Politischer Flüchtling von Abschiebung in die Türkei bedroht
Betreff: Türkischer Flüchtling Mesut Tunc in Österreich in Lebensgefahr
12 Jan 2009, Von: office@asyl-in-not.org
Unterstützungskomitee in der Schweiz gegründet
Weitere Verfolgung durch die türkischen Behörden und Haft in Österreich
Für den anerkannten kurdischen Flüchtling Mesut Tunc, der in Österreich in Haft sitzt, weil die Türkei seine Auslieferung begehrt, hat sich in der Schweiz ein Unterstützungskomitee gebildet, mit dem Asyl in Not kooperiert.
Der Kampf für seine Befreiung wird jetzt international geführt.
Mesut Tunc hat auf Rat von Asyl in Not und auf Bitten seiner Familie seinen Hungerstreik einstweilen beendet.
Die Gefahr einer Auslieferung bei „Nacht und Nebel“
Sie wurde durch
- die Veröffentlichung des Falles und
- die folgenden Proteste zunächst abgewendet.
- Eine Haftbeschwerde ist eingebracht.
Michael Genner: >>Aber keine Illusionen über den „Rechtsstaat“!<<
Zur Entwarnung gäbe es noch lange keinen Grund.
Mesut Tunc ist in der Folge von Hungerstreiks schwer krank
Tunc leidet am Wernicke-Korsakoff-Syndrom, einer durch das Todesfasten im türkischen Gefängnis hervorgerufenen Gehirnerkrankung. Jeder Tag, den er hier in Österreich in Haft verbringt, verschlimmert sein Krankheitsbild.
Aber ein Ende der Auslieferungshaft ist laut Asyl in Not nicht abzusehen.
Es wird gebeten Proteste per Email nur mehr an folgende Adresse zu senden
minister.justiz@bmj.gv.at
Informationen in Österreich
Gülsen Sözen (für die Freunde und Angehörigen), 0660 – 76 17 078,
Michael Genner (Obmann von Asyl in Not), 0676 – 63 64 371
Informationen des Unterstützungskomitees in der Schweiz
0041-79 753 49 64 (deutsch), 0041-78 907 34 15 (französisch)
Der Rechtsanwalt in der Schweiz: Marcel Bosonnet, 0041-44 261 90 68
Amnesty international: Denise Graf, 0041-31 307 22 22
Aktivitäten türkischer Behörden im Fall Tunc
Mesut Tunc wurde erst in Deutschland, dann in der Schweiz Asyl gewährt worden. Die Schweizer Behörden hatten Tunc angeblich aber nicht darüber informiert, dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein türkisches Auslieferungsbegehren vorlag.
Vielmehr hatten sich die Schweizer auf die vage Auskunft beschränkt, dass die Anerkennung als Flüchtling lediglich für die Schweiz gelte.
„Unser Land verfügt nur über sehr beschränkte Einwirkungsmöglichkeiten, sollten Sie im Ausland im Rahmen eines Straf- oder Auslieferungsverfahrens behördlichen Maßnahmen ausgesetzt sein.“
Diese Warnung sei, wie das Schweizer Unterstützungskomitee mitteilte, mittlerweile „eine Standardformulierung, mit der sich das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Hände in Unschuld wäscht.“
Ähnlich gelagerte Fälle aus in Schweiz zu Beginn des Jahrzehts
Obige Formulierung sei das Ergebnis ähnlich gelagerter Fälle aus den Jahren
2000 (Naci Öztürk) und
2003 (Hüsseyin Sevinç)
Bei diesen Fällen habe das schweizerische Bundesamt für Justiz von den Auslieferungsersuchen der Türkei gegen die bereits anerkannten uneingebürgerten Flüchtlinge gewusst. Beide wurden darüber aber nicht informiert.
Damals haben sozialdemokratische und grüne NationalrätInnen gefordert, dass die Betroffenen gewarnt würden. Die Behörden haben dies unter Hinweis auf die Vertraulichkeit des Rechtshilfe- und Interpolverkehrs abgelehnt.
Naci Öztürk saß rund 70 Tage in Slowenien in Haft. Er war damals auf dem Weg mit der Familie in die Ferien in Kroatien und war an der slowenisch-kroatischen Grenze verhaftet worden. Die Türkei schickte ein Auslieferungsersuchen, das in Slowenien erst in der zweiten Instanz zurückgewiesen wurde. Naci arbeitet als Sozialarbeiter bei der Caritas.
Hüsseyin Sevinç war ebenfalls Sozialarbeiter beim Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS). Er saß über hundert Tage in Freiburg/Breisgau (Deutschland) in Haft, bevor das Oberlandesgericht Karlsruhe seine Freilassung beschloss.
Flüchtling gewinnt 2006 Prozess gegen Schweizer Behörden
Sevinç strengte dann einen Prozess gegen die schweizerischen Behörden an. Er gewann den 2006. Das Bundesgericht sah die Notwendigkeit der Staatshaftung der Schweiz, weil deren Behörden ihn nicht gewarnt hatten…
AUCH EIN ÖSTERREICHER WAR DAMALS BETROFFEN
So weit der Bericht aus der Schweiz. Das erinnert den Obmann der Asylkoordination in Österreich daran, dass auch der österreichische Staatsbürger Mustafa Akgün im Jahre 2002 bei einem Urlaub in Bulgarien verhaftet wurde, weil der türkische Geheimdienst ihn per Interpol verfolgte. Er ist heute Obmann der Gesellschaft für bedrohte Völker, Sektion Österreich.
Nur mit Mühe und dank vieler Proteste gelang es damals, Akgüns Auslieferung zu verhindern. Er konnte letztlich aus Bulgarien nach Österreich zurückkehren.
Jahre zuvor hatte die Türkei von Österreich verlangt, Mustafa Akgün auszuliefern, jedoch ohne Erfolg. Die österreichische Justiz hatte vielmehr selbst die Vorwürfe gegen Akgün geprüft und das Verfahren eingestellt.
Es gehört, laut Experten, zum Standardrepertoire des türkischen Geheimdienstes, der Folter und dem Tod entkommene Regimegegner auch in ihren Zufluchtsländern zu verfolgen. Laut Asylkoordination werde es Zeit, dem türkischen Regime klarzumachen, dass dergleichen mit demokratischen Rechtsgrundsätzen unvereinbar ist.
Forderungen an europäischen Polizeibeamten
Ebenso unmissverständlich sei den europäischen Polizeiapparaten entgegenzutreten. Es wird ihnen angelastet, dass sie in einigen gravierenden Fällen
- das Asylrecht brechen und
- mit Verfolgerregimen kooperieren.
Die Informationen stammen von aus einem Aufruf von Michael Genner, dem Obmann von Asyl in Not
Link
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not
Posted in Friedensarbeit, Friedensorganisation, Friedenspädagogik, Internationales Strafrecht, Menschenrecht, Österreich, Schweiz, Unfrieden, Völkerrecht, Wien, Zivilcourage