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Ist die EU türkeireif?

Erstellt am 11.06.2011 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 11280 mal gelesen und am 03.07.2011 zuletzt geändert.

GrüneFahnen.jpg(Athen-Istanbul – Wien) Die Türkei wählt morgen. Mehr als 50 Millionen Türken sind am Sonntag aufgerufen, ihre Stimme abzugeben, um 550 Parlamentsabgeordnete zu wählen. Menschen auf der ganzen Welt machen sich zurecht Gedanken über die Zukunft. Wer die brummende Weltstadt Istanbul in der Woche vor der Wahl erlebt hat, und in die vor sich hin tümpelnde EU zurückkommt, fragt mit Recht besorgt:

  • Ist die EU reif für seine lebendigste Metropole, die Kulturhauptstadt 2010?
  • Reif für die Polis, die für Europa schon seit Jahrtausenden der Schlüssel zur restlichen Welt ist?

euronews: „Nach jüngsten Schätzungen werden

  • 48 Prozent der Wahlberechtigten für die regierende Partei AKP stimmen. Ministerpräsident Erdogan steht damit also vor einem neuen Triumph.
  • Die stärkste Oppositionspartei, die CHP, kommt nur auf 28 Prozent der Stimmen.

Die Aufmerksamkeit von Politikern, Experten und Wählern richte sich deshalb nur mehr auf das Ausmaß des erwarteten Erdogan-Sieges. Denn davon hängt mehr ab als Mandate. Es geht um:

  • eine neue Verfassung für das muslimische EU-Bewerberland – und da gehen die Meinungen der WählerInnen auseinander.
  • es geht die reale Verfassung der EU und ihre Integrationsfähigkeit – und da gehen die Meinungen der WählerInnen ebenfalls immer weiter auseinander.

Gestern kam ich von einer zweiwöchigen Reise Wien-Athen-Ikaria-Samos-Ephesus-Selcuk-Istanbul-Wien zurück.

In der Wiener U6 Stadtbahn lese ich ausgehungert die Schlagzeile im Kurier des Nachbarn (immerhin vom 9. Juni 2011) – In Istanbul ist selbst im touristendurchströmten Sultanahmet an Kiosken keine österreichische Zeitung erhältlich, ich war schon froh , wenn ich ZAMAN Today ergattern konnte:

Reizthema Türkei: Gepflegte Feindschaft

Dauerkonflikt: Österreicher gegen Türken das ist brutal.

Das schreit förmlich nach einer globalen, ökologischen, politischen und friedensjournalistischen Beleuchtung, die mehr leistet als bornierte Nabelschau .

 

Ist Österreich noch Europareif?

Die Xenophobie vulgo der Fremdenhass ist zwar eine griechische Erfindung. Griechen, Türken, Serben, Jugos, Tschuschen werden in Österreich von Medien und Stammtischen meist stereotyp in die Zwange genommen. Die Mainstream-Medien in Österreich schauen den Leuten aufs Maul und vernebeln ihnen das Hirn. Aufklärung geht im ach so freien Medienmarkt systematisch vor die Hunde. Ausnahmen wie der Journalist Hans-Joachim Wiese sind selten. Er fragt vor sieben Jahren den türkischen Politologen Hüsseyin Bagci 09.01.2004:

„Ist Europa reif für den Beitritt der Türkei?“

… „Der türkische Ministerpräsident Erdogan hält sich derzeit in Berlin auf, nicht zuletzt um die deutsche Haltung zu einem möglichen EU-Beitritt seines Landes zu sondieren. Am Telefon in Ankara begrüße ich jetzt Hüsseyin Bagci. Er ist Politikwissenschaftler an der dortigen Universität.
Herr Bagci, hier in Europa wird im Zusammenhang mit einem möglichen EU-Beitritt der Türkei immer die Frage gestellt, ob die Türkei reif für Europa sei. Vielleicht sollte man die Frage auch einmal andersherum stellen: …“

Hüsseyin Bagci: Ja, tatsächlich, diese Frage wurde auch von Prof. Christopher Bertram, von der Stiftung für Wissenschaft und Politik, vor ein paar Wochen gestellt. In der Tat, die Türkei scheint zurzeit bereit zu sein, der Europäischen Union beizutreten, aber ob Europa dazu bereit ist, das ist eine andere Frage.“

Sicherlich sei:

  • die Türkei nicht mehr nur eine wirtschaftliche oder politische Herausforderung,
  • sondern auch eine intellektuelle.

