Kriegs-Gründe
Versuch über den Irak-KriegGudrun Harrer172 Seiten, gebunden
|
Leider kein großer Tag
Dieses Buch ist, laut Autorin, das Dokument eines gewaltigen Unbehagens. Bei mir hinterließ es leider ein kleines Unbehagen.
Vielleicht habe ich zuviel von dieser Rezension erwartet. Denn Gudrun Harrer, gelernte Orientalistin, gilt als die profundeste Nahostkennerin unter den wenigen gut bezahlten österreichischen JournalistInnen mit internationalem Schwerpunkt. Sachkenntnis von einer Edelfeder zum Thema Nr. 1 des Jahres 2003. Das wäre wohl lobenswert. Aber leider gelingt die Quadratur des Kreises nur selten. Packend wie Michael Moore, differenziert wie Tolstois Krieg und Frieden trefflich wie Karl Kraus und Theodor W. Adorno. Schade – die Tatsachen sind so trist, dass eine schönes Essay über das menschenunwürdige Drama im Irak heilsam gewesen wäre.
Der Verlagstext
„Wie kaum ein anderer wurde der Irak-Krieg von vornherein als normativ – zumindest für die zukünftige US-Politik – verstanden, ein neuer völkerrechtlicher Weg, der am Irak erprobt wurde, jederzeit wiederholbar, wenn ein anderer Kandidat die Kriterien erfüllt: Syria next, Iran next. Diese Kriterien, »Kriegsgründe«, würde die US-Politik so formulieren: Besitz von Massenvernichtungswaffen, aktive US-Feindlichkeit und Abwesenheit von Menschenrechten.
Dies hält einer Überprüfung nicht stand. Im Fall des Irak kommen andere gewichtige Kriegsgründe dazu, keiner steht für sich allein. Die wahre Begründungslage vor diesem Krieg war komplex, der Irak selbst kam darin nur als eines von mehreren Elementen vor“.
Der freudlose ‚Komplex‘-Komplex
Kriegs-Gründe sind komplex – Tolstoi schau runter! No na ned!
Das ist zwar sicherlich richtig aber spätestens seit Fred Sinowatz sollte jeder politisch interessierte Österreicher wissen, dass das Wörter wie „kompliziert“ und dergleichen nicht goutiert werden. Das hat seine guten Gründe. Für die Intellektuellen ist das ohnehin klar. Für die gewöhnlichen Werktätigen ist die Verbeugung der Komplexität ebenfalls das eine wenig hilfreiche Aussage. Die Reduktion der Komplexität ist unmeidbar. Hilfreich ist die Reduktion, wenn sie angemessen ist. Insbesondere in einem Essay erwarte ich, dass das Wesentliche in ansprechender Form erfasst wird. Das ist für mich leider nicht gelungen. Als Gudrun Harrer am Tag der Ergreifung Saddams im Standard einen an sich guten Artikel mit „Ein großer Tag“ titulierte hat sie sich friedensjournalistisch betrachtet endgültig eingefadelt und ist in meiner Olympiade der US-Irak-Konfliktberichterstattung ausgeschieden.
Leider sollten alle die es ganz genau wissen wollen und sollen diese Buch trotzdem lesen, denn ist die Enttäuschung verkraftet finden die LeserInnen die sich ‚durcharbeiten‘ doch gut recherchierte Fakten.
Wer es nicht so genau wissen will für den/die sei noch der ‚Schluss‘ von Harrers Essay zitiert.
Konzentrieren, dass das ‚Experiment‘ gelingt?
„Der Krieg der vielen Krieggründe wurde geführt, wir können ihn nicht mehr rückgängig machen, jetzt heißt es sich auf die positiven Aspekte konzentrieren – eines der schrecklichsten Regime des 20. Jahrhunderts ist gestürzt, der Irakt ist in eine neues Zeitalter eingetreten. Auch die Kriegsgegner wenigstens in den westlichen Staaten sollten nun alles dazu tun, dass das Experiment gelingt, zum Vorteil aller“.
Experiment? Bush’s missionarische Menschenversuche und sind, wie die humanitär katastrophalen UNO-Sanktionen gescheitert! Punkt!
Begriffe können nie die Sache selbst sein, aber Vergriffe gibt es leider nicht nur in der Politik.
—
PS Zum Glück habe ich, aufgrund der gemischten Gefühle, diese Rezension so lange vor mir hergeschoben, dass nun der höchstinteressante Frühjahrkatalog 2004 des Mandelbaumverlages auf meinen Schreibtisch liegt. Klein aber fein!
Leo Lania, Gewehre auf Reisen
„von der ersten bis zur letzten Zeile interessant. Schon wegen der jämmerlichen Rolle, die die deutsche Justiz in diesem Waffenhandel spielt. Wie Ahnungslos dieser Engel ist!“ (Kurt Tucholsky)
Ladislav Tazky, Das Evangelium des Korporals Matus, Roman
„Wien kurz vor Ende des Zeiten Weltkrieges“. … „Unser Wiener Marsch ist ebenso peinlich wie lächerlich“. …
Sexualisierte Gewalt – Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern
Herr Spiegl in La Paz
„Es ist nicht eine wirkliche Liebe zu Österreich, aber es ist etwas, woher ich komme. Und ich habe mir auch Argentinien nicht gewählt, ich habe nirgends anders Eintritt bekommen.“
Krieg und Akkulturation -Kriegsgeschichte und Lernprozesse
Verteidigung und Angriff seien „in der Kriegsgeschichte als Lernprozesse zu begreifen“.
Zwischen Ausgrenzung und Integration – Ein interdisziplinäres Friedensprojekt zum Theam ‚Interkulturelle Kommunikation‘ mit Ungarn
Posted in Rezension