Wer ist Jacques Gaillot?
Als Mann der Tat, der aktiv ins Zeitgeschehen eingreift, hat Jacques Gaillot oft zu aktuellen Ereignissen Stellung bezogen.
1983 unterstützt er vor dem Gericht von Evreux einen jungen Militärdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Im Oktober 1983, an der Jahresversammlung der Bischöfe, ist er einer von den beiden Bischöfen, die gegen einen Text des Episkopats zur nuklearen Abschreckung stimmen.
1985 spricht er sich für die Unterstützung der palästinensischen Revolte in den besetzten Gebieten aus
und kommt in Tunis mit Yassir Arafat zusammen. Von der UNO wird er zu einer außerordentlichen Sitzung eingeladen, bei der über die Abrüstung debattiert wird.
Im Juli 1987 reist er nach Südafrika, um dort einen jungen
Antiapartheidaktivisten aus Evreux zu treffen, der vom Regime in Pretoria zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Wegen dieser Reise muss er darauf verzichten, auf der diözesanen Pilgerreise nach Lourdes als Begleiter mitzuwirken, was Kritik zur Folge hat.
Im November 1988 tritt er im Rahmen
der in Lourdes hinter verschlossenen Türen tagenden Vollversammlung für die Priesterweihe verheirateter Männer ein.
Im Oktober 1989 nimmt er an einer Reise nach Französisch-Polynesien teil, die von der Friedensbewegung
organisiert worden ist, um den Stopp der Atomwaffenversuche zu verlangen.
Am 12. Dezember 1989 beteiligt er sich als einziger französischer Bischof an der Überführung der Asche des Abbé Grégoire in den Panthéon.
1991 manifestiert er im Buch „Offener Brief an diejenigen, die den Krieg predigen, diesen aber andere führen lassen“ seine Ablehnung des Golfkriegs gegen den Irak. Er verurteilt die Wirtschaftsblockade gegen den Irak.
Jacques Gaillot führte eine Synode durch, die drei Jahre dauerte. Er schrieb etwa ein Dutzend Bücher, von denen vor allem „Coup de gueule contre l’exclusion“ (Protestschrei gegen den Ausschluss) für Aufsehen sorgte. Es ist eine
scharfe Kritik der Einwanderungsgesetze des damaligen Innenministers. Dieses Buch lieferte später Rom den Vorwand für seine Absetzung.
Jacques Gaillot ist überzeugt, dass die Kommunikation in der modernen Welt nirgends so effizient erfolgen kann wie durch die Medien, welcher Art sie
auch sein mögen. Er steht offen zu seiner Überzeugung, scheut sich nicht vor dem Wörtchen „Ich“ und legt seine Gedanken in einfacher und klarer Form dar.
Seine Treue zum Evangelium kommt vor allem in seiner Sorge um die Armen und Randständigen zum Ausdruck, auch in seiner Kompromisslosigkeit und dem Willen, der Gerechtigkeit und dem Frieden zum Durchbruch zu verhelfen. Die Überzeugung, dass Jesus der Menschheit gehört und nicht allein der Christenheit, dass die verlorenen Schafe es wert sind, dass man, um sie zu suchen, die anderen zurücklässt.
Im Jahre 1995 wird Jacques Gaillot nach Rom beordert. Die Guillotine stürzt herunter: „Morgen, am Freitag, 13. Januar um die Mittagszeit, sind Sie nicht mehr Bischof von Evreux“. Jacques Gaillot wird Bischof von Partenia, ein
ehemaliges Bistum in der Hochebene von Sétif in Algerien, wo er seinen Militärdienst geleistet hat. Seit dem 5. Jahrhundert verschwunden, wird dieses Bistum zum Symbol für all jene, die in der Gesellschaft und in der Kirche das Gefühl haben, nicht zu existieren. Roms Beschluss wird als Ungerechtigkeit empfunden, er ruft in Frankreich, aber auch im Ausland großes Unverständnis hervor und schlägt bei Christen und Nichtchristen tiefe
Wunden.
Jacques Gaillot wird Bischof „auf eine andere Art“. Mit Leidenschaft trägt er das Evangelium aus den Mauern hinaus. Er arbeitet in Paris mit den Ausländern zusammen, die nicht im Besitz gültiger Aufenthaltspapiere sind, mit obdachlosen Familien, mit jungen Arbeitslosen. Partenia, die Diözese ohne Grenzen, wird zum Hort der Freiheit für die „- losen“.
Im Mai 2000, nachdem er fünf Jahre lang beiseite geschoben worden ist, anerkennen die französischen Bischöfe seine Arbeit. Jacques Gaillot ist auf eine andere Art Bischof, gehört aber zu ihrer Gemeinschaft. Sein Weg ist verschieden, aber er bleibt in Verbindung mit dem Episkopat. Diese Anerkennung ist wertvoll für alle Christen, die am Rande der Kirche leben müssen.
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Geboren ist er am 11. September 1935 in St-Dizier en Champagne, seine Familie war im Weinhandel tätig. Schon sehr früh erwacht in ihm der Wunsch, Priester zu werden. Nach der Mittelschule tritt er ins Priesterseminar von Langres ein.
Von 1957 bis 1959 leistet er in Algerien Militärdienst, wo er mit den Gewalttaten des Krieges konfrontiert wird. Diese Erfahrung führt ihn dazu,
sich mit der Gewaltlosigkeit auseinander zu setzen. Bei dieser Gelegenheit entdeckt er auch die islamische Welt und knüpft solide Bande der Freundschaft mit den Algeriern.
Von 1960 bis 1962 weilt er in Rom, um seine Theologiestudien weiterzuführen und das Lizenziat zu erwerben. Im März 1961 wird er zum Priester geweiht.
Von 1962 bis 1964 befasst er sich in Paris am Institut supérieur de Liturgiemit weiterführenden Studien und unterrichtet gleichzeitig am Grand Séminaire von Chalons en Champagne.
Von 1965 bis 1972 lehrt er am Regionalseminar von Reims. Er ist verantwortlich für zahlreiche Veranstaltungen im Rahmen der Umsetzung der Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils (1962 – 1965).
1973 wird er zum Pfarrer seiner Heimatstadt St-Dizier ernannt; zur selben Zeit übernimmt er auch die Mitverantwortung bei der Schulung der Priesterausbilder in Paris (Institut de formation des éducateurs du clergé IFEC).
1977 wird er zum Generalvikar der Diözese von Langres ernannt. 1981 erfolgt die Wahl zum Kapitularvikar. Im Mai 1982 wird er zum Bischof von Evreux ernannt.
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