Man solle daher

  • auch von europäischen Seite her zu einem Umdenken bereit sein,
  • dass auch mit dem türkischen Umdenken zusammen kommen sollte,

damit beide Seiten sich integrieren könne.

Die Türkei auf Augenhöhe mit uns EUlerInnen?

Wir Gendern auf Teufel komm raus und die Türkei kippt 2010 das Kopftuchverbot an Universitäten? Die Zustimmung der türkischen Bevölkerung zu einem EU-Betritt sank in den letzten Jahren von 70 % auf 30 Prozent, nicht zuletzt wegen der mehr als reservierten Haltung von Bevölkerung und populistischen PolitikerInnen und Medien. Meinungen, Meinungen, Meinungen, Politik der Gefühle.

Wie sehen die härteren Fakten aus – Die Türkei in die EU

„Nicht viele Themen, mit denen sich die EU beschäftigt, sind so umstritten und in ihrer Brisanz so aufgeladen wie ein möglicher Beitritt der Türkei zur EU. Nach den EU-Verträgen (EUV)  ist es grundsätzlich jedem kontinentaleuropäischen Staat gestattet, der EU beizutreten, wenn er die in Artikel 2 EUV aufgeführten Grundwerte der EU nicht nur respektiert, sondern auch fördert.“

Grundwerte der EU sind:

  • Achtung der Menschenwürde
  • Freiheit, Demokratie
  • Wahrung der Menschenrechte
  • Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz und zwischen den Geschlechtern
  • Solidarität, Pluralismus und Gerechtigkeit.

Beitrittsverhandlungen seit 2005

2005  wurden nach langen und sehr kontroversen Debatten, vor allem auf Drängen der damaligen rot-grünen deutschen Bundesregierung, durch einstimmigen Beschluss der Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eröffnet.
Diese Verhandlungen können erst abgeschlossen werden, wenn alle bestehenden EU-Gesetze, die in 35 Verhandlungskapitel unterteilt sind, von der Türkei in ihr nationales Recht übernommen worden sind.

  • Für jedes Kapitel wird ein so genanntes „Screening“ durchgeführt, bei dem die EU-Gesetze und das türkische Recht verglichen werden.
  • Wenn die EU-Kommission zu dem Schluss kommt, dass die Übereinstimmung der Gesetze der Türkei in einem Kapitel ausreichend ist, schlägt sie vor, Verhandlungen zu diesem Kapitel zu eröffnen.

Das bedeutet, dass die Entscheidung darüber, wann Verhandlungen beginnen und enden sollen, für jedes Kapitel einzeln getroffen werden muss.

  • Für die jeweilige Eröffnung der Beitrittsverhandlungen zu einem Kapitel ist die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten notwendig.
  • Theoretisch hat also jedes Mitgliedsland die Möglichkeit, bei der Eröffnung und auch beim Abschluss der Verhandlungen der jeweiligen Kapitel ein Veto einzulegen.

30. Juni 2010 – Die Verhandlungen über Kapitel 12 „Lebensmittelsicherheit, Veterinär- und Pflanzenschutzpolitik“ werden aufgenommen.

Juni 2008 – Aufnahme von Verhandlungen über zwei Kapitel: Rechte an geistigem Eigentum und Gesellschaftsrecht (Juni 2008).

Februar 2008 – Verabschiedung einer überarbeiteten Beitrittspartnerschaft für die Türkei.

Dezember 2007 – Aufnahme von Verhandlungen über zwei Kapitel: transeuropäische Netze sowie Verbraucher- und Gesundheitsschutz.

