Gedenkstunde für gehimmlerte und gestrachelte Roma und Sinti
Am Mahnmal, Ignaz Rieder Kai 21, 5020 Salzburg
Freitag, 23. April 2010, 11.00 Uhr
Ignaz Rieder Kai 21 (beim Spielplatz, 500 m salzachaufwärts ab Volksgarten)
Ab 1938 änderte sich die – wie heute – latent fremdenfeindliche Stimmung die Lage in den österreichischen Gauen für die Roma dramatisch. Florian Freund, DÖW, schreibt dazu:
Für die in Österreich verbliebenen Roma und Sinti verschlechterten sich die Lebensbedingungen laufend. Die Mehrheit mußte in bewachten Lagern in
- Salzburg (Lager Leopoldskron),
- Oberösterreich (Lager Weyer),
- Burgenland (vor allem Lager Lackenbach) und der
- Steiermark
leben und innerhalb und außerhalb der Lager unter schlechtesten Bedingungen Zwangsarbeit leisten. (19)Ohne daß die noch lebenden die österreichischen Roma und Sinti es ahnen konnten, wurde in Berlin über ihr Schicksal verhandelt. Es ging um die Frage, was mit den angeblich „reinrassigen Zigeunern“ geschehen sollte. Durchaus ungünstig wirkte es sich aus, daß die „Rassenhygienische Forschungsstelle“ Robert Ritters in Form des SS-Amtes „Ahnenerbe“ Konkurrenz bekommen hatte, das nun ebenfalls Einfluß auf die Politik gegenüber den Roma und Sinti innerhalb des Deutschen Reiches ausübte. (20) Bis Herbst 1942 hatte es keine explizite und generelle Linie der „Zigeunerpolitik“ gegeben, obwohl bereits 5000 nach Lodz deportierte österreichische Roma und Sinti ermordet und zehntausende Roma und Sinti in den besetzten Gebieten von den „Einsatzgruppen“ umgebracht worden waren. Das aus einem einzigen Grund – weil sie als „Zigeuner“ betrachtet wurden. (21)
Die als „rasserein“ „begutachteten“ Roma und Sinti innerhalb des Deutschen Reiches sollten, so beabsichtigten das Himmler und das SS-Amt „Ahnenerbe“, aufgrund ihrer angeblich „arischen“ Abstammung besser behandelt werden und etwas Bewegungsfreiheit zurückbekommen. (22) Die mit dem Erlaß des Reichskriminalpolizeiamtes vom 13. Oktober 1942 festgeschriebene Unterscheidung zwischen
- „reinrassigen“, „im zigeunerischen Sinne guten Mischlingen“ und
- den „restlichen Zigeunermischlingen“
beendete zum Teil den Prozeß der Definition der Opfergruppe, da es starke Widerstände der Kriminalpolizei dagegen gab, die angeblich „reinrassigen“ Roma und Sinti anders zu behandeln, als die „Zigeunermischlinge“. Gleichzeitig trieb das Ende des Definitionsprozesses die Entscheidung voran, was mit den deutschen und österreichischen Roma und Sinti geschehen sollte, die als angeblich „minderwertige Zigeunermischlinge“ klassifiziert wurden, geschehen sollte. Am 16. Dezember 1942 befahl Himmler auf Vorschlag des Reichskriminalpolizeiamtes, „Zigeunermischlinge, Rom-Zigeuner und nicht deutschblütige Angehörige zigeunerischer Sippen balkanischer Herkunft nach bestimmten Richtlinien auszuwählen und in einer Aktion von wenigen Wochen in ein Konzentrationslager einzuweisen“. (23)
Informationen zur Gedenkveranstaltung in Salzburg
Begrüßung:
Prof. Rudolf Sarközi, Wien – Vorsitzender des Volksgruppenbeirates der österreichischen Roma
Prolog:
Verein Ketani für Sinti und Roma, Linz
Ansprachen:
- Rosa Gitta Martl und Nicole Sevik (Verein Ketani für Sinti und Roma, Linz)
- BGM Dr. Heinz Schaden
- LH Mag. Gabi Burgstaller
Kranzniederlegung
Dank der Recherche von Dr. Gert Kerschbaumer, Salzburg, bekommen immer mehr der ca. 250 Menschen, die 1939 bis 1943 im sog. „Zigeunerlager Maxglan“ eingesperrt waren, Namen und rudimentäre Lebensdaten. Viele starben an den unmenschlichen Bedingungen in Maxglan und in anderen Zwangslagern.
- 160 wurden im Frühjahr 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau abtransportiert und ermordet.
- Von 11.000 österreichischen Roma und Sinti haben weniger als 10% die nationalsozialistische Verfolgung überlebt.
Ihrer aller wird gedacht.
Gedacht wird aber auch der Roma und Sinti, die in der Gegenwart verachtet, diffamiert, diskriminiert, verjagt, verfolgt, angegriffen und ermordet werden – in Europa.
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