epizentrum wien
Nach der Hausbesetzung ist vor der Hausbesetzung
Die BUWOG-Affäre 2004 beschäftigt die Gerichte und den parlamentarischen unter Untersuchungsausschuss.
Das System Grasser-Mensdorf stellt das Rechtsempfinden vieler Menschen auf den Kopf – wie heute in einem Ö1-Hörbild: Lindengasse. Szenen einer Hausbesetzung von Patrick Spanbauer und Florian Höllerl hervorragend dargestellt wurde. (mehr …)
- Warum Steuer zahlen?
- Warum arbeiten?
- Warum Miete zahlen?
- ergauern?
Jungen Leuten reichte es sie besetzen ein Haus im Eigentum der BUWOG und
Mitte Oktober 2011 besetzten sie
„Das Epizentrum“ – Lindengasse 60/ Ecke Zieglergasse
@http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=X-ejlT2L0iQ
Mitten im Schottenfeld und im Herzen des siebenten Bezirks sollte ein Lebensraum der Extraklasse entstehen. „Wer kreativen Freiraum zum Leben sucht, findet ihn hier.“ So stand auf der – unter fragwürdigen Umständen privatisierten – Homepage der BUWOG zu lesen, der diese Gelände gehört.
Ein paar Menschen wollten nicht bis 2013 warten und nahmen die kreative Lebensgestaltung in diesem Haus zwei Jahre vorher in die Hand.
Am Freitag, den 14. Oktober, wurde das leerstehende Gebaeude in der Lindengasse 60 samt grossem Parkplatz besetzt und zum „Epizentrum“
ausgerufen.
Ziele der BesetzerInnen
Die BesetzerInnen haben sich zum Ziel gesetzt, ein selbstverwaltetes, soziales und kulturelles Zentrum zu schaffen, und sind drauf und dran,
ihre Ansprueche umzusetzen.
So gab es
- ein Info-Café,
- einen Kostnixladen,
- eine Volxkueche auf freier Preisbasis,
- Mal- und Bastelraeume zum kreativen Austoben,
- ein Medienzentrum mit Internetzugang und
- Schlaf- bzw. Wohnzimmer.
Es gab weiters
- Diskussionen und
- Filme zu sozialen Bewegungen
- eine Buchpraesentation sowie
- eine Jonglage-Show.
Die BesetzerInnen argumentierten mit den Skandalen in Österreich ab 2000 die Gerichte und Parlament für weite Kreise der Bevölkerung Österreich mit unbefriedigenden Ergebnissen beschäftigen.
- Hump-Dump-Affäre, 2000
- Eurofighter-Affäre, 2002
- BUWOG-Affäre, 2004
- Karl Heinz Grasser – Homepage Affäre, 2004. Der österreichische Finanzminister lässt sich von der österreichischen Industrielobby eine Homepage um 250.000 Euro schenken.
- Karl Heinz Grasser – Linzer Terminal Tower Affäre, 2004. Ein „Beratungshonorar“ von 200.000 Euro an Lobbyisten, die dem Finanzminister nahe stehen, räumt Hindernisse bei einem Immobilienprojekt aus dem Weg.
- Karl Heinz Grasser – BAWAG-Affäre, 2004. Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Zuge der BAWAG-Ermittlungen
- Hypo Group Alpe Adria, 2004-09. Zahlreiche Finanzaffären um die Kärnter Bank mit guten politischen Verbindungen
- Amtsmissbrauchaffären in der Wiener Polizei 2006
- BAWAG-Affäre, 2006
- Meinl Affäre, 2007. Durch undurchsichtige Bankgeschäfte werden tausende Meinl Aktionäre geschädigt.
- ÖBFA Spekulation, 2007. Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur verspekuliert bis zu 380 Millionen Euro an Steuergeld.
- Amtsmissbrauch durch Innenministerin Fekter, 2008. Die Innenministerin suspendiert den Direktor des Bundeskriminalamts, der auf versuchte politische Einflussnahme durch die Österreichische Volkspartei hingewiesen hatte.
- Liechtensteiner Steueraffäre, 2008. In die Liechtensteiner Steueraffäre waren auch 180 Personen/Firmen/Stiftungen aus Österreich involviert. Kritiker werfen dem Finanzministerium vor das Verfahren verschleppt zu haben, um Prominenten die Selbstanzeige zu ermöglichen.
- Skylink Bauskandal, 2009. Die Kosten des neuen Flughafenterminals erhöhen sich unter der politisch besetzten Unternehmensführung von 400 auf 890 Millionen Euro.
2010er
- Uwe Scheuch – Reisepass gegen Parteispende, 2010. Der Chef der freiheitlichen Partei Kärnten bietet einem russischen Investor gegen eine Parteispende die österreichische Staatsbürgerschaft.
- Telekom-Affäre 2011. Nach Bekanntwerden zahlreicher Korruptionsfälle rund um die teilstaatliche Telekom Austria tritt der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel von allen politischen Ämtern zurück.
Autonome sollten als Lehre aus der Räumung wohl eher JUS studieren, denn der Rechtsstaat scheint nur rechtlich unterlaufbar. Anwälte, Richter, Lobbyisten, PR-Kämpfer mit friedlichen Mitteln könnten das korrupte System wie weiland Gandhi kippen.
In den letzten Jahren häufen sich in Wien wieder Hausbesetzungen.
Was haben sie daraus gelernt?
- In der Lindengasse haben junge Menschen ein Objekt der BUWOG besetzt.
- Sie wollten einen sozialen Freiraum für Kunst, Kultur und Bildung schaffen.
- Allerdings haben sich Leute rund um Grasser öffentliches Eigentum anscheinend wesentlich erfolgreicher angeeignet.
Einzele Aktionen und Projekte werden von den Freiraum-Menschen nicht separat gesehen, sondern bauen immer zum Teil auf bereits gemachten Erfahrungen auf. Trotzdem stehen die Besetzer_innen oft immer wieder vor den selben Herausforderungen, Problemen und Fragen. Der Umgang damit muss jedes Mal aufs neue gelernt werden, nicht zuletzt weil die Reflexion oft nur in kleinen Gruppen statt findet. Ansätze und Erkenntnisse dieser Diskussionen werden meist nicht in einem größeren Rahmen geteilt und können dadurch nur schwer in ein neues Haus mitgenommen werden.
Die Besetzung des Epizentrums und die danach wahrnehmbare Stille
wird als Anlass genommen, Erfahrungen, Ansprüche und (Selbst-)Kritik zusammenzuführen, so lange die Eindrücke noch relativ frisch sind.
Deswegen sind alle Interessierten eingeladen, gegen die Wiederholung der ewig gleichen Muster, für eine reflektiertere Praxis bei zukünftigen Besetzungen einen kollektiven Diskussionsprozess zu beginnen.
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Posted in Friedensjournalismus, Österreich, Unfrieden, Wien