Juni 2007 – Aufnahme von Verhandlungen über zwei Kapitel: Finanzkontrolle und Statistik.

März 2007 – Aufnahme von Verhandlungen über das Kapitel Unternehmen und Industrie.

Dezember 2006 – Da die Türkei die Schlussakte zum Abkommen von Ankara nicht auf Zypern anwendet, beschließt der Rat, acht wichtige Kapitel nicht zu öffnen und kein Kapitel vorläufig zu schließen, bis die Türkei ihren Verpflichtungen nachkommt. Bei den acht Kapiteln handelt es sich um: Freier Warenverkehr, Recht auf Niederlassung und Dienstleistungsfreiheit, Finanzdienstleistungen, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Fischerei, Verkehrspolitik, Zollunion und Außenbeziehungen.

Juni 2006 – Aufnahme und Abschluss von Verhandlungen über das Kapitel Wissenschaft und Forschung.

Dezember 2005 – Verabschiedung einer überarbeiteten Beitrittspartnerschaft für die Türkei.

Oktober 2005 – Beginn der analytischen Prüfung des Besitzstands – „Screening“.

Oktober 2005 – Annahme eines Verhandlungsrahmens, danach formelle Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.

Juni 2005 – Annahme einer Mitteilung der Kommission über den zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern . Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Aufnahme und Intensivierung von Beziehungen zwischen der Zivilgesellschaft in der EU und in den Kandidatenländern.

 

Wo stehen die Verhandlungen zwischen EU und der Türkei heute?

NZZ 10.6.2011: „Während Kroatien seit heute auf einen EU-Beitritt im Juli 2013 hoffen darf, kommen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei kaum voran. Dafür gibt es mehrere Gründe.“

Beziehung zu Zypern wird zum Stolperstein

Schon vor Aufnahme der Beitrittsverhandlungen hatten die damals 25 Mitgliedstaaten die Türkei aufgefordert, die Zollunion mit der EU auf Zypern auszuweiten. Die Türkei weigert sich, ihre See- und Flughäfen für griechisch-zyprische Schiffe und Flugzeuge zu öffnen. Ankara verlangt von der EU, die Handelsbeschränkungen für den international nicht anerkannten Nordteil Zyperns aufzuheben, dessen Bevölkerung türkischsprachig ist. Zypern ist seit 1974 in die griechischsprachige Republik Zypern im Süden und den vom türkischen Militär kontrollierten Norden geteilt.

Annäherung an Teheran

Auch die Annäherungen Ankaras an Teheran, insbesondere im Atomkonflikt, sowie anhaltend scharfe Kritik der Türkei an Israel haben einige Diplomaten in der EU aufgeschreckt.

Grundrechte nicht gewährleistet

Nach einer im März verabschiedeten Resolution des EU-Parlaments ist die Türkei noch nicht für einen EU-Beitritt bereit. Vor allem bei Grundrechten wie der Pressefreiheit sahen die europäischen Volksvertreter noch dringenden Handlungsbedarf. Zwar attestierten sie dem Land in einigen Kernbereichen durchaus Fortschritte, mahnten aber erneut eine umfassende Verfassungsreform an.

In ihrem letzten Fortschrittsbericht zur Türkei stellte auch die EU-Kommission gravierende Defizite bei der Wahrung der Grundrechte fest. Die türkische Regierung müsse ihre Anstrengungen zum Schutz der Meinungs- und Religionsfreiheit und der Rechte von Frauen und Minderheiten verstärken. «Ehrenmorde, Zwangsheiraten und häusliche Gewalt bleiben ernsthafte Probleme», hiess es.

Vorbehalte gegen Muslime

In vielen europäischen Regierungen gibt es ausserdem starke Vorbehalte dagegen, einen so grossen Staat mit muslimischer Bevölkerung in die EU aufzunehmen. So möchte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der Türkei statt eines Beitritts nur eine «privilegierte Partnerschaft» anbieten.

