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In Lissabon droht neue NATO-Atomwaffen-Strategie der Dinosaurier für die nächsten Jahrhunderte

Erstellt am 21.11.2010 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 4434 mal gelesen und am 29.11.2010 zuletzt geändert.

Die NATO wolle sich beim Gipfeltreffen am 19./20. November 2010 in Lissabon ein neues Strategisches Konzept geben. Das Miltärbündnis suche nach Aufgaben, um das Bündnis zusammen zu halten, so Regina Hagen die verantwortliche Redakteurin Wissenschaft und Frieden in der gestern erschienenen Zeitschrift Freiraum 3/10.

Atomwaffen sollen aus dem Arsenal der Nato laut orwellscher Neusprache von
US-Aussenministerin Clinton erst „in einem fernen Jahrhundert“ verschwinden.

Vor rund 20 Jahren fiel der Eiserne Vorhang.

  • Der NATO kam dadurch der Gegner Sowjetunion und ihr zentraler Daseinsgrund abhanden.
  • Seither hat sich das Bündnis auf 28 Staaten vergrößert und bis an die Grenze Russlands ausgedehnt; ein glaubwürdiges neues Ziel für das brandgefährliche Bündnis ist fast 100 Jahre nach dem Beginn des I. Weltkrieges nicht in Sicht.

Zur Erinnerung: Der I. Weltkrieg, der erste organisierte Massenmord jenseits der 10 Millionengrenze, forderte rund 17 Millionen Tote. Er entflammte aufgrund der Kriegsautomatik derartiger Bündnisse nach Konflikten mit vergleichsweise läppischem Personenschaden – Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajevo.

NATO-Krieg gegen Afghanistan und Besatzung mit UNO-Mandat seit 2001

Der Krieg in Afghanistan seit 2001 ist die jüngste Phase des seit 1978 andauernden afghanischen Konflikts, die mit der US-geführten NATO-Intervention im Herbst 2001 eingeleitet wurde. Die Vereinigten Staaten und ihre NATO-Verbündeten sowie einige UNO-Truppen verfolgten dabei laut Wikipedia vorgeblich und dem Mainstream der US-Kriegs-PR zwei Ziele

  1. die seit 1996 herrschende Taliban-Regierung zu stürzen und
  2. die Terrororganisation al-Qaida zu bekämpfen – die für die Terroranschläge am 11. September 2001 verantwortlich seien.

Dazu ging die US-Kriegskoalition in Afghanistan ein Bündnis mit der Anti-Taliban-Allianz der Vereinigten Front ein. Es folgte unter George W. Bush, der laut jüngster Aussendung von Amnesty International als Kriegsverbrecher angeklagt werden sollte.

Die Einsetzung einer mehrdimensional korruptionsverdächtigen Interimsregierung unter Präsident Hamid Karzai auf der parallel stattfindenden ersten Petersberger Afghanistan-Konferenz beendete den geostrategisch für die NATO interessanten Krieg. Die französische Zeitung Le Monde berichtete, laut wikipedia, am 9. Dezember 2001, Hamid Karzai habe seine Ausbildung nach dem Politikstudium in Indien während der 80er Jahre in den USA abgeschlossen und dort als Berater für den Energiekonzern Unocal gearbeitet. Sowohl Unocal als auch das Umfeld Karzais dementierten dies zwar. In Zeiten des Information Warfare und der Kriegs-PR-Agenturen sind solche Dementis aber mit äußerster Vorsicht zu genießen. Wikipedia wird seit Jahren immer wieder systematisch durch US-Militärpersonal gezielt manipuliert. Es liegt in der Natur der Sache, dass solche Manipulationen nur schwer aufzudecken sind.

Wikipedia: „Eine mögliche Verbindung zwischen Karzai und Unocal gilt als brisant, da das Unternehmen zwischen 1996 und 1998 an einem Konsortium für den geplanten Bau einer Gas-Pipeline durch das Taliban-beherrschte Afghanistan beteiligt war. Nach dem Sturz der Taliban unterzeichnete die Regierung Karzai 2002 mit Turkmenistan und Pakistan einen Vertrag über die Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan-Pipeline, die einen ähnlichen Verlauf wie das frühere Projekt haben soll.“

Weiters wirft man der Watan-Group, einem Unternehmen, das von den Cousins Hamid Karsais geführt wird vor, indirekten Kontakt zu islamistischen Drogenkartellen zu unterhalten. Die CIA und andere US-Geheimdienste operieren und kooperieren bereits seit dem kalten Krieg in diesem Stil.

Zum Schutz dieser Regierung und zur angeblichen Unterstützung des Wiederaufbaus wurde nach dem Krieg durch den UN-Sicherheitsrat im Dezember 2001 eine

Die afghanische Zentralregierung ist seither zunehmend Angriffen durch häufig als „Neo-Taliban“ bezeichnete bzw. konstruierte Guerilla-Gruppen ausgesetzt.

