Einheit und Frieden in Europa
Heute Mittwoch den 2. Jänner 2013 um 19:05 lief eine von Brigitte Voykowitsch erfreulich gut gestaltete Sendung im Rahmen der Sendereihe Dimensionen die Welt der Wissenschaft. Schwerpunktthema:
Einheit und Frieden in Europa
Ideen und Projekte aus sieben Jahrhunderten
noch 7 Tage nachhörbar auf oe1.orf.at
Anfang des 14. Jahrhunderts arbeitete der französische Scholastiker und Amtsanwalt Pierre Dubois Ideen für einen „Dauerhaften Frieden in Europa“ aus.
Seine Gedanken schrieb er in seinem Werk „Über die Wiedergewinnung des Heiligen Landes“ nieder – ein Projekt, das die Zusammenarbeit der notorisch miteinander im Konflikt befindlichen europäischen Herrscher erforderte.
Die endlosen Feindschaften und Kriege veranlassten auch in der Folge immer wieder Denker, Philosophen, Schriftsteller, Rechtsgelehrte und Mönche dazu, über eine Einigung auf dem europäischen Kontinent nachzudenken.
Erasmus von Rotterdam verfasste im 16. Jahrhundert eine „Klage des Friedens“, Hugo Grotius „Grundlagen für das Völkerrecht“, Immanuel Kant 1795 sein Buch „Zum ewigen Frieden“. Victor Hugo forderte 1849 „Die Vereinigten Staaten von Europa“.
Jedoch die Vorstellungen, die den Verfechtern von Frieden und Einheit vorschwebten, unterscheiden sich zwischen Pazifisten und EU sehr stark. Der Hintergrund für die tatsächliche Europäische Einigungspolitik nach 1945 waren die Katastrophen Zweier Weltkriege. Die Europäische Einigung sollte dem Hypernationalismus jeder Art einen dauernden Riegel vorschieben. KZs und Kriegsverwüstungen waren nach 1945 ein starkes Motiv. Man wollte verhindern, dass wie nach 1918 wieder unzureichende Veränderungen Oberwasser bekommen. Dazu kam der übernationale Schutz der Menschen- und Bürgerrechte die seit der französischen Revolution als Utopie Kreise zogen.
Bei der Analyse dieser langen Geschichte divergieren die Wissenschaftler: Die einen blicken mehr auf die Ideengeschichte und messen die Europäische Integrationspolitik an ihren Vordenkern. Wer von der Politikgeschichte kommt, blickt eher auf das Machbare und die Vielfalt von Entscheidungsfaktoren. Einige wichtige pazifistische Bindeglieder wie der österreichische Friedensnobelpreisträger von 1911 A. H. Fried wurden leider in der Sendung vergessen. Coudenhove-Kalergies Paneuropapläne bauten ohne Nennung des Mentors Fried zur EU-Gründungslegende. Die wachsende Kritik am Norwegisches Nobelkomitee die mit guten Argumenten bezweifelt, dass Nobels testamentarischer Wille richtig entsprochen wird wäre ebenfalls etwas mehr Zeit zu widmen. Insgesamt die die Sendung aber sehr gelungen und hörenswert. Einige Aspekte waren selbst für mich neu. Wir lernen eben nie aus.
Links und ergänzende Literaturtipps
www.friedensnews.at/2011/08/26/Das-tripolis-attentat-und-die-friedensbewegung
Göhring, Walter
Verdrängt und vergessen
Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried
Walter Göhring: “ Frieden ohne Grenzen – Zu Alfred Hermann Fried Friedensnobelpreisträger 1911.“ – Spuren in die Gegenwart -, Löcker GesmbH, Wien 2011
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