 

Was bedeutet ein Beitritt für das große Deutschland oder das kleine Österreich?

  1. Auf Grund der Bevölkerungsentwicklung wäre die Türkei bei ihrem Eintritt in die EU sogleich größtes EU-Mitgliedsland. Das würde insbesondere bedeuten, dass
  • Deutschland in den Abstimmungen im Ministerrat nicht mehr das größte Stimmgewicht hätte und
  • im Europäischen Parlament nicht mehr die meisten Abgeordneten stellen würde.
  • Bei der im Rahmen des Lissabon Vertrages neu eingeführten Abstimmungsmodalität im Rat (Mehrheit von 55% der Stimmen und 65% der Bevölkerung) würde ein Beitritt der Türkei die Mehrheitsverhältnisse gründlich neu mischen.

An der Türkei vorbei ginge folglich nicht mehr viel.

Was steckt hinter dem Begriff „Privilegierte Partnerschaft“?
Das von Bundeskanzlerin Angela Merkel geprägte Konzept der „Privilegierten Partnerschaft“ wird als Alternative zu einer Vollmitgliedschaft gehandelt. Diese „Partnerschaft“ geht weit über die – aktuell zwischen der EU und der Türkei eingegangene Zollunion – hinaus. Angeboten wird:

Warum wäre die Türkei ein Gewinn für die EU?

Die EU gewinnt einen direkten Zugang zu einem teilweise europäischen Staat mit kulturellem Bezug zur islamischen Welt

Die EU bekommt ein neues religiiös wesentlich toleranteres Gesicht
Durch die Aufnahme der Türkei signalisiert die EU das Selbstverständnis, kein Club elitärer, westlicher Wirtschafts- und Finanzstaaten, sondern ein pluralistischer, von religiösen Vorurteilen freier Staatenbund zu sein. Die Abrahamitischen Religionen (Juden, Christen, Islam) und die kürzlich demokratisch erwachten Staaten rund ums Mittelmeer könnten erstmals politisch mit friedlichen Mitteln geeint werden. Wenn Europa und die Türkei sich friedlichen integrieren können, dann ist der Weg für ähnliche Lösungen im Nahen Osten und in Nordafrika naheliegend.

Die EU könnte die Türkei stabilisieren
60 Jahre  EU und friedvolle Koexistenz der Staaten in der Union zeigen, dass die EU, eine friedensstiftende Institution für gleichberechtigte souveräne Staaten sonder gleich ist. Eine so lange Phase ohne Krieg hat es in unserer Geschichte noch nie gegeben. Die Türkei dort einzubinden, würde das Land langfristig stabilisieren. Bislang gab in keinem Staat der Union einen Militärputsch.

Die Türkei ist im Wandel
Die Reformanstrengungen und der Modernisierungsprozess in der Türkei zeigen: vieles sollte noch verbessert werden. Viele Bereiche sind jedoch bereits gut voran gekommen. Gesamtzusammenhang gesehen stellt sich auch die Frage nach realistischeren anderen Perspektiven. Erste Gespräche zwischen der Türkei und der EU gab es bereits 1963. Seitdem geht der Trend immer wieder in Richtung Reform. Die EU lobt aus geopolitischen Gründen ausdrücklich

Reformdruck auf die EU – Vertiefungsanreize zur Sozialisierung des christlichen Europa der Konzerne und Generäle

Längst überfällige Reformen im Bereich

  • der Agrarwirtschaft,
  • der Fischerei und
  • der Verwaltung und der EU Institutionen

müssten seitens der EU  bei einem Türkeibeitritt endlich in Angriff genommen werden, da ein Beitritt die EU andernfalls mit Sicherheit überfordern würde.

Auch die EU wäre durch den Beitritt der Türkei also zu weiteren Reformschritten gezwungen!

Bedingungen für einen Vollbeitritt der Türkei?

