DER KLEINE SIEG DER FRIEDENSBEWEGUNG – Atomabrüstung
Die deutsche christliche Zeitschrift Publik-Forum berichtete in ihrer jüngsten Ausgabe, in einem Artikel von Wolfgang Schlupp-Hauck, über das Engagement der US-amerikanischen Friedensbewegung gegen Atomwaffen.
Unserer Redakteur Alois Reisenbichler hat diesen Artikel abgeschrieben.
Er bittet Tippfehler zu entschuldigen und verweist darauf, dass die nicht
gendergerechte Schreibweise auf den Originaltext zurückzuführen ist.
Ich habe diesen überarbeitet und vor allem verlinkt und etwas
webgerechter aufbereitet
PUBLIKFORUM – Nr. 1 / 2005
DER KLEINE SIEG DER FRIEDENSBEWEGUNG
Von Wolfgang Schlupp-Hauck
Seit George W. Bush US-Präsident ist, sehen Friedensforscher ein
Zweites nukleares Zeitalter im Kommen und die nukleare
Rüstungskontrolle „auf der Intensivstation“ liegen. Doch Ende November
passierte etwas Unerwartetes. „Wir haben einen wichtigen Sieg
errungen“, freut sich Susan Gordon, die Leiterin der ANA (Alliance for
Nuclear Accountabilitiy), des Zusammenschlusses US-amerikanischer
Atomwaffengegner.
Kein einziger Dollar ist im US-Haushalt 2005 für die
Entwicklung neuer Atomwaffen vorgesehen.
Pläne zum Bau von „Mini Nukes“
und „Bunker-Knackern“ liegen damit vorerst auf Eis.
Konkret:
- Neun Millionen Dollar für die Entwicklung von Mini NukesRobust Nuclear Earth Penetrator, den
„Bunker-Knacker“, verweigert. - Weniger Geld gibt es für die
Instandhaltung der existierenden Atomsprengköpfe und für das
Atomtestgelände in Nevada. - Bush will die Vorbereitungszeit von
Atomwaffentests von bisher drei Jahren auf die Hälfte verringern, doch
der Kongress lässt nur eine Kürzung auf zwei Jahre zu.
Andererseits
wurden die Mittel für die Abrüstung von Atomwaffen verdoppelt, von
beantragten 38 Millionen Dollar auf 75 Millionen wurden komplett gestrichen. Ebenfalls wurden dem Präsidenten 27,6
Millionen Dollar für den …
Was war geschehen?
Die in ANA zusammengeschlossenen Friedensgruppen
haben sich in gezielten Lobbyaktionen mit Erfolg an Kongressabgeordnete
gewandt und überzeugend nachgewiesen, dass die Nuklearpolitik des
Präsidenten keine Sicherheit schafft, sondern ein neues nukleares
Wettrüsten in Gang setzen kann.
Entscheidend war dabei, dass Protest
und Lobbyarbeit nicht nur auf linke und alternative Friedensgruppen
beschränkt blieb. Selbst die Konferenz der Bürgermeister forderte in
einer einstimmig angenommen Resolution den Präsidenten zu einem
Kurswechsel auf: Statt neue Atomwaffen zu entwickeln, solle er mit
deren Eliminierung beginnen, schrieben sie. Immerhin verweigerte
daraufhin der Kongress die Zustimmung zu den Haushaltsposten für Bushs
Atomwaffenpläne.
Schlupp-Hauck: „Grund zum Ausruhen ist das lange nicht“.
Schon im Januar 2002, ein Jahr nach Bushs Amtsantritt, läutete der
Nuclear Posture Review schwer wiegende Veränderungen ein. Das in
Auszügen bekannt gewordene Geheimpapier empfiehlt
- die Entwicklung neuer
flexibler atomarer Waffentechnologien, so genannter „Mini Nukes“, und
atomare Bunkerbrecher, die tief in die Erde eindringen können. - Das
Tabu, Atomwaffen gegen Staaten einzusetzen, die selbst keine besitzen,
wurde aufgehoben und präventive Einsätze von nuklearen Waffen ins
Kalkül gezogen. - Und dem nicht genug: Auch der ABM-Vertrag, der die
Entwicklung einer umfassenden Raketenabwehr verbot, wurde von Bush
gekündigt und auf dem „Müllhaufen der Geschichte“ entsorgt. - Bush lehnt
die Ratifizierung des vollständigen Atomteststoppvertrages (CTBT) ab
und will stattdessen die Wiederaufnahme von Atomtests vereinfachen.
