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Anmerkungen zur EU-Hofberichterstattung auf Ö1

Erstellt am 28.05.2005 von Michael Striebel
Dieser Artikel wurde mal gelesen und am 29.09.2009 zuletzt geändert.

Top-Interview im Ö1 Mittagsjournal

… im Ohrenwinkel höre ich das Mittagsjournal. Ein spannendes
Thema: Die Abstimmung zur EU-Verfassung in Frankreich. Ein … mayer
interviewt  Vizepräsident Verheugen. Information, Bildung und
Unterhaltung bei der Hausarbeit ist der gesetzliche Auftrag des ORF.

Ich folge aufmerksam dem Interview und verzweifle schön langsam. Eine
Frage nach der anderen wird von Verheugen wortgewandt erledigt.
Aufgrund der Interviewführung verkommt das Interview in meinen Ohren
zur
platten Belangsendung der EU-Kommission. Unhinterfragt blieben alle Abqualifizierungen von EU-Verfassungsskeptikern und
Skeptikerinnen
:
Verheugen stellt EU-Skepsis gekonnt in die Nähe des Rechtspopulismus.

Es entsteht der Eindruck, dass jegliche Kritik an der EU-Verfassung im
selben Boot mit Fremdenfeindlichkeit und Haider & Co sitzt. Das ist
aber vollkommen absurd, den die KritikerInnen der Festung Europa lehnen
wohl am vehementesten das „Europa der  Konzerne und Generäle“ ab.
Aber der Reporter fragt nicht nach. Das Nichts nichtet. Mein Unmut
verdichtet sich immer mehr und ich bin stark motiviert, dieses
Interview zu kommentieren.

Pazifistische und friedenspolitische  Gründe zur  Ablehnung  der  EU-Verfassung

Vollkommen unthematisiert blieb bespielsweise, warum aus Sicht der meisten AktivistInnen der Friedensbewegung in Europa die
EU-Verfassung friedenspolitisch inakzeptabel ist.
Qualitätsjournalismus im öffentlichen Rundfunk sollte doch
zumindest  das  Spektrum der Pro- und Kontrastimmen kritisch
abdecken – oder?

Bei allen verdienstvollen Neuerungen der Verfassung verteilt die
Mehrzahl der friedenspolitisch aktiven Menschen in Österreich der Verfassung ein „friedenspolitisches Nichtgenügend“. Das ist
so gravierend, dass ein Aufstieg der  EU-Verfassung in die nächste
Integrationsklasse per „Konvententscheid“ als echtes Systemversagen zu
qualifizieren wäre.

Die Aufrüstungsverpflichtung laut EU-Verfassung und die üppig dotierte EU-Rüstungsagentur
wurde im Interview mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt.

Dass die EU, laut Verheugen,
Frieden in Europa förderte, ist wohl war. Dies war aber, aus meiner
Sicht, vor allem ein Verdienst
der genialen wirtschaftlichen Integrationsmechanismen, die nach dem
Scheitern der militärischen Integrationsversuche in den 50er-Jahren,
unter dem Eindruck der Folgen des II. Weltkrieges,
erdacht und ausgehandelt wurden. Nun wird aber gerade der friedliche
Kern der EU-Integration durch die Verfassung bedenklich ausgehöhlt
und/oder verzerrt.

EU-Verfassung als trojanisches Pferd der fatalen handstreichartige Militarisierung der  EU-Friedensmaschine

Die
Militarisierung der EU wurde seit dem Amsterdamer-Vertrag von
den
EU-Eliten über den Köpfe der BürgerInnen mit atemberaubender
Geschwindigkeit forciert. Die EU-Verfassung wurde vom Konvent unter
Feigenblättern der Humanisierung und Bürgerbeteiligung durchgepeitscht. Die Völker wurden
gehört und dann haben die mächtigsten Eliten und Lobbies, weitgehend
unbeeindruckt
davon, ihre geopolitischen Positionen durch die Gremien in die Verfassung geboxt.
Wenn nun vorgebliche Kompromisse der Eliten zu wenig Akeptanz bei den
BürgerInnen finden, dann sollte neu verhandelt werden bis die tödlichen
Giftzähne der vorliegenden EU-Verfassung entfernt wurden. Bis dahin ist
wohl wieder vermehrt der Rechtsauffassung eines Thoreau oder Gandhi
zu folgen, dass
Gefängnisse unter gewissen Umständen der einzige richtige
Aufenthaltsort für friedliebende, rechtschaffene und freidenkende
BürgerInnen sind.

 

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