Defizite bei den Menschenrechten
Die Europäische Kommission hat in ihrem bislang letzten Fortschrittsbericht 2009 über die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei weiterhin Defizite bei den Menschenrechten bemängelt. Nach Auffassung der EU-Kommission müsse die Türkei noch erhebliche Anstrengungen bei

  • der Meinungsfreiheit,
  • der Pressefreiheit,
  • der Religionsfreiheit sowie
  • bei der Bekämpfung von Folter und Misshandlung

unternehmen.

Rechtsstaatlichkeit und Werteordnung
Insbesondere die aus EU-Sicht negative Haltung der Türkei in der Armenienfrage und im Zypernkonflikt zeige einen Mangel an Rechtstaatlichkeit in der Türkei. Die Ratifizierung des Ankara-Protokolls durch das türkische Parlament, was zur faktischen Anerkennung Zyperns durch die Türkei führen würde, ist für die EU zwingende Vorraussetzung für eine Intensivierung der Beitrittsverhandlungen.
Auch stellt sich für viele europäische Bürgerinnen und Bürger die Frage, ob  die Türkei wirklich ein europäischer Staat mit europäischen Moral- und Wertvorstellungen ist. Dinge, wie

  • Ehrenmorde und
  • Zwangsheiraten

verstören und befremden die Menschen in Europa und werden weder verstanden noch gebilligt.

Nach einer Untersuchung der Europäischen Union wurden in der Türkei seit 2001 über 1.800 Frauen Opfer sogenannter „Ehren“-Morde.

Ehrgeizige Ziele – aber keine Umsetzung oder Anwendung sind bereits in Griechenland ein Problem
Die pro-europäische Regierungspartei AKP mit ihrem Chef Erdogan hat

  • die selbst gesetzten ehrgeizigen Reformziele nur unzureichend umgesetzt oder
  • ihre breite Förderung im politischen und gesellschaftlichen Alltag oft vernachlässigt.

Kulturelle Unterschiede ohne ausreichende Interkulturelle Lösungskompetenzen in der EU und in der Türkei
Die Türkei mit mehr als 90% Bevölkerung MuslimInnen, wird das geistig-kulturelle Leben in erheblichem Maße von islamischen Vorstellungen geprägt, die sich von Werten und Traditionen der bisherigen EU-Mitgliedstaaten deutlich unterscheiden. Nathan der Weise schläft oder ist in den Gaskammern und Lagern Europas umgekommen. Im Gegensatz zu den politischen und wirtschaftlichen Eliten in der Türkei gibt es für Europäer wenige bewusste kulturelle Gemeinsamkeiten mit den Menschen in der Türkei.

Zu den Bevölkerungsgruppen in der Türkei zählen – laut Wikipedia – die Türken, die Kurden, die Zaza, die Lasen, die Tscherkessen, die Araber, die Tschetschenen, die Aramäer, die Armenier, die Griechen, die Juden und zahlreiche weitere Ethnien, deren prozentualer Anteil an der Gesamtbevölkerung sehr gering ist.

Die zahlenmäßig größte Minderheit der Kurden wird von der Türkei nicht als Minderheit anerkannt, ebenso wenig die autochthone Minderheit der Aramäer. Daneben gibt es weitere ethnische Gruppen. Peter Andrews listete 51 ethnische Gruppen auf. Trotz der ethnischen Vielfalt stellen mit mindestens 70–80 % Türken die Mehrheit.[1] In der Türkei wird bei Volkszählungen seit 1985 nicht mehr nach der Muttersprache gefragt, die Ergebnisse werden seit 1965 nicht mehr veröffentlicht.[2]

Der Beitritt der Türkei würde sehr teuer

Die Türkei ist im EU-Vergleich ein armes Land (1/6 des BIP von Deutschland). Experten gehen davon aus, dass nach heutigen Regelungen jährlich etwa 22 Mrd. Euro in die Türkei fließen müssten, um dort den Anschluss und europäische Standards herzustellen. Ein nennenswerter wirtschaftlicher Rückfluss fände vorerst aber nicht statt, da die Türkei wirtschaftlich seit dem Beitritt zur Zollunion ohnehin schon weitestgehend an die EU angebunden sei. Die Türkei ist eine stark von Agrarwirtschaft geprägtes Land, sodass etwa ein Drittel aller Mittel des Agrarhaushalts der EU ohne Reform des Agrarsektors der EU zukünftig in die Türkei gehen müssten.