Seit 1945 produzierten die USA über 70.000 Atomwaffen von der kleinen
Atommine bis zur riesigen Wasserstoffbombe. 4.000 Milliarden US-Dollar
haben sie für den Aufbau und den Unterhalt dieses Zerstörungspotentials
ausgegeben. Sie besitzen noch 10.000 nukleare Sprengköpfe, davon sind
8.000 einsatzfähig.
Im Haushaltsjahr 2004 werden für Atomwaffen 6,4
Milliarden Dollar ausgegeben, mehr als doppelt so viel wie 1995, als
die Aufwendungen auf dem bisherigen Tiefststand von drei Milliarden
Dollar lagen. Für den gesamten Militärhaushalt sind für das kommende
Jahr 422 Milliarden Dollar veranschlagt, täglich weit über eine
Milliarde. Die US-Nuklearpolitik steht im Widerspruch zu der
Verpflichtung aus dem Atomwaffensperrvertrag von 1970. Der hat zum
Ziel, dass Verhandlungen für die nukleare Abrüstung geführt werden
sollen.
Mohamed al-Baradei, Chef der Internationalen Atomenergie Organisation
(IAEO), kritisiert denn nicht nur die Länder, die nach Atomwaffen
streben, sondern legt sich auch mit den USA an. Er ist der
Bush-Regierung deshalb ein Dorn im Auge, sie lässt ihn bespitzeln und
kämpft gegen seine Wiederwahl. Unbeirrt kommt der UN-Spitzendiplomat
zum Schluss:
„Ein Atomkrieg rückt näher, wenn wir uns nicht auf ein
internationales Kontrollsystem besinnen.“
Der Bürgermeister von Hiroshima, Tadaoshi Akiba, stellt die USA und
Nordkorea, das seinen Austritt aus dem Nichtweiterverbreitungsvertrag
erklärt hat, auf eine Stufe.
„Die Vereinigten Staaten und Nordkorea
haben den Weg der Versöhnung vergessen.“ Er und sein Amtskollege Itho
aus Nagasaki haben zu einer weltweiten Kampagne der Mayors for Peace,
der Bürgermeister für den Frieden, aufgerufen. Aus der Erinnerung an
die Atombombenabwürfe auf ihre Städte vor nun genau 60 Jahren sollen
Zeichen der Hoffnung wachsen. Auf der Überprüfungskonferenz des
Atomwaffensperrvertrags im Mai 2005 in New York soll nun endlich mit
Verhandlungen über das Verbot von Atomwaffen durch eine
Nuklearwaffenkonvention begonnen werden Angesichts der Nuklearpolitik
von Bush ein kühner Plan!
Doch ihnen macht Mut, dass bei den jüngsten Haushaltsberatungen die
internationale Kritik und die unermüdliche Lobbyarbeit der
US-Friedensgruppen erste Früchte getragen hat. Selbst der konservative
Republikaner David Hobson stimmte in den Chor der Kritiker ein. Der
Vorsitzende des Komitees für den Energiehaushalt, unter den die
Atomwaffen fallen, äußerte sein Unbehagen an der „provokativen und
überaus aggressiven Politik, welche unsere moralische Glaubwürdigkeit
verspielt, wenn wir von den anderen den Verzicht auf Atomwaffen
fordern.“ In seinen Augen können die USA nicht weltweit für die
Nichtverbreitung eintreten und zu Hause an neuen „einsetzbaren“
Atomwaffen forschen. Diese Meinung setzte sich durch.
Im Vorfeld der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages
stellen diese Haushaltsbeschlüsse ein wichtiges Signal dar. Sie mindern
die Gefahr, dass der Patient „nukleare Rüstungskontrolle“ durch den Bau
neuer Atomwaffen von der Intensivstation in die Leichenhalle verlegt
werden muss. Die Kürzungen könnten eine wieder belebende Medizin sein.
Zur Genesung bedarf es noch enormer Anstrengungen der Friedensgruppen,
der Mayors for Peace und engagierte Politiker, damit die
Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags selbst auch ein
Erfolg wird.
Stellungnahmen gegen Atomwaffen sich auf www.hiroshima.at
Die atomare Bedrohung ist leider noch immer aktuell – gerade heuer, wo in New York die Überprüfungskonferenz des NPT
(„Atomwaffensperrvertrag“) verhandelt wird. In diesem Vertrag haben
sich die Atommächte zu atomarer Abrüstung verpflichtet!!! Der kleine,
aber wichtige Erfolg der US-amerikanischen Friedensbewegung kann uns
Ansporn sein.
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