Im Februar 2010 betrieben die NATO und die Afghanische Nationalarmee in Afghanistan etwa 700 Militärstützpunkte.[1]

Obama und Afghanistan aus Sicht eines Cartoonisten

http://cartoonsbyhenry.com/?tag=afghanistan&paged=2

Was droht seitens der NATO-Strategen in Lissabon 2010

Auf der Tagesordnung stehen Themen, die dem Zusammenhalt des Bündnisses dienen. Dabei spielen, laut Hagen, Atomwaffen eine wichtige Rolle.

Im April 2009 bekannte sich US-Präsident Obama in Prag noch zur „Vision einer atomwaffenfreien
Welt“
.

2010 gab Hillary Clinton in Tallinn/Estland bei einem Treffen der NATO-Außenminister eine
andere Parole aus.

„Wir müssen begreifen, dass die NATO ein nukleares Bündnis ist, solange es Atomwaffen gibt. Für ein nukleares Bündnis ist die Teilhabe an nuklearen Risiken und die Übernahme von Verantwortung fundamental.“ Im Juli 2010 konkretisierte sie ihre Zeitvorstellung für nukleare Abrüstung, als sie ihren Mitarbeitern dankte für ihre harte Arbeit, „damit wir irgendwann, in einem fernen Jahrhundert, unser Ziel einer atomwaffenfreien Welt erreichen”. So etwas ist, diplomatisch formuliert, der Sankt Nimmerleinstag. Beobachter waren daher kaum erstaunt, dass im Mai 2010 eine Expertengruppe unter Leitung der knallharten früheren US-Außenministerin Madeleine Albright tätig wurde.  Angela Merkel zitierte Albright in ihrer Rede auf der 40. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik am 7. Februar 2004: „Die zentrale außenpolitische Zielsetzung lautet, Politik und Handeln anderer Nationen so zu beeinflussen, dass damit den Interessen und Werten der eigenen Nation gedient ist. Die zur Verfügung stehenden Mittel reichen von freundlichen Worten bis zu Marschflugkörpern.“ – laut Autobiographie „Madam Secretary“.

Den Forderungen einiger NATO-Außenminister, darunter Guido Westerwelle, nach Abzug der verbliebenen US-Atomwaffen aus Europa wurde eine Abfuhr erteilt: „Solange Atomwaffen in den
internationalen Beziehungen eine Realität bleiben, sollte das Bündnis in seiner Abschreckungsstrategie eine nukleare Komponente beibehalten … Unter den aktuellen Sicherheitsbedingungen stärkt die Aufrechterhaltung einiger [ 180 Bomben!] vorwärts stationierter Systeme auf europäischem Boden das Prinzip der erweiterten nuklearen Abschreckung und der kollektiven Verteidigung,“ heißt es in den Empfehlungen
der Gruppe zum neuen Strategischen Konzept
.

Im Sommer bastelte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, laut Hagen, daraus einen nur 12-seitigen
Entwurf, der Ende September 2010 (unter Geheimhaltung) den Mitgliedstaaten zuging und am 14. Oktober bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister diskutiert werden soll.

Die New York Times meldete, dass

  • auf Drängen Deutschlands und einiger anderer Staaten der Entwurf zum ersten Mal in der Geschichte der NATO zur nuklearen Abrüstung aufrufe,
  • was bei etlichen Verbündeten sofort auf heftige Gegenwehr stieß.

Ein NATO-Diplomat kommentierte

„Die Atomwaffenfrage läuft doch darauf hinaus: Hält die NATO ihren status quo aufrecht und behält dazu ihre Waffen zur Abschreckung bei, oder gibt die NATO endlich Rüstungskontrolle und Abrüstung den Vorrang?

Bis zum Lissabonner Gipfel in wenigen Wochen scheine, laut Hagen, die Zeit zu knapp, die Kontroversen auszuräumen. Rasmussens vorgebliche Lösung sei daher,

  1. Atomwaffen im Strategischen Konzept nur am Rande zu erwähnen und
  2. Details in einen mehrere hundert Seiten umfassenden, als supergeheim deklarierten Anhang auszulagern.

Die Militärdoktrin der NATO wird – nach diesem Manöver – für die Normalbürger erst im Frühjahr 2011 in einem Strategic Defense Review überprüft und inszeniert. Wehren dagegen können sich aufmerksame Leserinnen von friedensnews.at aber bereits jetzt durch die Beteiligung an der Postkartenkampagne zum Abzug der Atomwaffen aus Büchel.

Siehe: http://atomwaffenfrei.wordpress.com/2010/10/13/bombenstimmung-in-der-nato/

 

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