Die begrenzte Aufnahmefähigkeit der EU zeigt ihre Defizite deutlich

Grundvoraussetzung für einen gelungen Beitritt der Türkei zur EU wäre die Fähigkeit der EU, einen so großen Staat wie die Türkei überhaupt aufnehmen zu können. Die kulturellen Unterschiede sowie die politische und die wirtschaftliche Eingliederung der Türkei überfordern die Integrationskraft und die Stukturen der EU derzeit klar. Weitere Reformen des Vertrags von Lissabon sind unabdingbar. Das Friedensprojekt Europa muss über seinen Schatten springen. Wie wäre es mit einer neuen Verfassunung in der friedliche Mittel statt der unseeligen Militarisierung Europas wieder den Geist der Union und das Verhalten der Union lenken. Ein Schuhman-Plan für eine Europäisch-Mediterane-Union (EMEDU) und ein Transatlantische Union wäre ebenfalls eine angemessene Antwort auf die gigantischen Herausforderungen der Menschheit im 21. Jahrhundert.  Die Zuwanderung von rund 3 Millionen Türken in Europa die Experten erwarten sind für eine reife Union und eine EU-Sozialpolitik die endlich in die Gänge kommt ein durchaus für alle beteiligten gewinnbringend gestaltbarer Prozess.

Türkei ein Riesenmarkt für öko-soziale Wirtschaftsleistungen

Istanbul mit 13 bis 20 Millionen Einwohner, einem Verkehrschaos das in Europa seines gleichen sucht, einer Energieeffizienz die am untersten Ende im Ranking der europäischen Großmetropolen liegt, korruptionsbedingt zu 60-70 % erdbebengefährdeter Bausubstanz ausgestattet ist und ein kulturelles Erbe wie keine andere Metropole Europas wäre schon alleine ein interessanter Wirtschaftspartner. Hinzu kommt die Türkei deren heutige Grenzen die Regionen liegen in denen die Menschheit viele ihrer Schlüsselleistungen vollbrachte. Südlich von Konya liegt Catal Hoyük wo bereits vor 9000 Jahren eine Stadt entstand in der Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit existierte ohne das für einen Zeitraum von mehr als 1000 Jahren ein Skelett gefunden wurde das auf Gewalt von Menschen gegen Menschen schließe. Die Teilnahme an einer Transatlantisch-Eurasisch-Mediteranen-Union mit mehr als 1000 Jahren Frieden und Gerechtigkeit wäre nach 5000 Jahren Kain und Abel wieder mal ein echter Fortschritt. Istanbul wäre dafür eine gut gelegene Hauptstadt.

Der älteste bislang gefundene Friedensvertrag findet sich im Origial ebenfalls im archäologischen Museum von Istanbul.

Istanbul ist für mich die mit Abstand bislang faszinierendste Stadt die ich je kennen gelernt habe (Athen, Paris, Barcelona, Havana, Madrid, London, Berlin, Zürich, Brüssel, Wien).

 

Links

http://ec.europa.eu/enlargement/candidate-countries/turkey/index_de.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Beitrittsverhandlungen_der_Türkei_mit_der_Europäischen_Union

http://www.axel-voss-europa.de/eu-erweiterung/articles/die-tuerkei-in-die-eu.html

dradio.de – Interview

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/226239/

http://www.tuerkei-zeitung.de/nachrichtentuerkeiundwirtschaft/wahlen-in-der- tuerkei-am-12-juni-2011.html

Vranitzky: „Außenpolitik Österreichs verdient Ordnungsruf“

http://kurier.at/nachrichten/3912992.php

Sie können weitere Informationen über die Tätigkeit der EU auf den Gebieten Arbeit und Soziale Sicherheit nachlesen:

 

 

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