In Memoriam Ass. Prof. Dr. Alexander Friedmann
Ass. Prof. Dr. Alexander Friedmann (1948-2008) war Oberarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie und der Medizinischen Universität Wien. ist am 30. März 2008 im 60. Lebensjahr völlig unerwartet verstorben.
Professor Friedmann, geboren 1948 in Bukarest, Rumänien, hat von 1977 bis 1984
an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie seine Facharztausbildung
absolviert. In der Folge war er als Oberarzt in verschiedenen Bereichen der Klinik tätig. Sein großes wissenschaftliches und klinisches Interesse galt einem Spezialbereich der
Sozialpsychiatrie, der Transkulturellen Psychiatrie. Seit 1994 hatte er eine gleichnamige Spezialambulanz aufgebaut, die er bis zuletzt geleitet hat.
- Als Leiter dieser Spezialambulanz,
- als gerichtlich beeideter Sachverständiger und
- in zahlreichen anderen Funktionen
hat er sich für Menschen eingesetzt, die aufgrund von Kriegserlebnissen, Folter oder in Konzentrationslagern schwer traumatisiert wurden. So hat er unter anderem
- mehrere Tagungen zu diesem Thema organisiert und
- war seit Jahren in der Arbeitsgemeinschaft „Psychotraumatologie“ der „Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie“ und der „Österreichischen Gesellschaft für allgemeine und spezielle Psychotraumatologie“, die er mitbegründete, in verantwortungsvollen Positionen tätig.
Prof. Friedmann war
- seit 1983 Mitglied des Vorstands der Wiener Israelitischen Kultusgemeinde und
- seit 1989 Vorsitzender deren Sozialkommission.
Bereits als Student war er in der Vereinigung Jüdischer Hochschüler sozial und politisch aktiv.
Als Vorsitzender des Vereins ESRA hat Friedmann 1994
- ein Beratungs- und Behandlungszentrum ins Leben gerufen, das den Überlebenden der NS-Verfolgung und deren Nachkommen umfassende Hilfe anbietet, jüdische MigrantInnen, die nach Österreich zugewandert sind, in ihrem Integrationsprozess unterstützt und als psychosoziales Zentrum für die jüdische Bevölkerung Wiens dient.
- Das ebenfalls von ihm initiierte „Jüdische Berufliche Bildungszentrum“ ist eine europaweit einzigartige Bildungseinrichtung, die es jüdischen MigrantInnen ermöglicht am österreichischen Arbeitsmarkt optimal Fuß zu fassen.
Seit 1995 war Friedmann Mitglied der Ethikkommission der Stadt Wien.
Für seine großen Leistungen wurde er mit den
- Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich sowie
- der Stadt Wien geehrt.
Ich habe Professor Friedmann am 18.02.2008 bei der Ausstellungseröffnung JAMIM MIKEDEM Period Jewish Postcards erstmals persönlich kennengelernt und war sehr beeindruckt von seiner humanen Ausstrahlung und geistigen Brillianz. Es sprachen außer Alexander Friedmann, Jan Koukal, Ariel Muzicant, František Bányai und Hans Winkler. Im Anschluss diskutieren Peter Huemer und Michal Frankl. Da ich mich in meiner Arbeit als Friedensjournalist immer wieder mit Traumatisierung und Gewalt auseinandersetzte und mit auch mit Fragen von Traumatierung durch Medien beschäftige telefonierte ich mit Professor Friedmann. Kurze Zeit später erzählte mir Regine Kappeler, die im Friedensnetzwerk und in der Flüchtlingsarbeit aktiv ist über die Zusammenarbeit mit Professor Friedmann.
Ich und viele andere sind persönlich von der Tragik des viel zu frühen Todes Dr. Friedmanns betroffen. Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten der Familie von Professor Friedmann der für sie sicher noch mehr Verlust bedeutet als für die sozial engagierten und friedensbewegenden Menschen in Wien und im weltweiten Wirkungfeld von Alexander Friedmann.
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