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Lizenz zum „Schießen auf Sicht“ sofort zurücknehmen

Erstellt am 15.01.2011 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 4978 mal gelesen und am 16.01.2011 zuletzt geändert.

Tunesiens Regierung verletzt internationalen „Pakt über bürgerliche und poltische Rechte“
Aktivisten an unbekanntem Ort inhaftiert – Schussbefehl auf DemonstrantInnen

Tunis/London/Wien, am 14.1.2011- Amnesty International forderte die tunesischen Behörden auf,

  • die Feuererlaubnis auf Demonstranten, die die Ausgangssperre missachten, sofort zurückzunehmen und
  • den Aufenthaltsort zweier im Zuge der Unruhen festgenommener Aktivisten bekanntzugeben.

Es sei schlicht verantwortungslos, die Lizenz zum ‚Schießen auf Sicht‘ zu geben. Die öffentliche Ordnung werde nicht dadurch wieder hergestellt, dass weiter Demonstranten erschossen werden. Die blutige Niederschlagung müsse beendet werden, so Amnesty-Expertin Hassiba Hadj Sahraou in London.

„Sowohl Polizei als auch Militär sollten wissen,
dass sie sich nicht hinter Anweisungen, auf Demonstranten zu schießen, verstecken können.
Sie werden für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden.“


Als Unterzeichnerstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ist es Tunesien unter allen Umständen verboten, die grundlegendsten Menschenrechte einzuschränken.

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Das gilt vor allem für das Recht auf Leben, das Verbot willkürlicher Verhaftungen, das Recht auf ein faires Verfahren sowie das Verbot von Folter und anderer Formen unmenschlicher Behandlung.

„Nach mehr als zwei Jahrzehnten grausamer Repression, muss den tunesischen Behörden klar sein, dass die Zeit für Rechenschaft gekommen ist“, sagt Hassiba Hadj Sahrao. Mit Blick auf die Zukunft fordert die Amnesty-Vizedirektorin für Nordafrika: „Wenn das Land vorankommen will, muss die Reform des Sicherheitsapparats ganz oben auf der Agenda stehen.“

Aktivsten an unbekanntem Ort festgehalten

Hamma Hammami, Sprecher der verbotenen Kommunistischen Partei der Arbeiter Tunesiens (PCOT), wurde Berichten zufolge gemeinsam mit dem Anwalt Mohamed Mzem am 12. Jänner von rund 20 Mitgliedern der Präsidentengarde verhaftet.

„Wir wissen derzeit nicht, wo die beiden festgehalten werden, und befürchten angesichts der katastrophalen Menschenrechtslage in Tunesien, dass sie gefoltert werden könnten“, fordert Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt ihre sofortige Freilassung –  oder aber deren Anklage und ein faires Verfahren, „wenn die Behörden den Männern erkennbar strafrechtlich relevante Vergehen zur Last legen.“ Die Familien und Anwälte müssen sofort über den Aufenthaltsort der beiden Aktivisten erfahren.

Sicherheitskräfte begegneten Protestwelle mit Gewalt

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Allein am vergangenen Wochenende wurden im Zuge von Demonstrationen wegen schlechter Lebensbedingungen, Arbeitslosigkeit und Korruption mindestens 23 Menschen getötet. Amnesty befürchtet weitere Tötungen und willkürliche Verhaftungen. Auch in der Vergangenheit prangerte Amnesty International willkürliche Verhaftungen, Folter und Misshandlungen in Isolationshaft sowie gewaltsames Verschwindenlassen in  dem nordafrikanischen Land an.

Auslöser der anhaltenden Proteste war der Tod von Mohamed Bouazizi Mitte Dezember 2010. Der 26-Jährige arbeitslose Akademiker beging Selbstmord, nachdem die Polizei seinen Obst- und Gemüsewagen beschlagnahmte, und ihm damit seine einzige Einkommensquelle nahm. Die verzweifelte Tat entfachte eine Protestwelle, an der sich Gewerkschafter, Studenten, Menschenrechtsaktivisten und Anwälte beteiligen. Sie fordern Arbeitsplätze, bessere Lebensbedingungen und die Bekämpfung von Korruption in dem nordafrikanischen Land.

Fact-Finding-Mission in Tunesien

Derzeit befindet sich auch ein Amnesty-Team in Tunesien, um die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Nordafrika-Expertin Diana Eltahawy bloggt aus Tunis. Ihren Blog finden Sie unter

http://livewire.amnesty.org/2011/01/15/twelve-hours-that-shook-tunisia-trapped-in-my-hotel-room/

 

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