Bundesheer neu ohne Wehrpflicht für Männer
100 Jahre Kampf um Frauenrechte, „Fukushima, Libyen, Strasser“ … „Kernkraft, Krieg und Korruption beherrschten die Schlagzeilen der vergangenen Wochen“, laut Kurier.
„Aber war da nicht noch etwas?“ Richtig die Abschaffung der Wehrpflicht.
- Die Kronte hatte von der SPÖ einen Meinungsschwenk gefordert und vor der Wienerwahl auch bekommen.
- Im Jänner hatte der Bundeskanzler erklärt, die Abschaffung der Wehrpflicht werde in „den nächsten Monaten“ kommen – oder es gebe ein Volksbegehren.
Davon sei jetzt nichts mehr zu hören. Die Wahrheit, so Brandstetter, sei:
- Die SPÖ sei sich nach aktuellen Umfragen nicht mehr sicher, ob sie bei einem Volksentscheid wirklich eine Mehrheit bekomme – und
- die Krone habe ihre Kampagne aufgegeben.
Habe ich die Geschlechterfrage überhört oder nur die österreichischen Massenmedien?
Wenn ich nicht irre wurde das Argument, dass die „Allgemeine“ Wehrpflicht die Frauen bisher nicht in die Pflicht nahm in der Debatte um die Wehrsplicht nicht im öffentlichen Diskurs. Wer friedensnews.at kennt kann sicher sein, dass friedensnews.at nur aus Gerechtigkeitsgründen keine allgemeine Wehrpflicht für alle, sprich für Männlein und Weiblein fordern wird. Obwohl, für die Gleichstellung der Geschlechter im Reich der Pflichten wäre diese Option sicher gerechter als die jetzige Situation.
Die jungen Männer wurden
- in den letzten Jahren im Haushalt und in der Erziehung zu 50 % der Arbeit verpflichtet.
- Ihre Lebenserwartung hinkt immer noch deutlich hinter der der Frauen her – und das ist biologisch nicht zu erklären, wie Studien in Klöstern zeigen.
- Wenn ein kleines Beben im Norden, Osten, Süden, Westen von Österreich HeldInnen der ABC-Abwehr erfordert, dann würde ich sagen, dass der Anteil der freiwilligen Frauen kaum höher sein dürfte als derzeit in Fukushima.
Was lernen wir daraus?
- „dass auch ein Blatt mit großen Lettern nicht unbedingt die Meinung der Österreicher formen kann. Schon zuvor sind ja schon Zeitungskampagnen gescheitert.
- Politiker können sich ruhig Zeit für Verhandlungen nehmen, wenn sie eine nachhaltige Reform durchführen.
- dass die Bundesheerreform, eine aktive Friedenspolitik Österreichs und die Emanzipation von Männern und Frauen stark zusammenhängen
Es gibt seit geraumer Zeit einige neu Modelle des Verteidigungsministers zu einer Reorganisation der Wehrpflicht für Männer.
Hintergrund
Peter Daser, Ö1, meldete in der Debatte um ein Ende der Wehrpflicht beginne ein neuer Abschnitt: Verteidigungsminister Nobert Darabos hat eine Reihe von Modellen vorgestellt, wie ein Bundesheer ohne Wehrpflicht funktionieren könne. Die Wogen gingen hoch! Vor allem ÖVP- und FPÖ-Politiker der ersten Reihe erhoben das Wort zur Mannespflicht der Wehr.
Minister Darabos hatte noch vor wenigen Monaten gesagt: die Wehrpflicht sei in Stein gemeißelt.
Der Minister ist bekanntlich Historiker und weiß wahrscheinlich – wie kaum ein anderer dieser Regierung – was die historische Tragweite dieser Methapher ist. In Stein gemeißelte Texte können wesentlich schwerer vernichtet werden als Papierrollen.
- Frühchristen verbrannten ja in Alexandria die größte Bibliothek der Antike.
- Sie schrieben Texte um.
- Erklärten Schriften über Maria Magdalena die quasi eine Apostelin war als irrelevant und
- vernichteten so viele Schriften wie möglich davon.
