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Catal Höyük – 9000 Jahre Forschungslücke Friedensstadt

Erstellt am 15.02.2009 von Andreas Hermann Landl
Dieser Artikel wurde 8099 mal gelesen und am 05.11.2010 zuletzt geändert.

http://lh3.ggpht.com/tessellar/R1BLpUfNLJI/AAAAAAAADz4/VZWf0-k6YyQ/s800/Catal+Huyuk2.jpgCatal Hoyük eine künstlerische Rekonstruktion des friedlichen Stadtlebens vor 9000 Jahren

Anfang 2006 erhielt ich, als Wiener Friedensjournalist, überraschend den erfreulichen Auftrag, das Programm für 20 Jahre Friedensstadt Linz zu konzipieren und das Symposion zu koordinieren.

Das war der bislang wohl interessanteste und innovativste Auftrag in meiner Laufbahn als Friedensarbeiter.  Mein Honorar war im Angesicht der Herausforderungen eher ein Taschengeld für einen Friedensstadt-Liebhaber, denn das Budget der Friedensstadt Linz ist zwar vergleichsweise groß im Vergleich zu anderen Städten. Es ist aber trotzdem sehr klein im Vergleich zu den wichtigsten Herausforderungen im Bereich kommunaler Friedensarbeit. Meine entstandene Passion für Friedensstädte kann seither nur gelegentlich im Rahmen eines zivilgesellschaftlichen Engagements ausleben.

Der Tagungsband für dieses Symposion war dementsprechend eine äußerst schwere Geburt. Fast drei Jahre dauerte die Herkulesarbeit von Reiner Steinweg und Alexandra  Tschesche an deren Wiege ich mit konzipierte. Daher drängt es mich noch ein paar Worte in Umlauf zu bringen die klarlegen, dass eine adäquate Geschichte der Friedensstädte der letzten 9000 Jahre noch ausständig ist.

Die erste bis heute bekannte Stadt der Menschheit war eine Friedensstadt

Ein herausragendes Highlight der Recherche zum Thema Friedensstadt waren Hinweise auf eine 9000 Jahre Alte Friedensstadt, die fast so beharrlich von der Scientific Community ignoriert wird wie der erste moderne Friedensjournalist und einzige Friedensnobelpreisträger Österreichs. Die Friedensforschung hat eben auch ihre Politische Ökonomie und die Tiefenkultur Österreichs und der historischen Forschung lenkt auch im 21. Jahrhundert mehr als 1000 Milliarden pro Jahr in Rüstung und Kriegserforschung. Vergleichsweise homöopatische Mittel fließen in die Friedensforschung. So bleibt mir als Friedensjournalist und ehemaliger Programmkoordinator und Moderator nichts anderes übrig als den Finger in die Wunden der Friedensstädte zu legen. Die wohl älteste Friedensstadt der Welt ist 9000 Jahre alt und ist auch nach diesem verdienstvollen Werk aus Sicht der Friedensforschung faktisch vollkommen unerforscht. Peter van den Dungen entwand sich elegant dieser Augiasarbeit. Es ist ihm angesichts der Ressourcen, die ihm geboten werden konnten, nicht zu verdenken.

Catal Höyök

Çatal Höyük ist türkisch und bedeutet übersetzt  – sinniger Weise – ‚Der Hügel an der Weggabelung‘. Die Gabelung zwischen friedlicher und kriegerischer Stadt?

Von 7.000 bis 4.000 vor unserer Zeitrechnung bestand in Anatolien und der Balkanregion allem Anschein nach eine egalitäre Gesellschaft,

  1. in der die Geschlechter gleichberechtigt waren und
  2. in Frieden lebten.

Kriege waren de facto unbekannt. Ein gleich hoher Lebensstandard für alle wurde, wenn überhaupt, erst Jahrtausende später annähernd wieder erreicht. Einige FemmistInnen und VertreterInnen der These vom Urkommunismus sehen in Catal Höyük Fakten, die ihre Theorien und Entwürfe für das Heil der Menschheit stützen.

Meine Recherchen zu Catal Höyük

Ich habe mich seit 2006

  1. immer wieder mit Catal Höyük befasst und
  2. im Oktober 2008 eine friedenstouristische Studienreise zur Ausgrabung der Stadt in der Türkei unternommen.

Doro Erharter und Andreas H. Landl in der Halle am Grabungsort Catal Höyük in der derDoro Erharter, A. H. Landl – Halle am Grabungsort Catal Höyük in der Türkei, 10/2008

Was zu für den Frieden in unseren Städten zu bedenken wäre

Vor 9000 Jahren machte die Menschheit in Anatolien einen zivilisatorischen Sprung der aus der Dialektik der Aufklärung vom Faustkeil zur Megabombe ausbrach.

Die Auffassung der meisten kundigen Archäologen ist folgende:

  1. In der Siedlung Catal Hüyük lebten, bis zu zehntausend Menschen mehr als tausend Jahre lang friedlich zusammen.
  2. Die zahlreichen Skelettfunde zeigen keinerlei Spuren von gewalttätigen Verletzungen.
  3. Es lässt sich folglich aus den archäologischen Befunden eine egalitäre Gesellschaftsstruktur annehmen.

Die kulturellen Leistungen dieser mutmaßlich freien Gesellschaft sind faszinierend

Die Architecktur dieser Gesellschaft brachte die ersten bislang entdeckten rechteckigen Siedlungsformen hervor. Im 20. Jahrhundert hätte man die Siedlungsart als verdichteten Flachbau beschrieben. Das Tongefäß, das in Konya im Archeologischen Museum steht sieht aus wie ein Salzstreuer aus dem Ikeakatalog. Die Bilder an den Wänden der Wohnungen können sich mit jedem Picasso messen. Die Innenarchitektur mutet absolut modern an. Die Werkzeuge aus Obsidian wurden offensichtlich schon gehandelt. Einige dieser kunstfertigen Gegenstände wurden im Nahen Osten – beispielseweise Jericho – gefunden.

ArchiologInnen fanden Skelette und Artefakte, die auf ein friedliches Leben über 1200 Jahre schließen lassen.

Es gibt also guten Grund zur Annahme, das die bislang erste Siedlung der Menschheit, die den Namen Stadt verdient, eine Friedensstadt war.

Bei der Recherche für das Programm des Symposions 20 Jahre Friedensstadt Linz stieß ich auf dieses Faktum. Ein Kommentator schreibt dazu, dass diese Funde eigentlich ein vollkommen neues Licht auf die Geschichte der Menschheit werfen und dass die bisherige Geschichtsschreibung eigentlich revidiert werden müsste.

Die meisten Historiker und wohl auch viele Historikerinnen schweigen aber zu Catal Höyük. Vielleicht stolpert ja jemand über mein Plädoyer:

Catal Höyük muss noch erforscht werden!

7000 Jahre Krieggeschichte von Städten dürfen uns nicht in die Irre führen.

Die Friedensstadt ist der Weg
und

die kriegischen Städte sind
die Sackgassen der Zivilisation.

 

Posted in Friedensarbeit, Friedensforschung, Friedensgemeinde, Friedenspädagogik, Friedenstourismus, Rezension, Weltanschauungen

2 Responses to “Catal Höyük – 9000 Jahre Forschungslücke Friedensstadt”

  1. morge gibts eine reiseerzählung zu chatal hüyük, leider exklusiv für frauen. mai 2011 fahren wir wieder hin -zum 4.mal.
    mlg hermine brzobohaty-theuer

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