ab 1914 und die systematische Verfolgung des bedeutenden Werks jüdischer Wiener Pazifisten bis 1945 haben bis heute traumatische Spuren in der Tiefenkultur der Stadt Wien hinterlassen.
2015 explodierte die Zahl der Brandanschläge auf Flüchtinge und Roma
In Deutschland stieg seit 2011 die Zahl von Anschlagen von unter 50 auf über 900.
2015/16 gab es in Österreich erstmals wieder Brandanschläge auf Roma-Lager. Im Feber 2016 in Linz.
Mehr als 70 Jahre nach Ende der intensiven Verfolgung der Werke des Wiener Nobelpreisträgers
Heute kennen selbst Geschichtslehrerinnen und sehr gebildete Menschen Fried in Österreich nicht. Wird der Name Fried genannt, wird er auch 2016 zunächst meist mit dem ungleich bekannteren Erich Fried verwechselt. Die Wiener Tiefenkultur auf dem Trümmerhaufen der Nazi-Barbarei überlagert sich bei Fried mit
- Anti-Pazifismus,
- Anti-Semitismus und
- Freimaurer-Feindlichkeit.
Nüchtere Wissenschaft kann diese bis heute wirksamen Traumen des 20. Jahrhunderts zwar benennen und die fragmentierten Wahrnehmungen rekonstruieren. Diese Arbeit soll das wissenschaftliche Podium am 10. Mai auf rationaler Ebene leisten. Die Nazi Kulturpolitik war aber deshalb so erfolgreich, weil mit anderen Kulturtechniken wie Film, etc. vor allem und hauptsächlich die „Politik der Gefühle“ instrumentalisierte.
Musikalischen Interventionen des Gegenstimmen-Chors zur emotionalen Restitution
Mit ausgewählten Liedern dem aktuellen Programm „Es brennt a Welt, mir leben ejbik“ hoffen wir eine fruchtbare Stimmung zu erzeugen. Der Programm-Titel stammt von einer Textzeile eines jiddischen Ghetho-Musicals – 6 Stimming arrangiert vom Chorleiter Stefan Foidl. Die Gegenstimmen sollen den emotional ästhetischen Up-Spin der Pazifismus-Kur kräftig verstärken.
Prävention gegen Hassprediger und BrandstifterInnen in Österreich
Prävention soll endlich mit allen zu Gebote stehen friedlichen Mitteln geleistet werden. Kunst, Kultur und Wissenschaft können in Wien, wie Klaus Taschwer in seinem Buch über den Niedergang der Universität Wien überzeugend zeigte, nur so wieder das Weltniveau vor dem I. Weltkrieg erlangen. Dass in Wien anti-rationale primitive emotionale Zündlerei explosionsartig zum Flächenbrand werden kann, hat das 20. Jahrhundert zweimal bewiesen. Die flächendeckende Imprägnierung der Wiener Bevölkerung gegen extremistische Feuerköpfe ist für das Immunsystem der angestrebten Smart-City zentral. Ansonsten wird wieder eine geistige Blüte der Stadt schon vorher von trögen Gewalttaten vernichtet werden.
Ausführliches Programm der Buchpräsentation
Guido Grünewald (Hg.):
Alfred Hermann Fried: »Organisiert die Welt!« Der Friedens-Nobelpreisträger
– sein Leben, Werk und bleibende Impulse; Donat-Verlag, Bremen, 2016
Moderation: Irene Suchy (ORF)
Impuls: Andreas Landl (Chefredakteur von friedensnews.at)
Podiumsdiskussion
- Guido Grünewald (Herausgeber),
- Helmut Donat (Verleger, angefragt),
- Silvia Lammerhuber (Verlegerin; Initiatorin des »Alfred Fried Photography Award«);
- Tanja Wehsely (Landtagsabgeordnete; Initiatorin von friedenspreis.at),
- Peter van den Dungen (Experte für Ideengeschichte des Friedens | University Bradford);
- Marcus Patka (Kurator | Jüdisches Museum Wien),
- Elisabeth Dietrich-Schulz (Direktorin der Parlamentsbibliothek),
- Laurie Cohen (Historikerin | Univ. Innsbruck und Klagenfurt)
Musikalische Begleitung:
»Gegenstimmen« Lieder aus dem aktuellen Programm »Es brennt a Welt«.
Musikalische Leitung: Stefan Foidl
Das präsentierte Buch
Es ist der erste internationale Sammelband über den in Wien geborenen und verstorbenen Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried.
- Warum hat es so lange gedauert, bis dieses Buch erschien?
- Warum ist es gerade heute hochaktuell?
Wachsende Ungleichheit und soziale Ausgrenzung, Aggressionen und Fanatismen verlangen nach gleichberechtigter weltweiter Zusammenarbeit. Der Wiener Nobelpreisträger hatte bereits vor 100 Jahren Ideen zu einer humaneren Organisation der Welt.
Alfred Hermann Fried wurden am. 11.11.1864 in Wien geboren. Er wurde 1891 von Bertha von Suttner für die Friedensbewegung gewonnen. Ab 1899 gab er die Zeitschrift »Friedens-Warte« heraus, die bis heute erscheint. Sein Ziel war es, eine Weltorganisation zu schaffen, die den Staaten durch eine internationale Rechtsordnung Sicherheit bieten kann und ein friedliches Zusammenleben der Völker ermöglicht. 1911 erhielt er schließlich den Friedensnobelpreis für sein lebenslanges Engagement in der Friedensbewegung. Sein Verdienst war es, die Friedensbewegung über ihre ersten theoretischen Ansätze hinaus geführt zu haben. Im I. Weltkrieg musste der Friedensnobelpreisträger in die Schweiz flüchten wo er dazu beitrug, dass die NZZ zu einer der besten Zeitungen der Welt wurde. 1921 starb er in Wien an den Folgen des Kriegs.
Gefördert von
- Kulturabteilung der Stadt Wien und
- Kulturkommion des 7 Wiener Gemeindebezirks
Links und weitere Infos
Fried-Veranstaltungsseite bei Facebook
https://www.buechereien.wien.at/de/programm/veranstaltungskalender/3745
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