Es dauerte bis ins 20 Jahrhundert bis in Stein gemeiselte Göttinnenmythen der SumererInnen entziffert wurden. Und sie wurden erst im 21. Jahrhundert von einer katholischen Theologin ins Deutsche übertragen.(siehe Rezension: Göttinnen großer Kulturen). Doch nun bringt Darabos Bewegung in Steinmetzkunst.
Mischsystem zwischen Berufsarmee und Miliz, in dem nur Freiwillige dienen –16.000 Berufsoffiziere
Zwar legte Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sieben verschiedene Modelle für eine Abschaffung der Wehrpflicht vor. Seine persönlich bevorzugte Variante hatte er aber schon am Wochenende davor in einigen Medien bekanntgegeben:
Eine Art Mischsystem zwischen Berufsarmee und Miliz, in dem nur Freiwillige dienen.
Schweden habe – so eines seiner Argumente – vor kurzem auf ein derartiges Modell umgestellt.
Hinauslaufen würde das auf
- eine 15 bis 16.000 Mann starke Kerntruppe aus Berufsoffizieren und Unteroffizieren.
- Dazu kämen einige tausend Zeitsoldaten, die sich auf eine mehrjährige Dienstzeit verpflichten müssten und
- dazu eine rund 10.000 Mann starke Miliz. Sie solle auch für den Katastrophenschutz einsetzbar sein.
Das alles war zunächst nicht offiziell und der Minister selbst war für Nachfragen zunächst nicht erreichbar, da unverzüglich ein veritables Donnerwetter losbrach und eine neuerliche handfest Koalitionskrise wie ein Vulkan aufbrach.
Die ÖVP Meinungen sind bis heute geteilt
Nach der Präsentation der Modelle von Darabos wurde von Opposition und SPÖ auch vom Koalitionspartner ÖVP eine Festlegung in der Wehrpflicht-Frage erwartet. Es scheint, dass die ÖVP darauf aber noch nicht vorbereitet war. Daher wurde zunächst gemauert. ÖVP- Generalsekretär Fritz Kaltenegger hatte angekündigt, die konkreten Vorschläge von Darabos abwarten zu wollen. Bisher gebe es für ihn keinen Grund, die Wehrpflicht abzuschaffen.
Ansonsten wareb aus der ÖVP teilweise entgegengesetzte Meinungen zu hören:
- die junge ÖVP wolle sogar eine Erweiterung des bisherigen Systems, auf eine Art allgemeine Dienstpflicht für junge Männer – auch auf solche, die bisher als Untaugliche weder Wehr- noch Zivildienst leisten mussten.
- Andererseits brachte der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas die Neutralität ins Spie, er forderte:
- den Eintritt Österreichs in ein europäisches Verteidigungssystem.
- Die Neutralität sei laut Karas überholt und nur noch ein Mythos.
Auch Opposition in und außerhalb des Parlaments ist in der Heeresfrage erwartungsgemäß gespalten
- Grüne und BZÖ sind bisher für ein Ende der Wehrpflicht,
- die Freiheitlichen für ein Beibehalten.
Experte Reiter für Freiwilligen- oder Berufsarmee
Jedenfalls für die Umstellung auf eine Freiwilligen- oder Berufsarmee ist der Heeres- und Militärexperte Erich Reiter. Reiter ist
- Präsident des Internationalen Instituts für Liberale Politik in Wien
- er war früher Sektionschef hochrangiger Beamter im Verteidigungsministerium.
Aus seiner Sicht sei
- das Bundesheer in seiner jetzigen Form ohnehin untauglich für den ursprünglichen militärischen Zweck.
- Eine Umstellung des Systems auf ein Berufsheer könne allerdings mehrere Jahre in Anspruch nehmen,
so Erich Reiter im Ö1 Morgenjournal.
Morgenjournal, 17.01.2011
In einem Gastkommentar am 17.2.2011 nahm Gerald Mader der Altmeister der Friedenspolitiker Stellung zur
„Wehrpflicht aus pazifistischer Sicht“
Mader argumentierte: Je nachdem,
- ob die Freiheit des Einzelnen oder
- eine visionäre Friedenspolitik (Entmilitarisierung) im Vordergrund stünden,
gebe es innerhalb dieser beiden Positionen gute Gründe für und gegen die Wehrpflicht oder ein Berufsheer.
Pazifismus
Er heiße Absage an das Militär und an jeden Krieg.
„Nie wieder Krieg“, habe es auch in Österreich nach 1945 geheißen.
Für den deutschen Wissenschafter Wolf-Dieter Narr gebe es nicht „mehrere Pazifismen verschiedener Prozente“. Es gebe nur einen Pazifismus, und der vertrage sich nicht mit gewaltgestützter Interessendurchsetzung. Gehe man von dieser radikalen Pazifismusdefinition aus, dann sei die Beendigung der Wehrpflicht die beste Lösung für einen Staatsbürger, der von der pazifistischen Idee der Freiheit von jedem Zwang erfüllt ist.
Sicht einer visionären Friedensforschung und Friedenspolitik, die weltweit Entmilitarisierung anstrebt
Komplexer sei, laut Mader, die Sicht einer visionären Friedensforschung und Friedenspolitik, die weltweit Entmilitarisierung anstrebe, womit der Kampf gegen
- Militarismus, Rüstungswahnsinn und
- völkerrechtswidrige Kriegsführung verbunden sei.
Eine solche visionäre Zielsetzung schließe jedoch realpolitische Zusammenarbeit nicht aus. Denn Politik sei ein Spiel der Macht für unterschiedliche Ziele, Werte und Interessen mit diversen Instrumenten, die alle dem Wandel der Zeit unterliegen. Auch die heftige und teils polemische Wehrpflichtdiskussion sei, laut Mader ein Beispiel eines solchen Ziel- und Interessenkonfliktes.
Welche Wehrstruktur fördert oder behindert die friedenspolitische Zielsetzungen?
Laut Mader sei es „das historische Verdienst der EU, dass ihre Mitglieder Interessengegensätze nicht mehr militärisch, sondern politisch austragen“.
- Die Internationale Staatengemeinschaft sei aber trotz UNO erst in einem Übergang von einem anarchischen Natur- zu einem Rechtszustand.
- Auch die EU-Realpolitik halte sich nicht an ihren ursprünglich wertorientierten Friedens- und Sicherheitsanspruch. Im Gegenteil: Die EU-Großmächte wollen sich so wie Nato und USA weiter die Möglichkeit offen halten, völkerrechtswidrige Interessenkriege (ohne UN-Mandat) zu führen, wenn es um Rohstoff- und Energiesicherheit, wirtschaftliche oder geopolitische Interessen gehe, und eine europäischen Militärmacht aufbauen.
Angriffskriege stehen im Widerspruch zum Völkerrecht
Das größte Hindernis für militärische Interventionen sei die fehlende Zustimmung der Bevölkerung.
- So lehnen, laut Mader, zwei Drittel der Deutschen den weiteren Afghanistan-Einsatz ab. Gehe man davon aus, dass ein Berufsheer demokratiepolitisch leichter für Kriegsführung einsetzbar ist, wäre dies ein friedenspolitisches Argument dagegen.
Österreich sei
- heute militärisch von seinen Nachbarn, mit denen es kooperiert, nicht bedroht.
- Die Neutralität sei durch den Vertrag von Amsterdam eingeschränkt.
- Österreich und die neutralen Staaten hätten jedoch aufgrund des EU-Vertrags (irische Klausel) das Recht, die Teilnahme an völkerrechtswidrigen Kriegen zu verweigern, und sollten dies auch tun.
Erst wenn die EU beschließe, keine Militär-Interventionen ohne UN-Mandat durchzuführen, wäre die österreichische Neutralität zu vergessen. So der Real-Friedenspolitiker Gerald Mader. Er ist Präsident des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK).
Links
http://www.wienerzeitung.at/default.aspx?tabID=4152&alias=wzo&cob=544497
Morgenjournal, 17.01.2011Audio als mp3
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